Papst Franziskus: „Ein echteres Weihnachten feiern“

Angesichts der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Beschränkungen in vielen Ländern ruft Papst Franziskus dazu auf, ein „authentischeres“ Weihnachten zu feiern. Das sagte er an diesem Mittwoch bei seiner virtuellen Generalaudienz im Vatikan.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

„Ich möchte alle darum bitten, sich noch mehr auf das wirkliche Weihnachten, also die Geburt Jesu Christi, vorzubereiten. Dieses Jahr erleben wir Einschränkungen und Schwierigkeiten – aber denken wir mal an das Weihnachten von Maria und Joseph, das war auch nicht alles Rosen und Blumen! Mit wie vielen Schwierigkeiten waren sie konfrontiert, mit wie vielen Sorgen!“

„Mögen diese Schwierigkeiten uns auch dabei helfen, die Art und Weise, wie wir Weihnachten leben, ein bisschen zu reinigen.“

Und doch hätten Glaube, Hoffnung und Liebe sie damals „geführt und gehalten“, so der Papst in seinem Grußwort an italienische Zusehende. „Möge das auch bei uns so sein! Mögen diese Schwierigkeiten uns auch dabei helfen, die Art und Weise, wie wir Weihnachten leben, ein bisschen zu reinigen. Also ohne Konsumismus zu feiern – damit Weihnachten frömmer, authentischer, echter wird…“

Die 19. Katechese zum Thema Beten

Die Katechese des Papstes, die per Livestream aus seiner Privatbibliothek im Apostolischen Palast des Vatikans übertragen wurde, kreiste an diesem Mittwoch einmal mehr um das Thema Beten. Diesmal ging’s, genau gesagt, um das fürbittende Gebet.

„Wer betet, lässt nie die Welt einfach hinter sich zurück. Wenn das Gebet nicht die Freuden und Schmerzen, die Hoffnungen und Ängste der Menschheit aufgreift, dann wird es etwas Dekoratives. Eine oberflächliche Haltung. Theater.“ Ohne es eigens zu sagen, hatte Franziskus mit diesen einleitenden Worten auf die berühmten ersten Sätze des Konzilstextes „Gaudium et spes“ angespielt: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall fände.“

„Natürlich brauchen wir alle Innerlichkeit – einen Raum und eine Zeit, die wir unserer Beziehung zu Gott widmen. Aber das bedeutet nicht, vor der Wirklichkeit zu fliehen. Im Gebet nimmt uns Gott, segnet uns, bricht uns entzwei und teilt uns aus für den Hunger aller Menschen: Jeder Christ ist dazu berufen, in den Händen Gottes gebrochenes und mit anderen geteiltes Brot zu werden. Es geht um ein konkretes Beten, das keine Flucht darstellt!“

Zum Nachhören: Generalaudienz von Papst Franziskus zum Thema Gebet

„Wer betet, ist wie eine Antenne Gottes in dieser Welt“

Männer und Frauen des Gebets zögen sich in die Einsamkeit nicht etwa deshalb zurück, um nicht gestört zu werden, „sondern um die Stimme Gottes besser hören zu können“, insistierte Franziskus. Ihre Tür bleibe dabei immer offen für andere, vor allem für Menschen in Not.

„Jeder kann an die Tür eines Betenden klopfen und in ihm oder ihr ein mitfühlendes Herz finden, das für alle betet, ohne irgendjemanden auszuschließen! Unser Gebet ist Herz und Stimme so vieler Menschen, die nicht beten können oder beten wollen. Wir sind Herz und Stimme dieser Menschen, Fürbittende bei Jesus und beim Vater. Der Betende betet für die ganze Welt, für alle und jeden. Es ist, als wäre er eine Antenne Gottes in dieser Welt.“

„Wer glaubt und für die Sünder betet, trifft keine Auswahl und fällt keine Urteile“

Wer bete, der stehe „im Einklang mit der Barmherzigkeit Gottes“, fuhr der Papst fort – und war damit bei einem der Hauptakzente seines Pontifikats, der Barmherzigkeit nämlich. Ihr hatte der Papst 2015 und 2016 sogar ein eigenes Heiliges Jahr gewidmet. „Das ist das echte Beten: Im Einklang mit der Barmherzigkeit Gottes, mit diesem barmherzigen Herzen…“

Wer seine Mitmenschen nicht liebe, der bete nicht wirklich, sagte Franziskus dann. „Wer nicht liebt, der tut nur so, als ob er betete. Oder er glaubt zu beten, betet aber nicht… Wer glaubt und für die Sünder betet, trifft keine Auswahl und fällt keine Urteile: Er betet für alle – und auch für sich selbst. Dabei begreift er auch, dass er gar nicht so anders ist als die Menschen, für die er betet: Er ist Sünder unter Sündern und betet für alle.“

„Wir sind nicht besser als andere!“

Franziskus erinnerte an das Gleichnis Jesu vom Pharisäer und vom Zöllner (Lk 18,9-14): Der eine betet demonstrativ und voller Herablassung, der andere fleht zerknirscht zu Gott. Ein Gleichnis, das nach Ansicht des Papstes „immer lebendig und aktuell“ ist.

„Wir sind nicht besser als andere! Wir sind alle Geschwister in einer Gemeinschaft der Zerbrechlichkeit, des Leidens und des Sünderseins… Darum sollten wir demütig vor Gott treten, um für alle zu beten. Der Pharisäer hingegen betete auf arrogante Weise – das ist nicht Beten. Das bedeutet eher, sich selbst zu bespiegeln… Die Welt dreht sich weiter dank dieser Kette von Betenden. Sie sind oft unbekannt – aber nicht für Gott!“ 

„Wir sind alle Geschwister“ – auch in diesen Worten des Papstes steckte eine Anspielung, und zwar auf den Titel seiner Enzyklika „Fratelli tutti“, die er Anfang Oktober 2020 veröffentlicht hat.

„Brüder und Schwestern, wir sind alle Blätter desselben Baums…“

Franziskus ermunterte vor allem Eltern, Lehrer und Priester dazu, vor Gott für die ihnen anvertrauten Menschen einzutreten und „voller Zärtlichkeit für die anderen zu beten“. Und er schloss mit einem sehr poetischen Bild: „Brüder und Schwestern, wir sind alle Blätter desselben Baums… Beten wir füreinander – das wird uns gut tun, und es wird allen gut tun!“

(vatican news)
 

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16. Dezember 2020, 11:17