Verteilung des Corona-Impfstoffs: Was Papst Franziskus sagt
Der Wettlauf um einen Corona-Impfstoff beschäftigt den Papst spätestens seit Anfang Mai. Bei einem Mittagsgebet stellte er sich öffentlich hinter einen Vorstoß der EU, vorangetrieben von Deutschland, Frankreich, Italien und der EU-Kommission, Geld für einen Impfstoff zu sammeln, der von vornherein auch Menschen in armen Ländern zugute kommt; bereits kurz nach Ausbruch der Pandemie traten nämlich nationale Eigeninteressen bei der Suche nach einem Impfstoff zutage. Franziskus würdigte stattdessen die „internationale Zusammenarbeit“ und einen „transparenten und uneigennützigen Austausch der wissenschaftlichen Erkenntnisse“, damit Impfstoffe und Therapien für Menschen „in jedem Teil der Welt“ zur Verfügung stünden. In der Sache telefoniert er wenige Tage später mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel.
Noch deutlicher wurde Franziskus im August bei einer Reihe von Generalaudienzen unter dem Sammeltitel „die Welt heilen“ - es waren Katechesen, die geistlich direkt auf die Pandemie zielten. Heilmittel gegen das Virus seien „so zu planen, dass jene bevorzugt werden, die es am meisten brauchen”, stellte der Papst klar. „Es wäre traurig, wenn bei einer Impfung gegen Covid-19 den Reichen die Priorität gegeben werden würde! Es wäre traurig, wenn dieser Impfstoff zum Eigentum dieser oder jener Nation werden würde und nicht allgemein für alle da wäre.” Wie sehr diese Absage an den „Impfnationalismus“ auf internationaler Ebene zur Kenntnis genommen wurden, zeigt eine Reaktion des Direktors der Weltgesundheitsorganisation WHO: „Ich kann dem Heiligen Vater nur zustimmen,“ twitterte Tedros A. Ghebreyesus. Gesundheit sei ein Menschenrecht für alle und nicht das Vorrecht einiger weniger.
Im September nutzte der Papst eine Audienz mit einer von Apothekern gegründeten wohltätigen Stiftung, die Medikamente sammelt und an Arme verteilt, um nochmals nachzufassen. Nur sehr handverlesene Gruppen erhielten in jenen Monaten überhaupt Zugang zum Papst. Mit Blick auf arme Menschen sprach Franziskus vor den Freiwilligen und Förderern der Stiftung „Banco farmaceutico“ von „pharmazeutischen Randsituationen“: Arme seien auch arm an Medikamenten. „Dies schafft eine weitere Kluft zwischen Nationen und Völkern“, erklärte der Papst. „Wenn es die Möglichkeit gibt, eine Krankheit durch ein Arzneimittel zu heilen, dann sollte unter einem ethischen Gesichtspunkt diese Arznei für alle verfügbar sein, andernfalls entsteht eine Ungerechtigkeit. Zu viele Menschen, zu viele Kinder sterben noch in dieser Welt, weil sie eine bestimmte Arznei oder Impfung nicht bekommen können, die in anderen Regionen verfügbar ist.“ Und neuerlich drängte er auf die gerechte Verteilung eines COVID-Impfstoffs, an dem Dutzende Labore in den Industrienationen parallel forschten. „Ich wiederhole, es wäre traurig, wenn man bei der Bereitstellung des Impfstoffs den Reicheren den Vorzug geben würde oder dieser Impfstoff Eigentum dieser oder jener Nation und nicht mehr für alle da wäre. Er sollte universal sein, für alle“, so Papst Franziskus.
Wie konkret der Papst die Geschwisterlichkeit denkt, die er in seinem Lehrschreiben „Fratelli tutti“ als Grundprinzip einer gerechten globalen Gesellschaft vorstellt, wird exemplarisch an einem Interview klar, das Franziskus Anfang Oktober der Illustrierten „Il mio Papa“ gab. Als Beispiel für Geschwisterlichkeit nannte der Papst just das Vakzin gegen Corona. „Der Impfstoff kann nicht Eigentum des Landes sein, in dem das Labor steht, das ihn entwickelt hat, oder einer Gruppe von Ländern, die sich dafür verbündet haben”, erklärte Franziskus. „Der Impfstoff gehört der Menschheit, der ganzen Menschheit, er ist universell; denn die Gesundheit unserer Völker ist, wie uns die Pandemie lehrt, ein gemeinsamer Besitz, sie gehört zum Gemeinwohl. Das muss das Kriterium sein.“
Impfstoff: auch eine Frage der Politik
Da die Verteilung des Impfstoffs eine klar politische Frage ist, trug die Diplomatie des Papstes sie aufs Parkett der internationalen Foren. Im Oktober stellte der Vatikanmann bei den Vereinten Nationen in Genf im Sinn von Papst Franziskus klar, Patente dürften kein Hindernis für Covid-Impfstoffe sein. Ivan Jurkovič äußerte sich vor der Welthandelsorganisation. Zwar hätten Forschende und Konzerne Rechte am geistigen Eigentum ihrer Entwicklungen, diese Rechte seien aber in Einklang zu bringen mit den öffentlichen Bedürfnissen der Gesellschaft, sagte der päpstliche Diplomat. Die Frage der Impfstoffe erfordere Solidarität innerhalb und zwischen den Nationen. Und vor den Vertretern der Welthandelsorganisation zitierte Jurkovič abermals Papst Franziskus: „Es wäre traurig, wenn dieser Impfstoff in das Eigentum dieser oder jener Nation überginge und nicht universell und für jeden erhältlich wäre.“
Fast 50 Impfstoffe in diversen Prüfverfahren
Derzeit werden fast 50 Impfstoffe geprüft, die gegen das Coronavirus immunisieren oder die von ihm ausgelöste Krankheit mildern sollen. Nach Einschätzung von Fachleuten sind für den weltweiten Bedarf mehrere Impfhersteller nötig. Ein weiterer Vorteil von mehreren Impfstoffen sei, dass wirklich alle Geimpften einen Schutz vor dem Coronavirus erreichten.
(vatican news – gs)
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