Chrisammesse: Papst warnt Priester vor Weltlichkeit und Funktionalismus
Dabei benannte der Papst vor allem drei der verborgenen Götzen: geistige Weltlichkeit, der Primat für den Pragmatismus der Zahl und der Funktionalismus. Doch auch die Eitelkeit sprach Franziskus bei seiner Predigt mit deutlichen Worten an. Es gelte, sich stets aufs Neue der Gnade dessen bewusst zu werden, was es bedeute, Priester zu sein. In diesem Zusammenhang sei es ratsam, am Ende eines Tages ins Zwiegespräch mit dem Herrn einzutreten und „seinen gütigen Blick auszuhalten“, wandte sich Franziskus an die zahlreichen Priester, die an der Liturgie im Petersdom teilnahmen.
„Wenn wir den Herrn einen Blick auf unsere verborgenen Götzen werfen lassen – alle haben wir diese, alle! –, werden wir ihnen gegenüber erstarken und es nimmt ihnen die Macht. Der Blick des Herrn lässt uns erkennen, dass wir uns in ihnen in Wirklichkeit selbst verherrlichen, denn dort, in diesem Raum, den wir so leben, als wäre er ausschließlich unserer, mischt sich der Teufel ein und fügt ein überaus bösartiges Element hinzu: Er sorgt dafür, dass wir uns nicht nur an uns selbst ,erfreuen‘, indem wir einer Leidenschaft freien Lauf lassen oder eine andere pflegen, sondern er führt uns auch dazu, mit ihnen, mit diesen verborgenen Götzen, die Gegenwart der göttlichen Personen, des Vaters, des Sohnes und des Geistes, die in uns wohnen, zu ersetzen.“
Drei verborgene Götzendienste
Der Teufel nehme langsam und unauffällig von der Seele Besitz, so dass am Ende nicht einmal mehr „ein Winkel“ für Gott übrigbleibe, mahnte Franziskus. Ein Raum des verborgenen Götzendienstes öffne sich zunächst einmal dort, wo es eine „geistige Weltlichkeit“ gebe, so der Papst, der diese unter Bezugnahme auf eine seiner Tagesmeditationen in der Casa Sanctae Martae während der Coronazeit als „Lebensmodell“ und „Kultur des Vergänglichen“ bezeichnete. Ihr Kriterium sei der „Triumphalismus“, der allerdings ohne Kreuz auskomme: „Diese Versuchung einer Herrlichkeit ohne das Kreuz widerspricht der Person des Herrn, der sich in der Menschwerdung erniedrigt.“ Das „weltliche Streben nach eigenem Ruhm“ beraube uns letztlich der „Gegenwart des demütigen und erniedrigten Jesus“: „Ein verweltlichter Priester ist nichts anderes als ein klerikalisierter Heide“, so das Urteil des Papstes, dem er durch Wiederholung noch mehr Gewicht verlieh.
Ein weiterer Bereich des versteckten Götzendienstes entstehe hingegen dort, wo dem „Pragmatismus der Zahl der Primat“ gegeben werde, fuhr Franziskus fort. Diejenigen, die diesen „versteckten Götzendienst“ betrieben, seien „bekannt für ihre Vorliebe zu Statistiken“. Und was der Papst gegen Statistiken hatte, erläuterte er gleich anschließend. Denn diese seien in der Lage, „jede persönliche Eigenschaft in der Diskussion auszulöschen“ und der „Mehrheit den Vorrang zu geben“ , die schließlich „Kriterium der Unterscheidung“ werde, analysierte der Papst und kam zu einem deutlichen Schluss: „Dies kann weder die einzige Vorgehensweise noch das einzige Kriterium in der Kirche Christi sein.“ Denn diese „Faszination für die Zahlen“ diene letztlich vor allem der Suche nach sich selbst und der Kontrolle; eine Logik, die sich „nicht für die Gesichter der Menschen“ interessiere und auch nicht der „Logik der Liebe“ entspreche, gab Franziskus zu bedenken.
