Häftlinge trafen den Papst: „Er kam auf uns zu“
Salvatore Cernuzio und Anne Preckel - Vatikanstadt
Ursprünglich wollte die Gruppe aus dem „Dritten Strafvollzugshaus“ nur die Vatikanischen Museen besuchen, erzählt Pater Versolato: „Und da kam es mir in den Sinn, einmal zu fragen, ob es nicht möglich wäre, den Heiligen Vater zu treffen“, so der 56-Jährige. Gesagt, getan – der Papst sagte zu, und die Häftlinge konnten Franziskus am frühen Montagmorgen im vatikanischen Gästehaus Santa Marta treffen.
„Der Heilige Vater hat uns mit seiner üblichen Einfachheit empfangen“, berichtet uns der Gefängniskaplan: „Wir waren sehr aufgeregt, weil es nicht oft vorkommt, mit dem Papst zu sprechen. Auch deshalb, weil wir wissen, wie sehr ihm die Welt der Gefängnisse am Herzen liegt, insbesondere die der Menschen, die dort leben…“
Sich auf die Zukunft konzentrieren
Der Papst ist für die Gründonnerstagsliturgie schon mehrmals in Gefängnissen eingekehrt und hat Häftlingen die Füße gewaschen. Auch schloss er diese Gruppe in der Pandemiezeit explizit in seine Gebete ein und sucht regelmäßig ihre Nähe. Am Montag habe er seinen Besuchern aus Rebibbia Mut gemacht, ihre schwere Lebensphase beherzt anzugehen, wie Versolato berichtet: „So sagte er uns: es ist nur eine Übergangszeit, ein Abschnitt eures Lebens, stellt euch dem mit Mut“.
Die halbstündige Begegnung im vatikanischen Gästehaus sei überaus herzlich gewesen, geht der Gefängnissseelsorger ins Detail. Die Häftlinge seien „sehr aufgeregt, glücklich und beeindruckt“ gewesen von der Einfachheit, mit der der Papst sie empfing. Dass Franziskus für jeden von ihnen einen „persönlichen Moment reserviert“ hat, habe sie ziemlich erstaunt:
„Er begrüßte jeden Gefangenen mit einer Umarmung und einem Händedruck. Er wartete nicht darauf, dass wir zu ihm kamen, sondern er kam auf uns zu. Es mag eine einfache, banale Geste gewesen sein. Aber mich hat sie an die missionarische Kirche erinnert, von der er immer spricht. Eine Kirche, die auf die Menschen zugeht: wirklich jeder von uns fühlte sich in diesem Moment einzigartig vor dem Papst, jeder von uns hat diese Beziehung gespürt.“
Austausch mit dem Papst und Museumsbesuch
Ein paar Selfies habe es dann auch noch gegeben, so der Kaplan weiter, und Franziskus habe bei der Gelegenheit erzählt, dass er immer noch in Kontakt mit den Insassen eines Gefängnisses in Buenos Aires steht, mit denen er alle vierzehn Tage telefoniere.
Im Anschluss an die Begegnung mit Franziskus ging es für die Gruppe dann zu einer zweistündigen Führung in die Vatikanischen Museen. Vorab wurden sie persönlich von Museumsdirektorin Barbara Jatta begrüßt. Für die Häftlinge aus Rebibbia sei das ein weiterer besonderer Moment gewesen, so Versolato: „Ich habe ihr Interesse wahrgenommen: sie waren so aufmerksam, jeder von ihnen, mit seinem Headset, schaute sie sich diese Wunder der Kunst an und hat das genossen; sie schienen von der Realität losgelöst zu sein.“
Die Pandemiezeit, in der die Gefängnisinsassen keine Besuche ihrer Familienangehörigen empfangen konnten, sei für die Inhaftierten besonders schwer gewesen, berichtet der Gefängniskaplan weiter. Vor allem der fehlende Körperkontakt – keine Umarmung, kein Händedruck, kein Blick von Angesicht zu Angesicht – mache ihnen zu schaffen und könne durch Videoanrufe kaum wettgemacht werden.
„Es ist immer noch eine schwere Situation, weil das Gefühlsleben, die Affektivität dieser Menschen durch die Pandemie sehr beeinträchtigt wurde. Dies führt meiner Meinung nach zu großem Stress.“
Franziskus richtet Blick auf die Peripherie
Die Seelsorger, die in der Pandemiezeit zu den wenigen Menschen zählten, die die Haftanstalten noch betreten konnten, spielten in diesem Kontext eine wichtige Rolle, so der Gefängniskaplan. Er schätze es sehr, dass Papst Franziskus dies immer wieder deutlich mache und die öffentliche Aufmerksamkeit auf diesen ziemlich unterbelichteten Lebensbereich lenke, so Pater Versolato:
„Es kommt nicht oft vor, dass wir heute das Wort Danke hören, noch viel weniger, dass wir es direkt aus dem Mund des Papstes hören, unseres Seelsorgers, der uns unterstützt und ermutigt, die Erfahrung des Dienstes innerhalb der christlichen Gemeinschaft zu leben. Umso mehr in einer Gemeinschaft wie der Gefängnisgemeinschaft, die am Rande der Gesellschaft existiert.“
(vatican news – pr)
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