Papst beim Angelus: Die Katechese im Wortlaut
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Das liturgische Tagesevangelium (Mk 9,30-37) erzählt uns, dass die Jünger Jesu auf dem Weg nach Jerusalem darüber diskutierten, wer „der Größte sei“ (V. 34). Da richtete Jesus einen nachdrücklichen Satz an sie, der auch für uns heute gilt: „Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein“ (V. 35). Mit diesem lapidaren Satz leitet der Herr einen Umschwung ein: Er wirft die Kriterien um, die bestimmen, was wirklich zählt.
Der Wert einer Person hängt nicht mehr von der Rolle ab, die sie spielt, vom Erfolg, den sie hat, von der Arbeit, die sie leistet, vom Geld auf der Bank; nein, die Größe und der Erfolg haben in den Augen Gottes einen anderen Maßstab:
Sie werden am Dienst gemessen. Nicht durch das, was man hat, sondern durch das, was man gibt. Du möchtest die erste Stelle einnehmen? Diene.
Heute scheint das Wort „Dienst“ ein wenig verblichen zu sein, abgenutzt durch den Gebrauch. Aber im Evangelium hat es eine präzise und konkrete Bedeutung. Dienen ist kein Ausdruck von Höflichkeit: Es bedeutet, zu tun, was Jesus getan hat, der sein Leben in wenigen Worten zusammengefasst hat und sagte, er sei „nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen“ (Mk 10,45). Wenn wir also Jesus nachfolgen wollen, müssen wir den Weg gehen, den er selbst vorgezeichnet hat, den Weg des Dienens. Unsere Treue zum Herrn hängt von unserer Bereitschaft zum Dienen ab. Das kostet, es „schmeckt nach Kreuz“. Aber während wir in unserer Sorge und Verfügbarkeit für die Anderen wachsen, werden wir innerlich freier und Jesus ähnlicher. Je mehr wir dienen, desto mehr spüren wir die Gegenwart Gottes. Vor allem, wenn wir denen dienen, die uns nichts zurückzugeben haben, den Armen, wenn wir uns ihrer Schwierigkeiten und Nöte mit zärtlichem Mitgefühl annehmen: Da entdecken wir, dass wir unsererseits von Gott geliebt und angenommen, umarmt werden.
Jesus vollzieht, genau um dies zu verdeutlichen, nachdem er vom Primat des Dienens gesprochen hat, eine Geste. Wir haben gesehen, dass die Gesten Jesu viel stärker sind als die Worte, die er benutzt. Er nimmt ein Kind und stellt es inmitten der Jünger, in die Mitte, an den wichtigsten Platz (vgl. V. 36). Das Kind im Evangelium symbolisiert nicht so sehr die Unschuld, sondern vielmehr die Kleinheit. Weil die Kleinen, wie die Kinder, von anderen, von den Großen abhängig sind, müssen sie empfangen werden. Jesus umarmt dieses Kind und sagt, dass wer ein Kind aufnimmt, Ihn aufnimmt (vgl. V. 37). Das sind die, denen zu dienen ist: diejenigen, die es nötig haben, zu empfangen, und die nichts haben, was sie zurückgeben können.
Indem wir diejenigen aufnehmen, die am Rande stehen, vernachlässigt sind, nehmen wir Jesus auf, denn Er ist dort. Und in einem kleinen Menschen, in einem Armen, dem wir dienen, empfangen auch wir die zärtliche Umarmung Gottes.
Liebe Brüder und Schwestern, vom Evangelium herausgefordert, stellen wir uns selbst die Frage: Ich, der ich Jesus nachfolge, kümmere ich mich um die, die am meisten vernachlässigt werden? Oder, wie die Jünger an jenem Tag, suche ich nach persönlicher Befriedigung? Verstehe ich das Leben als einen Wettbewerb, bei dem es darum geht, Platz für mich selbst zu schaffen auf Kosten anderer, oder glaube ich, dass die erste Stelle einzunehmen heißt, zu dienen? Und, ganz konkret: Widme ich meine Zeit einem „Kleinen“, einem Menschen, der nicht die Mittel hat, sich zu revanchieren? Kümmere ich mich um jemanden, der mir nichts zurückgeben kann, oder nur um meine Verwandten und Freunde? Das sind Fragen, die wir uns stellen können.
Möge die Jungfrau Maria, die demütige Dienerin des Herrn, uns helfen zu verstehen, dass das Dienen uns nicht klein macht, sondern uns wachsen lässt. Und dass Geben seliger ist als nehmen (vgl. Apg 20,35).
(vatican news)
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