Generalaudienz: Die Katechese im Wortlaut
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Heute möchte ich mich auf den heiligen Josef als einen Mann, der träumt, konzentrieren. In der Bibel und in den Kulturen der alten Völker galten Träume als der Ort, an dem sich Gott offenbarte. Der Traum steht für unser spirituelles Leben; jenen inneren Raum, den zu pflegen und zu bewahren wir gerufen sind: den Ort, an dem Gott sich offenbart und zu uns spricht. Aber wir müssen auch sagen, dass in uns nicht nur die Stimme Gottes zu hören ist: Da gibt es noch viele andere Stimmen. Zum Beispiel die Stimme unserer Ängste, der Erfahrungen, die wir in der Vergangenheit gemacht haben und unserer Hoffnungen. Und es gibt auch die Stimme des Bösen, der uns täuschen und verwirren will. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns darauf verstehen, die Stimme Gottes von diesem Wirrwarr anderer Stimmen zu unterscheiden. Josef zeigt uns, dass er nicht nur in der Lage ist, die nötige Stille zu pflegen, sondern vor allem die richtigen Entscheidungen vor dem Wort zu treffen vermag, das der Herr innerlich an ihn richtet. Und so wollen wir heute auf die vier Träume Josefs eingehen, die uns das Evangelium vorlegt und die uns verstehen helfen, wie wir mit der Offenbarung Gottes umgehen können. Es sind vier Träume:
Im ersten Traum (vgl. Mt 1,18-25) hilft der Engel Josef, mit dem Drama umzugehen, vor dem er steht, als er von der Schwangerschaft Marias erfährt: „Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist. Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen.“ (V. 20-21). Und die Antwort Josefs bleibt nicht lange aus: „Als er erwachte, tat er, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich“ (V. 24). Das Leben stellt uns oft vor Situationen, die wir nicht verstehen und für die es keine Lösung zu geben scheint. In solchen Momenten zu beten bedeutet, dass wir uns vom Herrn zeigen lassen, was wir tun sollen. In der Tat ist es oft das Gebet, das uns den Ausweg weist. Es zeigt, wie wir ein Problem lösen können. Liebe Brüder und Schwestern, der Herr lässt kein Problem zu, ohne uns auch die Hilfe zu geben, die wir brauchen, um es zu bewältigen. Er lässt uns nicht im Stich; er wirft uns nicht den Bestien vor, sondern gibt uns für jedes Problem,die Hilfe, die wir brauchen.
Seinen zweiten aufschlussreichen Traum hat Josef, als das Leben des Jesuskindes in Gefahr ist. Die Botschaft ist klar: „Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und flieh nach Ägypten; dort bleibe, bis ich dir etwas anderes auftrage; denn Herodes wird das Kind suchen, um es zu töten“ (Mt 2,13). Josef gehorcht, ohne zu zögern: „Da stand Josef auf und floh in der Nacht mit dem Kind und dessen Mutter nach Ägypten. Dort blieb er bis zum Tod des Herodes“ (V. 14-15). Im Leben begegnen wir immer wieder Gefahren, die unsere Existenz oder die der Menschen bedrohen, die wir lieben. In solchen Situationen bedeutet Beten, auf die Stimme zu hören, die uns den Mut geben kann, mit dem Josef Schwierigkeiten anging, ohne zu resignieren.
In Ägypten wartet Josef auf ein Zeichen Gottes, dass er nach Hause zurückkehren kann; und genau das ist der Inhalt des dritten Traums. Der Engel offenbart ihm, dass jene, die dem Kind nach dem Leben trachteten, tot sind und befiehlt Josef, mit Maria und Jesus in seine Heimat zurückzukehren (vgl. Mt 2,19-20). Und da „stand Josef auf und zog mit dem Kind und dessen Mutter in das Land Israel“ (V. 21). Als er aber auf der Rückreise hörte, „dass in Judäa Archelaus anstelle seines Vaters Herodes regierte, fürchtete er sich, dorthin zu gehen“ (V. 22). Hier nun die vierte Offenbarung: „Und weil er im Traum einen Befehl erhalten hatte, zog er in das Gebiet von Galiläa und ließ sich in einer Stadt namens Nazaret nieder“ (V. 22-23). Auch die Angst ist Teil des Lebens, und auch sie braucht unser Gebet. Gott verspricht uns nicht, dass wir niemals Angst haben werden, aber wir können sicher sein, dass sie mit seiner Hilfe nicht das Kriterium für unsere Entscheidungen sein wird. Josef erfährt, wie sich Angst anfühlt, aber Gott lässt ihn in dieser Angst nicht allein. Die Kraft des Gebets bringt Licht auch in die dunkelsten Stunden unseres Lebens.
