Papst über gerechte Wirtschaft: „Das sind keine Träume: Das ist der Weg“
Dringend gefragt sei eine „neue ökonomische Erzählung“, sagte der Papst in seinem Video. Das herrschende globale System sei „nicht nachhaltig unter mehreren Gesichtspunkten“, es schädige den Planeten und mit ihm die Armen und Ausgegrenzten. „Das gehört zusammen“, verdeutlichte der Papst den Grundgedanken seiner Enzyklika „Laudato si“: „Du plünderst die Erde, und dann gibt es viele Arme und Ausgegrenzte. Sie sind die ersten, die geschädigt werden. Und die ersten, die vergessen werden.“
Das mehrtägige Online-Treffen von überwiegend jungen Wirtschaftstreibenden, Fachleuten und Studierenden, das einige als „vatikanisches Jugend-Davos“ bezeichnet hatten, hätte im Mai in Assisi stattfinden sollen. Franziskus rief die jungen Menschen in seiner Botschaft dazu auf, sich dem „Pakt von Assisi“ anzuschließen, der die Grundlagen einer neuen, gerechten Gesellschaft über Bildung, Forschung und eine gemeinwohlorientierte Politik legen will. In „Städten und Universitäten, in der Arbeitswelt und in den Gewerkschaften, in den Unternehmen und Bewegungen, in den öffentlichen und privaten Ämtern“ sollten die jungen Menschen, die gemeinsam von der Vision einer gerechten Gesellschaft beseelt sind, sich einbringen und bis in die Mitte vordringen, dorthin, „wo die Themen und Paradigmen ausgearbeitet und entschieden werden“, so der Papst.
Warum er diesen Aufruf an junge Menschen richtet und sich damit abgrenzt von jenen, die das Engagement Jugendlicher mit dem Verweis auf ihre vermeintliche Ignoranz abwerten, erklärte Franziskus ebenfalls: „Die Folgen unserer Handlungen und Entscheidungen werden euch persönlich berühren. Deshalb könnt ihr nicht außen vor bleiben an den Orten, an denen nicht bloß eure Zukunft, sondern schon eure Gegenwart gemacht wird. Entweder ihr seid dort mit dabei, oder die Geschichte wird über euch hinweggehen.“
Kultur der Begegnung statt Kultur des Wegwerfens
Als Methode pochte Franziskus auf eine Kultur des Austauschs – das, was die Teilnehmenden des Assisi-Projekts bereits seit Monaten eingeübt haben. Die Kultur des Austauschs und der Begegnung bezeichnete der Papst als das Gegenteil der Kultur des Wegwerfens, die heute „stark in Mode“ sei – Franziskus hatte diese Grundhaltung des Nichtbeachtens und Aussortierens benachteiligter Menschen oft mit drastischen Worten beanstandet. Zentral in einer gerechten Gesellschaft der Zukunft ist aus der Sicht von Franziskus ein systematisches Einbeziehen der Schwachen. „Das sind keine Träume: Das ist der Weg“, erklärte Franziskus.
„Tatsächlich geht es nicht nur oder ausschließlich darum, für die grundlegendsten Bedürfnisse unserer Geschwister zu sorgen“, so der Papst. „Wir müssen strukturell akzeptieren, dass die Armen genug Würde haben, um bei unseren Treffen mit am Tisch zu sitzen, sich an unseren Diskussionen zu beteiligen und ihnen Brot nach Hause zu bringen. Und dies ist viel mehr als staatliche Fürsorge: Wir sprechen von einer Umkehr und Veränderung unserer Prioritäten und des Platzes des Anderen in unserer Politik und in der Gesellschaftsordnung.“
Es sei an der Zeit, nicht für, sondern mit den Armen zu denken, verdeutlichte Franziskus. Politik und Wirtschaft dürften sich „nicht dem Diktat und dem effizienzsteigernden Paradigma der Technokratie unterwerfen", sagte der Papst in seiner Videobtoschaft, die über weite Strecken wie eine passionierte Kurzfassung seines Lehrschreibens „Fratelli tutti“ vom Oktober 2020 wirkt und Anleihen bei Paul VI., Johannes Paul II. sowie Benedikt XVI. nimmt.
Eine unvorhersehbare Zukunft sei bereits unterwegs, und jeder junge Mensch könne viel tun an dem Platz, an dem er oder sie steht. „Wählt nicht die verlockenden Abkürzungen, die euch daran hindern, Sauerteig zu sein!“ riet der Papst. Und er warnte vor einem Rückfall in alte Muster: „Nach der Gesundheitskrise, die wir durchleben, wäre die schlimmste Reaktion, noch stärker in fiebrigen Konsumismus und neue Formen egoistischen Selbstschutzes zu verfallen. Vergesst nicht: Aus einer Krise kommen wir niemals unverändert heraus. Wir kommen besser oder schlechter heraus. Lassen wir das Gute wachsen, nutzen wir die Chance und stellen wir uns alle in den Dienst des Gemeinwohls. Der Himmel sorge dafür, dass es am Ende nicht mehr ,die anderen´ gibt, sondern dass wir zu einem Lebensstil finden, bei dem wir wirklich ,wir´ sagen können. Aber ein großes Wir, kein kleinliches ,Wir und die anderen´!“
(vatican news)
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