Papst eröffnet Synodalen Prozess: Experten der Begegnung werden
Christine Seuss - Vatikanstadt
Auch auf diözesaner Ebene wird an diesem Wochenende der Konsultationsprozess eingeläutet, der bis zur Bischofssynode konkrete Erkenntnisse über die Realitäten in der Weltkirche zeitigen soll.
Bei der Messe im Petersdom waren die Vertreter anwesend, die von einzelnen Bischofskonferenzen zum Anstoß der Arbeiten nach Rom gesandt worden waren. In seiner Predigt betonte der Papst zum wiederholten Mal, dass es sich bei der Synode keineswegs um ein Parlament handele, sondern dass es darum gehe, „gemeinsam zu gehen“ und eine „Kirche des Zuhörens“ zu werden. Seine Überlegungen schlüsselte Franziskus – wie mittlerweile von ihm in jesuitischer Manier gewohnt - anhand dreier Verben auf: Begegnen, zuhören, unterscheiden.
„Verkörpern wir, die christliche Gemeinschaft, den Stil Gottes, der durch die Geschichte hindurchgeht und die Ereignisse der Menschheit teilt? Sind wir bereit, uns auf das Abenteuer des Weges einzulassen, oder flüchten wir uns aus Angst vor dem Unbekannten lieber in die Ausreden ,das ist nicht nötig‘ und ,das hat man schon immer so gemacht‘?“, so leitete Franziskus die Predigt mit einer Einladung zur kollektiven Gewissenserforschung ein.
Begegnen, zuhören, unterscheiden
Eine Synode abzuhalten bedeute, nach dem Beispiel Jesu „gemeinsam einen Weg zu beschreiten“, einander zu begegnen, zuzuhören und zu unterscheiden, so der Papst, der diese „drei Verben des synodalen Weges“ im Folgenden genauer erläuterte.
Jesus zeige sich bei den Begegnungen, die das Evangelium schildere, stets offen, nicht gleichgültig oder verärgert. Ihm sei bewusst, dass eine einzelne Begegnung „das Leben verändern“ könne, gab Franziskus zu bedenken.
Die Kunst der Begegnung
„Auch wir, die wir diesen synodalen Weg beginnen, sind aufgerufen, Experten in der Kunst der Begegnung zu werden. Es geht nicht darum, Veranstaltungen zu organisieren oder theoretische Überlegungen zu den Problemen anzustellen, sondern vor allem darum, uns Zeit zu nehmen, um dem Herrn zu begegnen und die Begegnung unter uns zu fördern.“ Dazu gehöre es auch, sich Zeit für das so „vernachlässigte Gebet“ zu nehmen, unterstrich Franziskus in diesem Zusammenhang. Jede Begegnung erfordere bekanntermaßen „Offenheit, Mut und die Bereitschaft, sich vom Gesicht und von der Geschichte des anderen herausfordern zu lassen“, so der Papst mit Blick auf die Versuchung, Beziehungen auf einer formalen Ebene zu belassen oder „Masken der Konvention“ zu tragen. Eine echte Begegnung verändere jedoch, zeige „neue Wege auf, die wir nicht für möglich gehalten hätten“: „Alles ändert sich, wenn wir zu echten Begegnungen mit ihm und untereinander fähig sind. Ohne Formalitäten, ohne Täuschung, ohne Schminke“.
Dann das zweite Verb: zuhören. Eine „echte Begegnung“ entstehe „nur durch Zuhören“, gab der Papst zu bedenken:
„Fragen wir uns ehrlich, auf diesem synodalen Weg: Wie halten wir es in der Kirche mit dem Zuhören? Wie steht es um das ,Hören‘ unseres Herzens? Erlauben wir den Menschen, sich zu äußern, im Glauben voranzuschreiten, auch wenn sie schwierige Lebenswege haben; zum Leben der Gemeinschaft beizutragen, ohne behindert, abgelehnt oder verurteilt zu werden?“ Vielleicht sei es eine „langsame“, bisweilen auch „mühsame Übung“, zu lernen, uns einander zuzuhören und dabei künstliche und oberflächliche Antworten zu vermeiden, so der Papst mit Blick auf die Kommunikation zwischen Bischöfen, Priestern, Ordensleuten und Laien: „Wir dürfen unsere Herzen nicht schalldicht machen, wir dürfen uns nicht hinter unseren Gewissheiten verbarrikadieren. Die Gewissheiten verschließen uns oft. Lasst uns gegenseitig zuhören“, so die eindringliche Bitte des Kirchenoberhauptes.
Uns leer machen, um zu verstehen, was Gott uns sagen will
Zuletzt das Verb „unterscheiden“. Denn die Begegnung und das einander Zuhören seien kein „Selbstzweck“, verwahrte sich der Papst gegen allzu einfache Fehlinterpretationen seiner Worte: „Im Gegenteil, wenn wir in den Dialog eintreten, stellen wir uns selbst in Frage, wir machen uns auf den Weg, und am Ende sind wir nicht mehr dieselben wie vorher, wir haben uns verändert.“ Dies zeige das Evangelium des heutigen Tages, in dem Jesus den Mann, der vor ihm steht, über die bloße Einhaltung der Gebote hinausführen wolle, erläuterte Franziskus. Dies sei auch für die Synode ein wertvoller Hinweis:
„Die Synode ist ein Weg der geistlichen Unterscheidung, die in der Anbetung, im Gebet und im Kontakt mit dem Wort Gottes stattfindet.“ Letztlich sei es das Wort, das uns die für die Unterscheidung öffne und den synodalen Weg so ausrichte, dass er keine „kirchliche convention“ sei, sondern „ein Ereignis der Gnade“ unter der Leitung des Heiligen Geistes: „In diesen Tagen ruft uns Jesus auf, so wie er es mit dem reichen Mann im Evangelium getan hat, uns leer zu machen, uns von dem zu befreien, was weltlich ist, und auch von unseren Verschlossenheiten und unseren sich wiederholenden pastoralen Modellen; uns zu fragen, was Gott uns in dieser Zeit sagen will und in welche Richtung er uns führen möchte.“
Wie der Papst während der Predigt außerdem ankündigte, wird er nach dem Angelusgebet an diesem Sonntag eine Gruppe von Menschen treffen, die auf der Straße leben. Zu Beginn der Messe hatte er sich kurz mit der Ordensfrau Gloria Cecilia Narvaez Argori unterhalten, die vor viereinhalb Jahren von Terroristen in Maili entführt worden war und erst vor wenigen Tagen endlich aus ihrer Gefangenschaft befreit werden konnte. Ihr Leidensgenosse Pater Maccalli sowie ein weiteres italienisches Entführungsopfer waren bereits im vergangenen Oktober befreit worden.
(vatican news)
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