Papst: Christsein auf Distanz gibt es nicht
Seit dem 21. März hatte Franziskus angesichts des Wiedererstarkens der Corona-Pandemie sein Mittagsgebet zum zweiten Mal ins Innere des Apostolischen Palastes verlegt, von wo aus seine Ansprache live übertragen wurde. Allerdings ist der Zugang zur „Piazza San Pietro“ eingeschränkt: Nur eine begrenzte Anzahl von Pilgern konnte mit dem entsprechenden Sicherheitsabstand zu anderen auf dem Platz am Papstgebet teilnehmen.
Der Papst ging bei seinen Überlegungen vom Tagesevangelium aus, in dem die Erscheinung Jesu vor seinen trauernden Jüngern im Abendmahlssaal berichtet wird. Der auferstandene Herr erscheine nun - nach seiner Begegnung mit den beiden Jüngern von Emmaus - inmitten seiner Jünger, die erschrocken vermeinten, ein Gespenst zu sehen, so Franziskus. Doch Jesus fordere sie auf, ihn zu berühren, und bitte sie sogar um Essen, das er „vor ihren erstaunten Blicken“ zu sich nimmt:
„Diese Stelle des Evangeliums ist geprägt von drei sehr konkreten Verben, die in gewisser Weise unser persönliches und gemeinschaftliches Leben widerspiegeln: schauen, anfassen und essen. Drei Handlungen, die die Freude über eine echte Begegnung mit dem lebendigen Jesus schenken können.“
„Seht meine Hände und meine Füße an“ - sagt Jesus zu seinen Jüngern. Und Schauen, so Franziskus weiter, sei nicht nur sehen als solches, sondern es sei mehr, beinhalte auch „Absicht“ und „Wille“: „Deshalb ist es auch eines der Verben der Liebe. Mütter und Väter schauen ihre Kinder an; Liebende schauen einander an; ein guter Arzt schaut sich einen Patienten gut an... Das Schauen ist ein erster Schritt gegen die Gleichgültigkeit, gegen die Versuchung, unser Gesicht von den Schwierigkeiten und Leiden anderer abzuwenden.“
Indem Jesus hingegen die Jünger einlade, ihn anzufassen und zu berühren, um sich dessen zu vergewissern, dass er kein Geist sei, zeige er, dass die Beziehung zu ihm – genauso wie zu unseren Brüdern und Schwestern - nicht „auf Distanz“, auf der Ebene des Blicks bleiben könne. „Es gibt kein Christsein auf Distanz. Es gibt nicht nur ein Christsein. Liebe verlangt nach Nähe, Kontakt, dem Teilen des Lebens“, so der Papst, der auf den barmherzigen Samariter hinwies. Dieser habe sich nicht damit begnügte, den Mann zu betrachten, den er halbtot am Wegesrand fand. Vielmehr habe er sich zu ihm gebeugt, seine Wunden verbunden und ihn zur Herberge gebracht: „Und so ist es auch mit Jesus selbst: ihn zu lieben bedeutet, in eine lebendige, konkrete Gemeinschaft mit ihm einzutreten.“
Das dritte Verb, essen, drücke hingegen unser Menschsein in seiner natürlichsten Bedürftigkeit aus – denn der Mensch müsse essen, um zu überleben. „Aber Essen, wenn wir es gemeinsam tun, in der Familie oder unter Freunden, wird auch zum Ausdruck der Liebe, der Gemeinschaft, des Feierns... Wie oft zeigen uns die Evangelien, dass Jesus diese gesellige Dimension lebt! So wie der Auferstandene mit seinen Jüngern. Das geht so weit, dass das eucharistische Mahl zum sinnbildlichen Zeichen der christlichen Gemeinschaft geworden ist.“
Die betrachtete Stelle des Evangeliums sage uns, dass Jesus kein „Geist“ sei, sondern „eine lebendige Person“, die uns, wenn sie sich uns nähere, mit einem Staunen erfülle, die nur die Anwesenheit Gottes gebe, betonte Franziskus: „Christsein ist nicht in erster Linie eine Lehre oder ein moralisches Ideal, es ist eine lebendige Beziehung zu Ihm, dem Auferstandenen: wir schauen Ihn an, wir berühren Ihn, wir nähren uns von Ihm und, verwandelt durch Seine Liebe, schauen wir dann andere an, berühren und nähren uns aus der Beziehung mit ihnen als Brüder und Schwestern. Möge die Jungfrau Maria uns helfen, diese Erfahrung der Gnade zu erleben.“
(vatican news - cs)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.