Papst trifft Blinde: „Nur wer mit dem Herzen schaut, sieht die Welt“
Mario Galgano – Vatikanstadt
Anlass der Audienz beim Papst war ihre Pilgerreise nach Rom. Und so ging der Papst in seiner Ansprache auf die Bedeutung des Treffens ein: Jesus lade uns ein, unsere Sichtweise auf die Menschen und die Dinge zu erneuern, erläuterte Franziskus den Gästen aus Frankreich.
Der Papst zitierte den französischen Autor Antoine de Saint-Exupéry, der in seinem Buch „Der kleine Prinz“ schrieb: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ „Gott bietet uns eine immer neue Sicht auf unsere Beziehungen zu anderen, insbesondere in der Familie, auf unsere menschliche Schwäche, auf Krankheit und Tod. Er lädt uns ein, all dies mit seinem Blick zu sehen!“, so der Papst. Der Glaube „reduziert sich nicht auf eine Reihe von theoretischen Überzeugungen, Traditionen und Bräuchen. Es ist ein Band und eine Reise in der Nachfolge Jesu, der unsere Sichtweise auf die Welt und unsere Brüder und Schwestern immer wieder erneuert.“
In der Bibel gebe es viele Stellen, in denen Blinde vorkommen. Viele betrachteten sie damals als „von Gott Bestrafte“ und grenzten sie aus. Dazu der Papst:
„In einer Kultur der Vorurteile lehnt Jesus diese Sichtweise radikal ab. Deshalb beteuert er vor den Jüngern, dass weder er noch sein Vater die Ursache für das Übel sind. Es ist ein Wort der Befreiung, der Annahme und der Erlösung. Leider sind wir heute daran gewöhnt, nur das Äußere der Dinge wahrzunehmen, den oberflächlichsten Aspekt. Unsere Kultur sagt, dass Menschen aufgrund ihrer körperlichen Erscheinung, ihrer Kleidung, ihrer schönen Häuser, ihrer Luxusautos, ihrer sozialen Stellung und ihres Reichtums Interesse verdienen.“
Mittelpunkt der Begegnung
Wie das Evangelium lehrt, können auch heute kranke oder behinderte Menschen im Mittelpunkt einer Begegnung stehen, und zwar der Begegnung mit Jesus, hob Franziskus hervor. Diese Begegnung führe zum Leben und zum Glauben und sei dazu imstande, geschwisterliche und solidarische Beziehungen in der Kirche und in der Gesellschaft aufzubauen.
Ein weiterer biblischer Aspekt über Blinde sei die Beschreibung, wie Jesus ihnen das Augenlicht schenke. Jesus nähere sich dem Blinden, „schmiert ihm Schlamm auf die Augen und schickt ihn zum Teich von Siloe“. Denn das Herz Jesu könne angesichts des Leidens nicht gleichgültig bleiben. „Wie viele verwundete Menschen, wie viele Brüder und Schwestern brauchen eine ausgestreckte Hand, um ihre Wunden zu heilen!“
Das Paradoxe dabei sei, dass der Blinde dank des wahren Lichts wieder sieht, während der Sehende blind vor Jesus bleibt. „Dieses Paradox zieht sich sehr oft durch unser eigenes Leben und unsere Art zu glauben“, stellte der Papst fest.
Die Entstehung
Die Vereinigung „Voir Ensemble“ – auf Deutsch: „gemeinsam Sehen“ – wurde 1927 von Pater Yves Mollat gegründet, der selbst blind war. Der katholische Verein wurde 1954 als gemeinnützig anerkannt und 2003 in „Voir Ensemble“ umbenannt. Er setzt sich für die Eingliederung und Förderung von blinden und sehbehinderten Menschen in der Gesellschaft ein.
(vatican news)
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