Papst Franziskus empfängt Ökumenisches Studienjahr von Jerusalem
Christine Seuss und Stefan v. Kempis – Vatikanstadt
Auch Franziskus bedauerte, dass das ökumenisch geprägte Studienjahr (noch) nicht im Heiligen Land ausgerichtet werden kann. Doch immerhin sei es dadurch möglich geworden, sich mal im Vatikan zu treffen: für ihn „ein Geschenk der göttlichen Vorsehung“.
„Das Studienjahr ist eine Gelegenheit für Studierende der katholischen und evangelischen Theologie, die biblischen Stätten kennenzulernen und den Ostkirchen sowie der jüdischen und islamischen Welt zu begegnen. Auch wenn ihr in diesem Jahr diese Erfahrung nicht im Heiligen Land machen könnt, da ihr euch gleichsam im ‚Exil‘ befindet, wie es Pater Schnabel bezeichnet, so sollen das vertiefte Studium der Heiligen Schrift, die Ökumene und der interreligiöse Dialog stets ein typisches Kennzeichen eures Programms bleiben.”
Der erwähnte Pater Schnabel ist kein Geringerer als Nikodemus Schnabel: Der rührige Benediktiner leitet das Studienjahr und hatte sich um die Audienz beim Papst bemüht.
„Als junge Menschen, die Theologie studieren, seid ihr für eure Altersgenossen und für die Männer und Frauen von heute Zeugen für die Bedeutung Gottes im Leben und für die Fülle, die ein gelebter Glaube schenkt. Es wird eure Aufgabe sein, in den Dialog mit einer Welt zu treten, in der es immer weniger Platz für die Religion zu geben scheint. Es ist eine Aufgabe, die wir mit allen Gläubigen der verschiedenen Religionen teilen, weil wir wissen, dass es für unsere Gesellschaften gut ist, wenn wir Gott in ihnen gegenwärtig machen.”
Vom Exil ins Gelobte Land
Religionen leisteten einen wichtigen Beitrag „zum Aufbau von Geschwisterlichkeit und zur Verteidigung der Gerechtigkeit in der Gesellschaft“, so Franziskus mit einem Zitat aus seiner Enzyklika „Fratelli tutti“ vom Oktober dieses Jahres. Wenn Gott aus der Gesellschaft ausgeschlossen werde, bete der Mensch am Ende „Götzen“ an und verliere sich selbst.
„Ich hoffe, dass dieses Theologische Studienjahr eine wichtige Etappe im Rahmen eurer Ausbildung und auf eurem geistigen und menschlichen Weg sein wird und dass ihr nach diesem ‚Exil‘ bald die Möglichkeit haben werdet, das Gelobte Land, die heiligen Stätten der Bibel, näher kennenzulernen.”
Die Begegnung mit dem Papst sei eine „große Chance“ gewesen, sagte Pater Schnabel hinterher im Gespräch mit Radio Vatikan.
„Wir haben ja von Jerusalem her die Tradition, dass wir die einzelnen Patriarchen besuchen, und der Lateinische Patriarch war diesmal hier [in Rom] bei uns. Ich habe den Heiligen Vater gefragt, ob es uns möglich wäre, ihn in unserem ‚Exil‘ hier zu besuchen, und das war dann möglich. Es war eine durchaus spannende Erfahrung. Was ich schön finde: Dass der Heilige Vater jetzt auf dem Schirm hat, dass es uns gibt…“
Visionäres Studienjahr
Das ökumenische Studienjahr von Jerusalem sei, auch wenn es schon 47 Jahre zähle, immer noch etwas „Visionäres“; schließlich werde an deutschen Unis immer noch „fein säuberlich“ zwischen evangelisch und katholisch unterschieden.
„Wir tun das eben seit 47 Jahren gemeinsam, ökumenisch – und auch mit Schwerpunkten, die in Zukunft wohl immer wichtiger werden. Damit meine ich Ökumene nicht nur evangelisch-katholisch, sondern auch hin zu den Ostkirchen, und den Dialog mit Judentum und Islam. Und natürlich Bibel, Archäologie – auch das auf eine Art und Weise, wie es in deutschen Fakultäten mit dem Fokus nicht vorkommt.“
Geburtstags-Ständchen für den Papst
Auch der Dialog mit Nichtglaubenden werde für das Theologische Studienjahr immer wichtiger. „Und das Schöne war, dass der Papst diese Themen aufgegriffen und uns ermutigt hat. Das ist schon etwas, dass die Nummer Eins der katholischen Kirche uns zuruft: Macht weiter!“
Am besten habe ihm persönlich jedoch der Schluss der Audienz gefallen, „als wir ein bisschen das Protokoll gebrochen haben“, vertraut uns der Benediktiner an. „Wir haben ‚Viel Glück und viel Segen‘ gesungen, und da hat sich sein Gesicht aufgehellt.“ Franziskus hat am Donnerstag seinen 84. Geburtstag gefeiert.
„Dann haben wir ihm das Regenbogenkreuz überreicht, so etwas wie das offizielle Symbol des Studienjahres. Es steht für die drei Bünde Gottes mit seinem Volk und ist aus Olivenholz aus Betlehem gemacht. Da hat er nachgefragt und gestrahlt. Man hat gemerkt, dass da eine menschliche Ebene dazukam! Das war für mich persönlich der Höhepunkt. Auf einmal hatte er sehr viel Zeit…“
Für die Studierenden, die Pater Nikodemus mit zum Papst gebracht hatte, war die Audienz beim Papst etwas ganz Spezielles, mit dem sie nie gerechnet hätten: „Ein wirklich besonderer Moment, eine einmalige Gelegenheit“, bekamen wir nach der Premiere des Öfteren zu hören. Ein evangelischer Theologiestudent zeigte besonders glücklich darüber, mit dem Papst nach der Audienz auch ein paar persönliche Worte wechseln zu können: „Eine solche Gelegenheit bietet sich mir wohl nur einmal im Leben!!!“, betonte auch er mit Nachdruck.
An das Klosterleben auf dem Aventin haben sich die Studies mittlerweile gewöhnt, auch wenn es eine „echte Herausforderung darstellt“, wie uns dieser junge Mann verrät: „Weil man sich erstmal dem Tagesrhytmus von Mönchen anpassen muss und sich die Mahlzeiten und Gebetszeiten zu Gemüt führen muss, aber es ist eine spannende Herausforderung, die wir richtig genießen“. Der betreffende Student ist übrigens katholisch, wie rund die Hälfte seines Studienjahrgangs, die anderen Studierenden sind Protestanten verschiedener Kirchen, auch ein Freikirchler ist dabei. Als Geschenk bekamen die jungen Leute vom Papst einen Rosenkranz, der als katholisches Symbol auch von den Nicht-Katholiken in der Gruppe wertgeschätzt werde, wie uns eine junge evangelische Studentin versicherte.
So ungewöhnlich, wie dieses Theologische Studienjahr alla romana angefangen hat, geht es auch weiter: An diesem Samstag gehen die Studierenden auf Sieben-Kirchen-Wallfahrt durch die Ewige Stadt. Wann und ob sie die Koffer packen und ins Heilige Land wechseln können, ist angesichts der Corona-Lage immer noch nicht klar...
(vatican news – sk)
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