Papst am Pfingstsonntag: „Die Kirche kann man nicht programmieren“
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Wegen seiner anhaltenden Kniebeschwerden zelebrierte Franziskus nicht selbst; stattdessen leitete der emeritierte Kurienkardinal Giovanni Battista Ré die Messfeier. Der Papst nahm an ihr teil und hielt die Predigt, in der er den Heiligen Geist als „Motor unseres geistlichen Lebens“ bezeichnete.
„Der Heilige Geist ist konkret und nicht idealistisch: Er will, dass wir uns auf das Hier und Jetzt konzentrieren, denn der Ort, an dem wir uns befinden, und die Zeit, in der wir leben, sind die Orte der Gnade. Der Geist des Bösen hingegen will uns vom Hier und Jetzt ablenken, uns woanders hinführen: Er klammert sich oft an die Vergangenheit: an das Bedauern, an die Nostalgie, an das, was das Leben uns vorenthalten hat. Oder er projiziert uns in die Zukunft und nährt Ängste, Illusionen und falsche Hoffnungen. Der Heilige Geist tut das nicht, er bringt uns dazu, hier und jetzt zu lieben: nicht eine ideale Welt, eine ideale Kirche, sondern das, was da ist, im Licht der Sonne, in der Transparenz, in der Einfachheit. Wie anders als das Böse, das hinter dem Rücken Gerüchte, Klatsch und Tratsch schürt!“
„Keine Herde sein, die in einen Zaun eingezwängt ist, sondern eine offene Weide“
Der Geist bringe die Kirche zusammen und führe sie auf neue Wege, so Franziskus. Er lehre die Kirche das Hinausgehen zu den Menschen: „keine Herde zu sein, die in einen Zaun eingezwängt ist, sondern eine offene Weide, damit sich alle von der Schönheit Gottes nähren können; ein gastfreundliches Haus ohne trennende Mauern zu sein“.
Nicht wir selbst könnten die Kirche „verjüngen“ – das tue der Heilige Geist. „Denn die Kirche kann man nicht programmieren, und Modernisierungsprojekte sind nicht genug. Der Geist befreit uns von der Besessenheit auf Dringlichkeiten und lädt uns ein, alte und immer neue Wege zu gehen, die Wege des Zeugnisses, der Armut, der Mission, um uns von uns selbst zu befreien und uns in die Welt auszusenden.“
Franziskus zeichnete den Heiligen Geist (den Gian Lorenzo Bernini im berühmten Apsisfenster des Petersdoms in Gestalt einer Taube dargestellt hat) als ein liebevolles, lebendiges Gedächtnis Gottes.
„Wir haben seine Gegenwart in der Vergebung der Sünden erfahren, als wir von seinem Frieden, seiner Freiheit, seinem Trost erfüllt wurden. Es ist wichtig, diese geistige Erinnerung zu pflegen. Wir erinnern uns immer an die Dinge, die missglückt sind: Oft ertönt jene Stimme in uns, die uns an Scheitern und Unzulänglichkeiten erinnert, die uns sagt: ‚Siehst du, noch ein Sturz, noch eine Enttäuschung, du wirst es nie schaffen, du bist zu nichts fähig‘. Der Heilige Geist hingegen erinnert uns an etwas ganz anderes: ‚Du bist ein Sohn, du bist eine Tochter Gottes, du bist ein einzigartiges, auserwähltes, kostbares, ewig geliebtes Geschöpf: Auch wenn du das Vertrauen in dich selbst verloren hast, Gott vertraut dir!‘“
„Der Geist heilt Erinnerungen“
Der Heilige Geist lehre uns, „die Erinnerungen an Menschen und Situationen, die uns verletzt haben, nicht auszumerzen, sondern sie von seiner Gegenwart heimsuchen zu lassen“. So habe er es auch mit den Aposteln und ihrem Versagen in den Stunden der Kreuzigung Jesu gemacht.
„Der Geist heilt Erinnerungen. Wie tut er das? Indem wir das, was zählt, wieder an die Spitze der Liste stellen: die Erinnerung an Gottes Liebe, seinen Blick auf uns. So bringt er das Leben in Ordnung: Er lehrt uns, uns selbst anzunehmen, uns zu vergeben und uns mit der Vergangenheit zu versöhnen. Wieder neu anzufangen.“
(vatican news – sk)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.