Einen dritten Bereich dieses „verborgenen Götzendienstes“ verortete der Papst in dem schon oft von ihm gescholtenen Funktionalismus, der mit der übermäßigen Liebe zu Statistiken und Zahlen in gewisser Weise verwandt sei. Dies sei ein „verführerischer Bereich“, in dem sich viele „mehr für den Fahrplan als für den Weg begeistern“, gab Franziskus zu bedenken. „Die funktionalistische Mentalität duldet das Mysterium nicht, sie zielt auf Effizienz. Dieses Idol ersetzt nach und nach die Gegenwart des Vaters in uns. Der erste Götze ersetzt die des Sohnes, der zweite Götze die des Geistes, und dieser hier die Gegenwart des Vaters.“ Der Schöpfergott lasse die Dinge schließlich nicht nur „funktionieren“, sondern er erschaffe sie „als Vater“, der sich um seine Geschöpfe kümmere, mit „Zärtlichkeit“, führte der Papst weiter aus.
„Der funktionalistisch denkende Priester hat seine eigene Nahrung, die sein Ego ist. Im Funktionalismus schieben wir die Anbetung des Vaters in den kleinen und großen Dingen unseres Lebens beiseite und gefallen uns in der Effizienz unserer Pläne: So wie David, als er sich, vom Satan versucht, darauf versteifte, die Volkszählung durchzuführen (vgl. 1 Chr 21,1).“
Insbesondere bei den beiden letztgenannten Räumen des verborgenen Götzendienstes werde die Hoffnung durch empirische Nachprüfungen ersetzt, was den Raum der Begegnung mit Gott schmälere. „Es ist eine Haltung der Eitelkeit des Hirten, eine Haltung, die die Einheit seines Volkes mit Gott auflöst und einen neuen Götzen formt, der auf Zahlen und Plänen beruht“, so Franziskus, der anmahnte, dass dies „der Treue unseres priesterlichen Bundes“ schaden und „unsere persönliche Beziehung zum Herrn abkühlen“ könnte.
„Liebe Brüder, Jesus ist der einzige Weg, um nicht in die Irre zu gehen und um zu erkennen, was wir fühlen und wohin uns unser Herz führt; er ist der einzige Weg, damit wir gut unterscheiden können, indem wir uns jeden Tag mit ihm auseinandersetzen, als ob er sich auch heute in unsere Pfarrkirche gesetzt und uns gesagt hätte, dass sich heute alles erfüllt hat, was wir gehört haben,“ wandte sich Franziskus an die Mitfeiernden.
Verborgene Götzen nicht wieder aufkeimen lassen
Jesus als Zeichen des Widerspruchs – denn auch Barmherzigkeit und „viel mehr noch die Zärtlichkeit“ seien Zeichen des Widerspruchs - helfe dabei, dass die verborgenen Götzen aufgedeckt und so auch zerstört werden könnten. „Und wir müssen uns an sie erinnern, wir müssen aufmerksam sein, damit das Unkraut dieser Götzen, das wir in den Falten unseres Herzens verstecken konnten, nicht wieder aufkeimt“, mahnte Franziskus, bevor er sich an „den heiligen Josef, den den keuschesten Vater ohne verborgene Götzen“ mit der Bitte wandte, „uns von jeglicher Habgier zu befreien“:
„Denn diese Habgier ist der fruchtbare Boden, auf dem diese Götzen wachsen. Und möge er uns auch die Gnade erwirken, in der beschwerlichen Aufgabe, diese Götzen zu erkennen, die wir so oft verbergen oder verstecken, nicht zu verzagen. Und wir bitten ihn auch, dass er dort, wo wir zweifeln, wie wir es besser machen können, für uns eintritt, damit der Geist unser Urteilsvermögen erleuchtet, so wie er das seine erleuchtet hat, als er versucht war, Maria „im Verborgenen“ (lathra) zu verlassen. So mögen wir edlen Herzens fähig sein, das, was wir durch das Gesetz gelernt haben, der Liebe zu unterstellen.“
Im Anschluss segnete der Papst die heiligen Öle, die im Lauf des Kirchenjahres Verwendung finden werden. Außerdem wurde jedem Priester, der an der Messfeier teilgenommen hatte, eine Ausgabe des im Vatikanverlag LEV erschienenen Büchleins Testimoni, non funzionari. Il sacerdote dentro il cambiamento d’epoca (auf Deutsch etwa Zeugen, nicht Funtionäre. Der Priester im Epochenwandel) überreicht. Verfasst hat das Werk, das den Gedankengang des Papstes mit biblischen und philosophischen Zitaten ausbuchstabiert, der Bischof von Ajaccio, François-Xavier Bustillo.
(vatican news - cs)
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