Papst Franziskus trifft afghanische Flüchtlinge
Christine Seuss und Giampaolo Mattei - Vatikanstadt
Mit einem Ring und einer Tunika trat Pary Gul an diesem Mittwochmorgen vor den Papst. Den Ring wollte sie ihm - in Erinnerung an ihren vom Taliban-Terror „verschlungenen“ Ehemann – schenken, ebenso wie das Gewand, „das von einem Leben des Leidens erzählt“. Vor der Generalaudienz in der Aula Paul VI. nahm der Papst in dem Nebenraum, in dem er besondere Besucher am Rand der Generalaudienz empfängt, das Geschenk des Ringes unter einer Bedingung an: Pary Gul sollte ihn als Unterpfand der Freundschaft und als Zeichen der Hoffnung bei sich behalten.
Hoffnung ist für die afghanische Frau jedenfalls untrennbar mit ihren Kindern verbunden. Zwischen 25 und 14 Jahre sind sie alt, die Töchter Adila, Robina und Setara und ihr Sohn Nasim. Überhaupt war die Flucht aus Kabul nur dank der Mädchen möglich. Sie waren es, die mit ihren Smartphones SOS-Nachrichten abgesetzt hatten, nachdem ihr Vater nach dem Einmarsch der Taliban als Christ denunziert und verhaftet worden war. Bislang fehlt jede Spur von ihm.
Insgesamt drei christlichen Familien gelang die Flucht: 14 Menschen, davon sieben Minderjährige, die dem Papst jeweils eine selbst gefertigte Zeichnung mitbrachten. Der jüngste, Eliyas, ist erst ein Jahr alt und wurde bei seiner Ankunft in Italien wegen einer schweren Infektion ins Krankenhaus eingeliefert – nun geht es ihm aber wieder gut.
Als Christen denunziert und in Lebensgefahr
Die Geschichte, die die drei Familien dem Papst erzählten, drückt in ihrer schlichten Brutalität die aktuellen Zustände in Afghanistan aus, seit die Taliban in Kabul einmarschierten. „Mein Mann wurde erst entlassen und dann verhaftet, und seitdem haben wir nichts mehr von ihm gehört“, sagt die 57-jährige Pary Gul. „Wir haben uns vier Tage und Nächte lang im Keller eingesperrt, weil wir Angst hatten, verhaftet zu werden. Wahrscheinlich hat uns jemand denunziert, weil wir Christen sind“, erzählen sie.
Gholam und seiner Frau Fatima - beide 32 Jahre alt - gelang es ebenfalls, Kabul mit ihren Kindern Safa Marwah (9 Jahre alt) und Muhammad Yousouf (4 Jahre alt) zu verlassen. Auch Zamin (35) und Seema (34) hatten Glück, zusammen mit ihren Kindern Maryam (11), Ali Reza (8) und dem kleinen Eliyas.
Dank eines Solidaritätsnetzwerks - koordiniert von dem Schriftsteller Alì Ehsani, der vor Jahren aus Kabul floh, indem er sich unter einem Lastwagen versteckte und seinen Bruder auf dem Weg sterben sah - und der Stiftung Meet Human gelang ihnen die Flucht.
„Afghanische Geschwister“ ist der Slogan der humanitären Kampagne, die die Stiftung Meet Human in Zusammenarbeit mit italienischen zivilen und militärischen Einrichtungen in Afghanistan durchführen will. Eine Geschwisterlichkeit, die sofort in der konkreten Unterstützung der drei Familien beim Aufbau von Beziehungen, bei der Arbeitssuche und bei der Ausbildung Gestalt annimmt. Kurz gesagt: zurück ins Leben.
(osservatore romano/vatican news - cs)
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