Papst: „Der Herr befreie uns davon, immer die Anderen zu beschuldigen"
Silvia Kritzenberger - Vatikanstadt
Den Ausgangspunkt für die Überlegungen des Papstes bildete die Stelle im Markusevangelium (Mk 7,2-5), in der sich die Schriftgelehrten und Pharisäer darüber empören, dass die Jünger Jesu beim Essen nicht die rituellen Waschungen einhalten. Durch dieses sture Beharren auf der Gesetzeseinhaltung verlieren sie freilich das Wesentliche aus den Augen, so Franziskus.
„Auch wir könnten uns fragen: Warum haben Jesus und seine Jünger diese Traditionen vernachlässigt? Schließlich sind Dinge wie das Händewaschen vor dem Essen keine schlechten Dinge, sondern gute rituelle Gewohnheiten. Warum also kümmert das Jesus nicht? Weil es ihm wichtig ist, den Glauben wieder in den Mittelpunkt zu stellen. Und weil er etwas vermeiden will, das für diese Schriftgelehrten ebenso gilt wie für uns: die Versuchung, äußere Formalitäten einzuhalten und dabei das an die zweite Stelle zu setzen, was das Herz des Glaubens ist,“ erklärte Franziskus und warnte vor der Schein-Religiosität jener, die darin besteht, „nach außen hin den Eindruck zu erwecken, gute Menschen zu sein, die Reinigung des Herzens aber zu vernachlässigen“.
Schuld sind immer die anderen...
„Nichts, was von außen in den Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen“ denn „von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken“, zitierte der Papst die Worte Jesu aus dem Markusevangelium und fuhr fort:
„Wir denken oft, dass das Böse vor allem von außen kommt: vom Verhalten der anderen, von denen, die schlecht über uns denken, von der Gesellschaft. Wie oft geben wir anderen, der Gesellschaft, der Welt, die Schuld an allem, was uns widerfährt! Schuld sind immer „die anderen“: die Menschen, die Regierenden, das Pech. Die Probleme scheinen immer von außen zu kommen. Und wir verbringen viel Zeit damit, anderen die Schuld an unserem Unglück zuzuweisen. Aber seine Zeit damit zu verbringen, andere zu beschuldigen, ist Zeitverschwendung.“
Statt immer nur mit dem Finger auf andere zu zeigen, sollten wir also lieber in uns gehen und uns von negativen Gefühlen wie Wut und Verbitterung befreien, die Gott die Tür zu unserem Herzen verschließe. „Bitten wir heute den Herrn, dass er uns davon befreie, dauernd die anderen zu beschuldigen", so der Papst.
„Bitten wir im Gebet um die Gnade, keine Zeit damit zu verschwenden, die Welt mit Klagen zu beschmutzen, denn das ist nicht christlich. Vielmehr lädt Jesus uns ein, das Leben und die Welt mit einem Blick zu betrachten, der aus dem Herzen kommt. Wenn wir in uns hineinsehen, werden wir dort fast alles finden, was wir außen verabscheuen. Und wenn wir Gott aufrichtig bitten, unsere Herzen zu reinigen, dann werden auch wir beginnen, die Welt sauberer zu gestalten. Denn es gibt einen unfehlbaren Weg, das Böse zu überwinden: damit anzufangen, es in sich selbst zu besiegen,“ so der abschließende Rat des Papstes.
Selbstanklage statt Fremdanklage
Franziskus riet zu einem Perspektivwechsel, einer Haltungsänderung: Statt andere zu beschuldigen, könne es helfen, eine innere Selbstanklage zu erheben. Genau diesen Weg zur Heiligkeit hätten die frühen Kirchenväter, die Mönche beschritten. „Es ist eine Weisheit: lernen, sich selbst anzuklagen. Probieren Sie es aus", riet der Papst: „Es wird Ihnen gut tun."
(vatican news)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.