Ich denke in diesem Moment an die vielen Menschen, die von der Last des Lebens erdrückt werden und nicht mehr hoffen, nicht mehr beten können. Der heilige Josef helfe ihnen, sich dem Dialog mit Gott zu öffnen, um Licht, Kraft und Hilfe zu finden. Ich denke auch die Eltern, die Probleme mit ihren Kindern haben; Kinder, die krank sind, die unheilbare Krankheiten haben. Was für ein Schmerz ist das für die Eltern! Manche erleben, dass ihre Kinder eine andere sexuelle Orientierung haben und fragen sich, wie sie ihre Kinder begleiten können. Da sollte man keine verurteilende Haltung einnehmen. Ich denke an die Eltern, deren Kinder von Krankheiten dahingerafft werden - und ich denke auch an die vielen Nachrichten in den Zeitungen, in denen von Kindern und Jugendlichen berichtet wird, die vom rechten Weg abkommen, die Dummheiten begehen, vielleicht einen Autounfall haben. Ich denke an die Eltern, deren Kinder Schwierigkeiten in der Schule haben. Es gibt so viele Probleme, mit denen Eltern konfrontiert sind. Denken wir darüber nach, wie wir ihnen helfen können. Und ich sage diesen Eltern: lasst euch nicht erschrecken; es gibt viele Probleme, aber denkt immer an den Herrn. Denkt daran, wie Josef seine Probleme bewältigt hat und bittet ihn, euch zu helfen. Verurteilt eure Kinder nie! Als ich noch in Buenos Aires war und dort mit dem Bus gefahren bin, da fuhr die Buslinie eine Strecke, auf der wir bei einem Gefängnis vorbeifuhren. Da sah man immer eine Schlange von Leute stehen, die die Gefängnisinsassen besuchen wollten. Da waren viele Mütter. Und diese Mütter da zu sehen, das hat mich sehr berührt. Diese Mütter, deren Kinder vom rechten Weg abgekommen sind - und sie haben sie trotzdem nicht im Stich gelassen. Dieser Mut der Mütter und der Väter, die die Kinder immer begleiten, ganz gleich, was sie tun. Bitten wir dem Herrn, dass er allen Vätern und Müttern den Mut schenkt, den Josef hatte.
Das Gebet ist niemals eine abstrakte oder intime Geste, wie uns diese agnostische Bewegungen glauben machen wollen.; es ist immer untrennbar mit der Nächstenliebe verbunden. Nur wenn wir das Gebet mit der Liebe zu unserem Nächsten verbinden, können wir die Botschaften des Herrn verstehen. Josef hat gebetet, er hat gearbeitet und geliebt. Das sind drei sehr schöne Dinge, die auf alle Eltern zutreffen: beten, arbeiten und lieben. Und deshalb hat Josef immer das bekommen, was er brauchte, um die Prüfungen des Lebens zu bestehen. Vertrauen wir uns ihm und seiner Fürsprache an.
Heiliger Josef, Mann, der träumt,
lehre uns, das geistliche Leben wiederzuerlangen
als den inneren Ort, an dem Gott sich uns offenbart und uns rettet.
Lass uns nicht den Gedanken hegen, dass Beten nutzlos ist;
hilf uns, den Weisungen zu entsprechen, die der Herr uns gibt.
Lass unser Denken vom Licht des Heiligen Geistes durchdrungen sein,
lass unsere Herzen durch Seine Kraft ermutigt,
unsere Ängste durch seine Barmherzigkeit gerettet werden.
Amen.
(vatican news - übersetzung: silvia kritzenberger)
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