Papst: Zypern soll Baustelle für Frieden im Mittelmeerraum sein
Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt
Bei seiner Rede vor Vertretern aus Politik, Gesellschaft, Diplomatie und Vertreten der Religionen im Präsidentenpalast in Nikosia griff Papst Franziskus Themen seiner Begegnung mit Vertretern der katholischen Kirche Zyperns wieder auf. Vor Politikern und Diplomaten sprach er so etwa konkret die Teilung der Insel an:
„Aber die Wunde, die dieses Land am meisten schmerzt, ist der schreckliche Riss, unter dem es in den letzten Jahrzehnten leidet. Ich denke an den inneren Schmerz jener Menschen, die nicht in ihre Häuser und zu ihren Gebetsstätten zurückkehren können. Ich bete für Euren Frieden, für den Frieden der ganzen Insel, den ich ganz fest erhoffe. Der Weg zum Frieden, der Konflikte heilt und die Schönheit der Geschwisterlichkeit wiederherstellt, ist durch ein Wort gekennzeichnet: Dialog".
Die Republik Zypern ist seit 1974 geteilt. Nach jahrelangen, teils gewaltsamen Spannungen zwischen griechischen und türkischen Zyprern hatten türkische Truppen den Norden der Insel besetzt. Im November 1983 wurde dort von der Türkei die - international nicht anerkannte - „Türkische Republik Nordzypern" ausgerufen. Bisherige Verhandlungen griechisch-zyprischer und türkisch-zyprischer Seite scheiterten. Auch Präsident Nikos Anastasiadis hatte die Teilung in seiner Ansprache erwähnt. Der Weg zur Versöhnung sei freilich nicht leicht, räumte Franziskus ein. Schon mit kleinen Gesten könne jedoch der Weg für Frieden geebnet werden. Papst Franziskus wurde auch hier konkret.
Schutz und Förderung der Minderheiten
„Ich denke zum Beispiel an die Verpflichtung zu einer aufrichtigen Auseinandersetzung, die die Bedürfnisse der Bevölkerung in den Vordergrund stellt, an eine immer aktivere Beteiligung der internationalen Gemeinschaft, an die Bewahrung des religiösen und kulturellen Erbes, an die Rückgabe dessen, was den Menschen in diesem Bereich besonders am Herzen liegt, wie Orte oder zumindest heilige Kultgegenstände."
Der Papst warb zudem für den Schutz und die Förderung aller Mitglieder der Gesellschaft und - insbesondere derjenigen, die „statistisch gesehen in der Minderheit sind" - wie beispielsweise die Katholiken. Die meisten Christen leben seit der türkischen Besetzung des Nordens im Südteil der Insel. Dort sind mehr als 93 Prozent der rund 850.000 Einwohner orthodox - Katholiken und Anglikaner bilden eine kleine Minderheit. Franziskus erinnerte zugleich an die ersten Missionare, die Zypern besuchten - hier erwähnte er die Heiligen Paulus, Barnabas und Markus.
Der Papst weitete den Blick auch über die Zypern-Krise hinaus und betonte, dass er sich von seiner Pilgerreise erhoffe, dass sie „die frohe Botschaft im Zeichen der Seligpreisungen nach Europa bringen möge". Seine Ansprache vor Politikern und Diplomaten nutzte Franziskus auch, um erneut die Lage im Mittelmeer anzuprangern und für Solidarität und Frieden zu werben:
Franziskus' Vision für Zypern und Europa
„Das Mittelmeer, das heute leider ein Ort des Konflikts und der humanitären Tragödie ist, soll unser Bezugspunkt sein; in seiner tiefen Schönheit ist es das mare nostrum, das Meer aller Völker, die auf es blicken, um verbunden und nicht getrennt zu sein. Zypern, ein geografischer, historischer, kultureller und religiöser Kreuzungspunkt, hat diese Position, um Friedenstaten zu verwirklichen. Es soll eine offene Baustelle für den Frieden im Mittelmeerraum und auf dem Kontinent sein."
Auch Präsident Nikos Anastasiadis hatte zuvor auf die Flüchtlingsfrage hingeweisen und dem Papst für sein Engagement in dieser Sache sowie beim Umweltschutz gedankt. Papst Franziskus beschrieb Zypern in seiner Rede als eine „Perle im Mittelmeer" - die auch deshalb so schön sei, weil viele verschiedene Völker und Kulturen das Land bereicherten; explizit erwähnte er hier auch Einwanderer. Freilich, wie die Perle in der Auster komme diese Schönheit „unter schwierigen Umnständen" zum Vorschein - hier verwies Papst Franziskus auf die aktuelle Covid-19 Pandemie und mit ihr verbundene Schwierigkeiten wie ausbleibenden Tourismus, und verschärfte Wirtschafts- und Finanzkrisen.
Gerade in schwierigen Zeiten gelte es jedoch, Hass und Entmutigung nicht gewinnen zu lassen und stattdessen auf Hoffnung und Zusammenarbeit zu setzen:
„Der europäische Kontinent braucht Versöhnung und Einigkeit, er braucht Mut und Schwung, um voranzukommen. Denn die Mauern der Angst und die Vetos, die von nationalistischen Interessen diktiert werden, werden ihn nicht voranbringen, und auch der wirtschaftliche Aufschwung allein wird seine Sicherheit und Stabilität nicht garantieren."
Gerade in Zeiten, „die nicht günstig erscheinen und in denen der Dialog stockt, kann der Frieden vorbereitet werden" - bekräftigte Papst Franziskus am Donnerstagnachmittag in seiner Rede an Vertreter aus Politik, Gesellschaft, Diplomatie und Religionen. Zuvor hatte das Kirchenoberhaupt dem Staatspräsidenten der Republik Zypern den üblichen Höflichkeitsbesuch abgestattet. Die anschließende Ansprache im Präsidentenpalast in Nikosia beschloss den ersten Tag der Zypernreise von Papst Franziskus.
(vatican news - sst)
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