Papst Franziskus: „Wir haben die Schöpfung ruiniert!“
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Die Umwelt, vor allem. Franziskus, der 2015 als erster Papst eine Enzyklika zum Thema Schöpfung geschrieben hat, sprach zum Welttag der Erde, der seit 1970 international begangen wird. Sein Appell: Wir sollten unsere Verpflichtung für „unser gemeinsames Haus“, die Erde, noch viel ernster nehmen als bisher, denn die Hütte brennt längst.
„Wir sind aus irdischer Materie gemacht, und die Früchte der Erde erhalten unser Leben. Aber, wie das Buch Genesis uns in Erinnerung ruft, sind wir nicht einfach irdisch: Wir tragen auch den Atem des Lebens in uns, der von Gott kommt (vgl. Gen 2,4-7). Wir leben daher im gemeinsamen Haus als eine Menschheitsfamilie und in biologischer Vielfalt mit den anderen Geschöpfen Gottes. Als Abbild Gottes sind wir aufgerufen, uns um alle Geschöpfe zu kümmern und sie zu respektieren…“
Für eine Ökologie des Menschen
Damit meint der Papst nicht nur Tiere und Pflanzen. Die Sorge für die Umwelt bedeutet für ihn auch sich-Kümmern um die Menschen – im Sinn einer „Ökologie des Menschen“, von der einst schon Benedikt XVI. bei seiner Rede im Deutschen Bundestag gesprochen hat.
„Aus Egoismus haben wir in unserer Verantwortung als Hüter und Verwalter der Erde versagt. Es genügt, die Realität mit Aufrichtigkeit zu betrachten, um zu erkennen, dass es eine große Verschlechterung in unserem gemeinsamen Haus gibt. Wir haben es verschmutzt, wir haben es geplündert und damit unser eigenes Leben gefährdet… Dabei ist es doch offensichtlich, dass es für uns keine Zukunft gibt, wenn wir die Umwelt zerstören, die uns erhält.“
Gott vergibt - aber die Erde nicht
Der Papst holte zu einem umfassenden Mea culpa aus: „Wir haben beim Hüten der Erde, unseres Hauses und unseres Gartens, und beim Hüten unserer Geschwister versagt. Wir haben gegen die Erde gesündigt, gegen unseren Nächsten und letztlich gegen den Schöpfer, den guten Vater… Und wie reagiert die Erde? Es gibt dazu ein sehr klares spanisches Sprichwort, das geht so: Gott vergibt immer, die Menschen vergeben manchmal, die Erde vergibt nie. Die Erde vergibt nicht!“
Mit Verve warb Franziskus darum, die „harmonische Beziehung mit der Erde und den anderen Menschen“ wiederherzustellen. Dazu brauche es vor allem „eine neue Sichtweise auf unser gemeinsames Haus“.
„Heiliger Boden“
„Verstehen wir uns richtig: Es handelt sich nicht um ein Ressourcenlager, das ausgebeutet werden kann. Für uns Gläubige ist die natürliche Welt das Evangelium der Schöpfung… Der biblische Schöpfungsbericht kommt zu folgendem Schluss: „Gott sah, was er geschaffen hatte, und siehe, es war sehr gut“ (Gen 1,31)… Wir haben das Werk des Herrn ruiniert!“
Nicht nur unsere Heimat sei die Erde, sondern auch „die Heimat Gottes“. Darum verdiene sie unseren Respekt: Sie sei, so Franziskus mit einem Seitenblick auf die Gottesoffenbarung an Mose am Berg Sinai, „heiliger Boden“.
Der Papst erinnerte auch an die Bischofssynode zum Thema Amazonien, die er im letzten Herbst im Vatikan durchgeführt hat. Man könne von den „ursprünglichen Völkern“ lernen, „dass wir die Erde nicht heilen können, wenn wir sie nicht lieben und respektieren“. „Sie haben diese Weisheit des guten Lebens – nicht im Sinn von sich-Vergnügen, nein. Des Lebens in Harmonie mit der Erde. Gut zu leben – so nennen sie diese Harmonie.“
Und dann verlangte der Papst – nicht zum ersten Mal – eine „ökologische Umkehr“ und „konkrete Aktionen“. „Interdependenz zwingt uns, an eine Welt, an ein gemeinsames Projekt zu denken. Wir sind uns der Bedeutung der Zusammenarbeit als internationale Gemeinschaft für den Schutz unseres gemeinsamen Hauses bewusst. Ich fordere die Verantwortlichen eindringlich auf, den Prozess anzuführen, der zu zwei großen internationalen Konferenzen führen wird: COP15 zur biologischen Vielfalt in Kunming (China) und COP26 zum Klimawandel in Glasgow (Großbritannien). Diese beiden Konferenzen sind ausgesprochen wichtig!“
Jeder von uns kann seinen eigenen kleinen Beitrag leisten
Auch auf nationalem und lokalem Level brauche es „konzertierte Aktionen“, überhaupt „eine Graswurzelbewegung von unten nach oben“. So sei ja schließlich auch, vor fünfzig Jahren, der Welttag der Erde einmal entstanden.
„Jeder von uns kann seinen eigenen kleinen Beitrag leisten. Wir dürfen nicht glauben, dass diese Bemühungen die Welt nicht verändern werden. Solche Aktionen verbreiten ein Gut in der Gesellschaft, das immer über das Sichtbare hinaus Früchte trägt…“
(vatican news)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.