Im Wortlaut: Ansprache von Papst Franziskus beim Angelus
Sämtliche Wortmeldungen des Heiligen Vaters im offiziellen deutschen Wortlaut werden auf der Vatikan-Internetseite veröffentlicht.
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Das Evangelium der heutigen Liturgie, des letzten Sonntags im liturgischen Jahr gipfelt in einer Aussage Jesu, der sagt: „Ich bin ein König“ (Joh 18,37). Er spricht diese Worte vor Pilatus aus, während die Menge danach schreit, ihn zum Tode zu verurteilen. Er sagt: „ Ich bin ein König" und die Menge verlangt das Todesurteil. Was ein Gegensatz. Die entscheidende Stunde ist gekommen. Zuvor scheint es, als wollte Jesus nicht, dass man ihn zum König ausruft: Wir erinnern uns an den Moment nach der Vermehrung der Brote und Fische, als er sich allein zum Beten zurückgezogen hatte (vgl. Joh 6,14-15).
Fakt ist, dass das Königtum Jesu sich deutlich vom weltlichen Königtum unterscheidet. „Mein Königtum“, sagt er zu Pilatus, „ist nicht von dieser Welt“ (Joh 18,36). Er ist nicht gekommen, um zu herrschen, sondern um zu dienen. Er kommt nicht mit Zeichen der Macht, sondern mit der Macht der Zeichen. Er ist nicht mit kostbaren Insignien bekleidet, sondern hängt nackt am Kreuz. Und gerade in der Inschrift am Kreuz wird Jesus als „König“ bezeichnet (vgl. Joh 19,19). Sein Königtum ist wahrlich jenseits der menschlichen Maßstäbe! Man könnte sagen, er ist nicht König wie andere, sondern er ist König für andere. Erinnern wir uns: Christus sagt, vor Pilatus, in dem Moment, dass er König ist, in welchem die Menge gegen Ihn ist, während sie auf Distanz gegangen war dazu, was sie vorher gesagt und getan hatte, als sie ihm folgte und ihn bejubelte. Jesus erweist sich so als souverän frei von dem Wunsch nach Ruhm und irdischer Ehre. Und wir – fragen wir uns – wissen wir, wie wir ihn darin nachahmen können? Wissen wir, wie wir unsere Neigung beherrschen können, ständig nachgefragt und anerkannt zu werden, oder tun wir alles, um von anderen geschätzt zu werden? Bei dem, was wir tun, insbesondere bei unserem christlichen Engagement, frage ich mich da: was zählt? Zählt da der Applaus oder der Dienst?
Jesus scheut nicht nur vor jedem Streben nach weltlicher Größe zurück, er macht auch die Herzen derer frei und souverän, die ihm folgen. Er, liebe Brüder und Schwestern, befreit uns von der Untertänigkeit unter das Böse. Sein Reich ist befreiend, es hat nichts Unterdrückendes an sich. Er behandelt jeden Jünger wie einen Freund, nicht wie einen Untertanen. Obwohl Christus über allen Herrschern steht, zieht er keine Trennlinien zwischen sich und den anderen, sondern wünscht sich Schwestern und Brüder zu haben, mit denen er seine Freude teilen kann (vgl. Joh 15,11). Wenn man ihm folgt, verliert man nichts - man verliert nichts -, sondern gewinnt an Würde. Denn Christus will keine Unterwürfigkeit um sich haben, sondern freie Menschen. Und – fragen wir uns nun – woher entspringt die Freiheit Jesu? Das entdecken wir, wenn wir auf seine Aussage vor Pilatus zurückschauen: „Ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege“ (Joh 18,37).
Die Freiheit Jesu kommt aus der Wahrheit. Es ist seine Wahrheit, die uns befreien wird (vgl. Joh 8,32). Aber die Wahrheit Jesu ist nicht eine Idee, etwas Abstraktes: Die Wahrheit Jesu ist eine Realität, Er selbst ist es, der die Wahrheit in uns schafft, der uns von den Fiktionen und Unwahrheiten befreit, die wir in uns tragen, von den Doppelzüngigkeiten. Wenn wir mit Jesus zusammen sind, werden wir wahrhaftig. Das Leben eines Christen ist kein Theaterstück, bei dem man die Maske tragen kann, die einem am besten passt. Denn wenn Jesus im Herzen regiert, befreit er es von Heuchelei, von Ausflüchten, von Doppelzüngigkeit. Der beste Beweis dafür, dass Christus unser König ist, ist die Loslösung von dem, was das Leben verunreinigt, es zweideutig, undurchsichtig und traurig macht. Wenn das Leben doppeldeutig ist - ein bisschen hier, ein bisschen da - ist das traurig, sehr traurig. Natürlich, mit unseren Grenzen und Schwächen müssen wir immer rechnen: Wir alle sind Sünder. Aber wenn man unter der Herrschaft Jesu lebt, wird man nicht korrupt, falsch oder geneigt, die Wahrheit zu verbergen. Man führt kein Doppelleben. Merkt euch das gut - Sünder ja, das sind wir alle, aber niemals korrupt, nie. Möge die Gottesmutter uns helfen, jeden Tag die Wahrheit Jesu, des Königs des Universums, zu suchen, der uns aus der irdischen Sklaverei befreit und uns lehrt, unsere Laster zu beherrschen.
(vatican news - mr/sst)
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