Papst: „Keine Automaten erziehen“
Anne Preckel - Vatikanstadt
Bei der Begegnung, die am frühen Mittwochmorgen vor der Generalaudienz stattfand, übergab Franziskus seinen vorbereiteten Redetext und wandte sich in freier Rede an die internationale Delegation. Dabei handelte es sich um Mitglieder des katholischen Bildungsprojektes „Global Researchers Advancing Catholic Education Project“ (G.R.A.C.E.), für das mehrere katholische Universitäten in Australien, Irland und den Vereinigten Staaten kooperieren.
Begleiten
Franziskus machte in seiner Ansprache deutlich, dass Bildung keine Indoktrinierung sein darf, sondern grundlegend mit einer „Hilfe beim Wachsen“ und beim Entfalten zu tun hat.
„Wir müssen mit dem Bild von Bildung brechen, demzufolge Bildung darin besteht, den Kopf mit Ideen zu füllen. Auf diese Weise erziehen wir Automaten, Kopffüssler, keine Menschen. Erziehen heißt, in der Spannung zwischen Kopf, Herz und Händen Risiken einzugehen: in Harmonie, bis zu dem Punkt, an dem ich denke, was ich fühle und tue; fühle, was ich denke und tue; tue, was ich fühle und denke. Es ist eine Harmonie.“
Keine Angst vor Fehlern
Erzieher sollten junge Leute begleiten und mit ihnen „gemeinsam gehen“, betonte der Papst, der selbst als Lehrer tätig gewesen war, das internationale Bildungsnetzwerk „Scholas Occurrentes“ ins Leben rief und einen globalen Bildungspakt lancierte. Beim Erziehen gehe es um Kohärenz und darum, die Realität zu sehen - dabei auch Widrigkeiten anzunehmen:
„Mädchen und Jungen haben das Recht, Fehler zu machen, aber der Erzieher begleitet sie auf dem Weg, diese Fehler so zu lenken, dass sie nicht gefährlich sind. Der wahre Erzieher hat keine Angst vor Fehlern, nein: er begleitet, nimmt sie an die Hand, hört zu, führt Gespräche. Er lässt sich nicht einschüchtern und wartet ab. Das ist menschliche Bildung.“
Dialog der Generationen
Drittens betonte der Papst, wie wesentlich der Dialog zwischen älteren und jungen Menschen ist. Wie bei einem Baum gehe es um „eine enge Beziehung zu den Wurzeln“, formulierte Franziskus:
„Nicht, um bei den Wurzeln zu bleiben, nein, sondern um mit den Wurzeln in Beziehung zu stehen. (…) Nur mit Wurzeln werden wir zu Menschen: nicht zu musealen Statuen, wie gewisse kalte, gestärkte, starre Traditionalisten, die meinen, für das Leben zu sorgen bedeute, an den Wurzeln zu leben. Wir brauchen diese Beziehung zu unseren Wurzeln, aber wir müssen auch vorwärts gehen.“
Tradition? Festigen und weitergehen
An dieser Stelle kam der Papst auf den Begriff „Tradition“ zu sprechen, den er dynamisch definiert: Es geht laut Franziskus nämlich darum, „aus der Vergangenheit zu lernen, um voranzukommen. Die Tradition ist nicht statisch, sondern dynamisch und zukunftsorientiert.“ Eine Erziehung in der Tradition habe deshalb auch das Ziel, zu wachsen, unterstrich der Papst, es geht um Festigung, Weiterentwicklung und Reifung.
Zu Beginn seiner Ansprache teilte der Papst eine Erinnerung mit seinen Gästen. Er habe einmal eine Zeit lang im irischen Dublin gelebt, um Englisch zu studieren. Er habe es aber vergessen, so Franziskus scherzhaft, und werde deshalb auf Italienisch sprechen, schickte Franziskus seiner frei gehaltenen Rede voraus.
Internationales Forschungsprojekt
Der Papst dankte dem internationalen Forschungsprojekt ausdrücklich für sein Wirken zur Verbesserung der katholischen Bildung weltweit und nannte diesen Einsatz „eine gute Sache“. Katholische Bildung diene stets dem größeren Ziel einer ganzheitlichen menschlichen Entwicklung und stehe im Dienste der Evangelisierung, hob er in seinem übergebenen Redetext weiter hervor.
Das Forschungsprojekt „Global Researchers Advancing Catholic Education“ (G.R.A.C.E.) ist eine Zusammenarbeit zwischen dem Boston College in den USA, der University of Notre Dame in Australien, dem Mary Immaculate College Limerick in Irland, der Saint Mary's University Twickenham in Großbritannien und dem Internationalen Büro für katholische Bildung in Rom.
(vatican news – pr)
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