Papst wirbt für Multilateralismus: Wir sitzen in einem Boot
Papst wirbt verstärkt für Multilateralismus
„Wie kann man Konflikten vorbeugen? Kein Volk, keine Gruppe der Gesellschaft kann Frieden, Gutes, Sicherheit und Glück allein erreichen. Niemand. Die Pandemie hat uns bewusstgemacht, dass wir eine weltweite Gemeinschaft sind, die in ein und demselben Boot sitzt.“ So lautet der Tweet, den der Papst anlässlich des jährlich am 24. April begangenen Motto-Tages in neun Sprachen, darunter Arabisch und Englisch, an diesem Samstag absetzte.
Die Bedeutung von Dialog und Zusammenarbeit für die Förderung der internationalen Beziehungen und der Friedenspolitik hebt Papst Franziskus immer wieder hervor. In den letzten Jahren wirbt er dabei explizit für „Multilateralismus“, was als Indikator für eine internationale politische Krise gewertet werden kann, die sich in den letzten Jahren vertieft hat.
Sorge um Populismus und Nationalismus
Seine Sorge um Populismus und Nationalismus brachte der Papst vor Diplomaten aus aller Welt im Januar 2019 zum Ausdruck. Ähnlich wie in der Zwischenkriegszeit des 20. Jahrhunderts seien solche Entwicklungen auf dem Vormarsch, so Franziskus beim traditionellen Neujahrsempfang für Botschafter im Vatikan. Populismus und Nationalismus schwächten das Miteinander der Völker und führten „zu einem allgemeinen Vertrauensmangel, zu einer Glaubwürdigkeitskrise der internationalen Politik und einer fortschreitenden Marginalisierung der schwächsten Mitglieder der Völkerfamilie“.
Über die Diplomaten richtete Franziskus einen Appell an die Nationen, Freundschaft und Zusammenarbeit untereinander zu erneuern und bewusst auf das multilaterale System zu setzen, das aktuell vor Schwierigkeiten stehe. Franziskus kritisierte damit bereits vor Beginn der Corona-Krise das Überhandnehmen einseitiger, nur auf die jeweilige Nation bezogener Antworten auf komplexe Fragen zu Lasten der internationalen Organisationen.
Berufung der UNO: Einheit und Dialog fördern
In einer wegweisenden Botschaft des Papstes anlässlich des 75. Gründungstages der Vereinten Nationen am 25. September 2020 markierte Franziskus die grenzübergreifende Zusammenarbeit von Staaten als beste Lösung für politische und gesellschaftliche Herausforderungen und erteilte Nationalismen erneut eine Absage. An Hauptbedrohungen für Frieden und Sicherheit nannte Franziskus dabei nicht etwa Migration, sondern Armut, Seuchen, Terrorismus und Aufrüstung.
Der Heilige Stuhl wünsche sich von der UNO, dass sie „ein wahres Instrument der Einheit zwischen den Staaten und des Dienstes an der ganzen Menschheitsfamilie ist”, zitierte Franziskus seinen Vorgänger Benedikt XVI. bei dessen Rede vor der UNO-Generalversammlung 2008. Angesichts der Corona-Pandemie und ihrer verwickelten Folgen sieht der Papst die Welt heute umso stärker an einem Scheideweg, wie er in seiner Videobotschaft an die UNO darlegte.
„Der eine (Weg, Anm.) führt zur Stärkung des Multilateralismus, Ausdruck einer erneuerten Mitverantwortung in der Welt, einer Solidarität, die auf Gerechtigkeit und der Verwirklichung des Friedens und der Einheit der Menschheitsfamilie, Gottes Plan für die Welt, beruht; der andere (Weg, Anm.) begünstigt Haltungen der Selbstgenügsamkeit, des Nationalismus, des Protektionismus, des Individualismus und der Isolation”, so Franziskus. Dieser zweite Weg schließe die Ärmsten, die Schwächsten, die Bewohner der existentiellen Peripherien aus. Der Papst urteilte: „Dies darf sich nicht durchsetzen.”
Die Krise sei eine Chance für die UNO, eine bessere Gesellschaft hervorzubringen, sagte der Papst weiter. Dazu gehöre, „der wirtschaftlichen Ungerechtigkeit ein Ende zu setzen“, einen teilweisen oder ganzen Schuldenerlass für ärmere Länder durchzusetzen, die internationale Finanzarchitektur zu erneuern, Steuerschlupflöcher zu schließen und das Gemeinwohl über reine Wirtschaftsinteressen zu stellen.
Bereits im September 2015 hatte der Papst bei einem Besuch in den USA vor den Vereinten Nationen gesprochen. Dabei ging es gleichwohl nicht explizit um die Stärkung des Multilateralismus als vielmehr um Teilhabe und nachhaltige Entwicklung. So machte sich Franziskus für mehr Einfluss der Entwicklungsländer innerhalb der Vereinten Nationen stark. Zudem hätten die internationalen Finanzbehörden die Pflicht, schwache Länder vor einer „erstickenden Unterwerfung durch Kreditsysteme“ zu schützen, unterstrich der Papst in New York.
Krise erfordert Reform internationaler Organisationen
Im Februar 2021 schließlich sprach der Papst in seiner Ansprache an das Diplomatische Korps die Beeinträchtigung jener Einrichtungen an, die gerade für Dialog und Stabilität in der Welt zuständig sind und legte dar, wie sich „die Krise der Politik und der demokratischen Werte auch auf internationaler Ebene“ und im „gesamten multilateralen System“ niederschlägt. Dies lasse sich etwa daran beobachten, „dass Organisationen, die zur Förderung von Frieden und Entwicklung – auf der Grundlage des Rechts und nicht des ,Rechts des Stärkeren‘ – konzipiert wurden, ihre Wirksamkeit beeinträchtigt sehen“, so der Papst, der zu Reformen internationaler Organisationen aufrief, damit die Menschheitsfamilie angemessen auf die Krise reagieren könne.
(vatican news – pr)
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