Papst Franziskus und das „Apostolat des Ohres“
Stefan von Kempis - Vatikanstadt
In dem Text zitiert der Papst auch den protestantischen Theologen und NS-Gegner Dietrich Bonhoeffer (1906-45) mit dem Satz: „Mit den Ohren Gottes sollen wir hören, damit wir mit dem Worte Gottes reden können“. Es ist nicht das erste Mal, dass Franziskus zeigt, wie sehr er das Denken Bonhoeffers schätzt. „Wer seinem Bruder nicht zuhören kann, der wird auch bald Gott nicht mehr zuhören können“, fährt der Papst fort.
„Das wichtigste Werk der Pastoral ist das Apostolat des Ohres“ – damit meint er: „Hören, bevor man spricht“. Das soll nach seinem Dafürhalten auch das Hauptmerkmal der von ihm angestoßenen Weltsynode werden. „Denn die Gemeinschaft ist nicht das Resultat von Strategien und Programmen, sondern sie ist aufgebaut auf das gegenseitige Zuhören unter Brüdern und Schwestern.“
„Mit dem Ohr des Herzens hören“
Der Titel der Botschaft – „Mit dem Ohr des Herzens hören“ – klingt wie aus dem „Kleinen Prinzen“ von Antoine de Saint-Exupéry entlehnt. Tatsächlich wirbt Franziskus beredt, und manchmal in nahezu poetischen Wendungen, um ein Ende des Monologisierens in Kirche und Gesellschaft. „Wir sind dabei“, so beklagt er, „die Fähigkeit zu verlieren, demjenigen zuzuhören, der vor uns steht, sowohl im normalen Verlauf der tagtäglichen Beziehungen als auch in den Debatten über die wichtigsten Themen des gemeinsamen Zusammenlebens“. Es gebe „eine innere Taubheit, die schlimmer ist als die des Sinnesorgans“.
Der Papst erinnert daran, dass das erste Gebot der Thora in der Bibel mit den Worten „Schma Jisrael – Höre, Israel!“ (Dt 6,4) anhebt. Hören entspreche dem „Stil Gottes“. Es sei „traurig, wenn sich auch in der Kirche ideologische Lager bilden, das Zuhören verschwindet und fruchtlose Opposition an seine Stelle tritt“.
Vor allem in Corona-Zeiten sei das genaue Zuhören wichtiger denn je. „So viel im Vorhinein aufgestautes Misstrauen gegenüber ‚offizieller Information‘ hat auch zu einer ‚Infodemie‘ geführt“, notiert Franziskus. Auch was das Phänomen der Zwangsmigration betreffe, bei dem niemand „ein fertiges Rezept für eine Lösung“ in der Hand habe, gilt aus seiner Sicht: „Hören wir diese Geschichten an! Anschließend wird jeder frei sein, die Migrationspolitik zu unterstützen, die er für sein Land für die geeignetste hält.“
Der 56. Welttag der sozialen Kommunikationsmittel, dem die Papst-Botschaft gilt, fällt dieses Jahr auf den 29. Mai.
(vatican news)
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