Suche

Papst Franziskus bei der Generalaudienz: „Das Gebet adelt uns“

Wenn einem Mensch die Poesie fehlt, dann hinkt seine Seele. Das sagte Papst Franziskus bei seiner Generalaudienz an diesem Mittwoch. Wie üblich in diesen Wochen, wurde die Audienz aus dem Apostolischen Palast übertragen. Franziskus führte in dieser letzten Audienz vor der Sommerpause seine Katechesereihe über das Gebet fort und erinnerte in seinen Grüßen auch daran, dass die Kirche an diesem Mittwoch den Festtag Johannes’ des Täufers begeht.

An diesem Mittwoch sprach Franziskus über das Gebet Davids, des Heiligen - und Mörders. Von Geburt an sei ihm durch Gott eine einzigartige Sendung bestimmt gewesen, „die in der Geschichte des Gottesvolkes und in unserem Glauben eine zentrale Rolle einnehmen“ sollte, führte der Papst in seine Überlegungen ein. Jesus selbst werde in den Evangelien des öfteren als „Sohn Davids“ bezeichnet, weil der Messias der Überlieferung nach aus dem Geschlecht Davids, eines gottesfürchtigen Königs nach dem Geschmack des Herrn, stammen sollte. 

Zum Nachhören

Als der Prophet Samuel sich auf die Suche nach dem neuen König machte, fiel es selbst dem Vater Davids schwer, ihn als den Gesuchten zu identifizieren, erinnerte Franziskus in seiner Katechese. David weidete die Herde seines Vaters unter freiem Himmel, ein Mensch, den man sich als „Freund des Windes, der Naturgeräusche und der Sonnenstrahlen“ vorstellen könne, als einzige Gesellschaft seine Leier, mit der er für Gott spielte, und seine Schleuder: 

Der Segen
Der Segen

„David ist also in erster Linie ein Hirte“

„David ist also in erster Linie ein Hirte: jemand, der sich um seine Tiere kümmert, für sie sorgt und sie vor Gefahren schützt. Wenn David nach Gottes Willen für die Menschen Sorge tragen wird, werden die Dinge, die er tun wird, nicht sehr viel anders sein. Deshalb kommt in der Bibel ja auch so oft das Bild des Hirten vor. Auch Jesus bezeichnet sich als „Guten Hirten“, sein Verhalten ist anders als das des bezahlten Knechtes; er gibt sein Leben hin für die Schafe, er führt sie und kennt jedes einzelne beim Namen (vgl. Joh 10,11-18).“

Und genau diese Tätigkeit als Hirte habe David viel gelehrt, schlug der Papst den Bogen zu David, der schließlich in Sünde verfallen war. Denn als der Prophet Natan ihm seine Schuld vorwerfe, begreife er sofort, dass er „ein schlechter Hirte“ gewesen sei, der einen Mann des „einzigen Schafes beraubt“ hatte, das dieser liebte, und vom demütigen Knecht zu einem machthungrigen und skrupellosen Wilden geworden war. Und noch eine zweite, charakteristische Eigenschaft Davids beschrieb der Papst: seine Dichterseele, die darauf hinweise, dass David trotz seines einsamen Lebens sensibel geblieben war. 

„Wenn einem Menschen diese poetische Dimension fehlt, sagen wir einmal, wenn ihm die Poesie fehlt, dann hinkt seine Seele“

„Die Welt, die sich seinen Augen darbietet, ist keine Stummfilm-Szene: Sein Blick nimmt hinter dem Ablauf der Dinge ein größeres Geheimnis wahr. Und gerade daraus entsteht das Gebet: aus der Überzeugung, dass das Leben nicht etwas ist, das spurlos an uns vorüberzieht, sondern ein erstaunliches Geheimnis, das in uns Poesie, Musik, Dankbarkeit und Lob, aber auch Klage und Flehen hervorruft. Wenn einem Menschen diese poetische Dimension fehlt, sagen wir einmal, wenn ihm die Poesie fehlt, dann hinkt seine Seele.“

Die Tradition beschreibe David daher auch als den „großen Schöpfer der Psalmen“, fuhr der Papst fort. Der Traum Davids sei es gewesen, ein guter Hirte zu sein, was ihm manchmal besser, manchmal schlechter gelang: „Worauf es im Zusammenhang der Heilsgeschichte jedoch ankommt, ist, dass David in seiner Person einen anderen Königs verheißt, den er nur ankündigt und vorwegnimmt.“ 

Die Eigenschaften des David, des Heiligen und Sünders, Verfolgten und Verfolgers, Opfers und Täter, schienen untereinander im Widerspruch zu stehen, und doch sei auch unser eigenes Leben oft von Widerspruch und Inkonsequenz geprägt, gab Franziskus zu bedenken. „Es gibt nur einen roten Faden in Davids Leben, der alles, was geschieht, zusammenhält: sein Gebet. Das ist die Stimme, die nie verstummt. Der heilige David betet. Der Sünder David betet. Der Verfolgte David betet. Der Verfolger David betet. Das Opfer David betet. Auch der Schlächter David betet. Das ist der rote Faden seines Lebens. Ein Mann des Gebets.“

„Auch der Schlächter David betet“

Auch wenn das Gebet seinen Tonfall ändere, einen Ton des „Jubels“ oder der „Klage“ annehme, verstumme es nie, unterstrich Franziskus. „Und dabei lehrt uns David, immer mit Gott im Gespräch zu bleiben und ihm alles anzuvertrauen: Freude und Schuld, Liebe und Leid, Freundschaft und Krankheit. Alles kann zu einem Wort werden, das an das „Du“ gerichtet ist, das nie aufhört, uns Gehör zu schenken.“

Auch wenn David die Erfahrung der Einsamkeit gemacht habe, so sei er dank seines Gebetes doch nie allein gewesen, gab der Papst zu bedenken: „Und darin liegt letztlich die Kraft des Gebetes all jener, die ihm in ihrem Leben Raum geben. Das Gebet adelt dich, und David ist geadelt, weil er betet. Aber er ist ein Mörder, der betet, Reue verspürt, und der Adel kommt durch das Gebet zurück.“

Das Gebet halte unsere Verbindung mit Gott durch alle Widrigkeiten des Lebens aufrecht, selbst wenn wir uns mit Sünde beladen haben, gab der Papst mit Blick auf die Geschichte Davids abschließend zu bedenken: „Das Vertrauen Davids ist so groß, dass er, als er verfolgt wurde und fliehen musste, nicht zuließ, dass ihn irgendjemand verteidigte: „Wenn mein Gott mich so demütigt, weiß er warum“, denn der Adel des Gebets lässt uns in den Händen Gottes. Diese von Liebe durchzogenen Hände, und die einzig sicheren Hände, die wir haben.“

Im Anschluss an seine Katechese grüßte der Papst wie üblich die Gläubigen der verschiedenen Sprachgruppen. Dabei erinnerte er in seinen Grüßen an die spanischsprachigen daran, dass die Kirche an diesem Mittwoch den Festtag des heiligen Johannes‘ des Täufers feiert – und gedachte der Opfer des schweren Erdbebens, das in der Nacht auf Mittwoch Mexiko erschüttert hatte. Mindestens sechs Menschen starben in der Folge des Bebens.

(vatican news - cs)

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

24. Juni 2020, 10:36