Papst bei Messe in Edmonton: Nie Gewissen anderer unterdrücken
Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt
Versöhnung war bereits am Montag bei den Begegnungen Papst Franziskus` mit Indigenen Thema. Auch seine Predigt bei der Messe am Dienstagvormittag nutze Franziskus nun, um zumindest kurz noch einmal deutlich an das Leid der Indigenen zu erinnern - und daran, dass sich dies nie wiederholen dürfe. Unsere Vorfahren hätten sich eine bessere Welt gewünscht und dafür eingesetzt, daher seien die nachfolgenden Generationen verpflichtet, sich für eine bessere Zukunft stark zu machen, mahnte Franziskus :
„Eine Zukunft, in der ältere Menschen nicht beiseitegeschoben werden, weil sie funktional gesehen ,nicht mehr gebraucht werden`; eine Zukunft, in der der Wert eines Menschen nicht nur danach beurteilt wird, wie viel er produziert; eine Zukunft, in der diejenigen, die im fortgeschrittenen Alter mehr Zeit, Gehör und Aufmerksamkeit brauchen, nicht gleichgültig sind; eine Zukunft, in der sich die Geschichte der Gewalt und Ausgrenzung, die unsere indigenen Brüder und Schwestern erlitten haben, für niemanden wiederholt. Es ist eine Zukunft, die möglich ist", lautete der Appell des Papstes.
Rund 50.000 Teilnehmer
Zu der Freiluftmesse im Commonwealth Stadion waren laut Vatikan rund 50.000 Menschen gekommen. Papst Franziskus, der seine Predigt im Sitzen verlas, wirkte ernst. Er sprach wie üblich auf Spanisch, es folgte eine Übersetzung auf Englisch. Vielen Teilnehmern war während der Predigt ihr Schmerz und ihre Trauer anzusehen.
Schon die Großeltern Jesu, Anna und Joachim, an die die katholische Kirche am 26. Juli erinnert, hätten gelehrt, „dass Liebe niemals ein Zwang ist, dass sie den anderen niemals seiner inneren Freiheit beraubt", betonte der Papst außerdem in seiner Predigt. Er nahm an dieser Stelle alle Zuhörer und die ganze Kirche in die Pflicht:
„Lernen wir dies als Einzelne und als Kirche: Unterdrücken wir niemals das Gewissen der anderen, fesseln wir niemals die Freiheit unseres Gegenübers, und lassen wir es vor allem niemals an Liebe und Respekt für die Menschen fehlen, die uns vorausgegangen und uns anvertraut sind: Denn sie sind kostbare Schätze, die eine Geschichte hüten, die größer ist als sie selbst."
Handwerker einer neuen Geschichte sein
Der Papst würdigte in seiner Predigt auch erneut die Rolle der Großeltern bei der Glaubensvermittlung und rief zum Generationendialog auf. Ältere Menschen sind auch in vielen indigenen Kulturen wichtig. Franziskus rief dazu auf, für die Verstorbenen zu beten und mit ihnen verbunden zu sein. Es gelte, sich Zeit zu nehmen, um ihr Vermächtnis zu bewahren: „Im Nebel des Vergessens, der unsere hektische Zeit überfällt, Brüder und Schwestern, ist es wichtig, die Wurzeln zu pflegen. Es ist nötig, die Wurzeln zu pflegen. So wächst der Baum, so wird die Zukunft erbaut", erklärte der Papst. Für die Zukunft stellten die älteren Generationen übrigens allen eine wichtige Frage:
„Die Großeltern, von denen wir abstammen, die älteren Menschen, die geträumt, gehofft und sich für uns aufgeopfert haben, stellen uns eine grundlegende Frage: Welche Art von Gesellschaft wollt ihr, wollen wir, aufbauen? Wir haben so viel von denen erhalten, die uns vorangegangen sind: Was wollen wir unseren Nachkommen als Erbe hinterlassen? Einen lebendigen oder einen oberflächlichen, verwässerten Glauben, eine Gesellschaft, die auf individuellem Profit oder auf Geschwisterlichkeit basiert, eine Welt in Frieden oder im Krieg, eine verwüstete Schöpfung oder ein einladendes Zuhause?"
Für Papst Franziskus ist die Antwort und damit der Auftrag an alle klar: Immer wieder wirbt er für Frieden, Geschwisterlichkeit, Solidarität und Umweltschutz. Einer Kultur der „Rückwärtsgewandtheit“ als „egoistischem Zufluchtsort" erteilte der Papst hingegen erneut eine Absage; ebenso verurteilte er Karrierestreben. Das Leben messe sich nicht am Geld. Bei seiner Messe in Edmonton rief das Kirchenoberhaupt alle auf, „Handwerker einer neuen Geschichte, Hoffnungsträger, Erbauer der Zukunft, Friedensstifter“ zu sein. Mit Gottes Hilfe werde es auch gelingen, dass „die Verbindung zu denen, die uns vorausgegangen sind", nicht zerreiße:
„Jung und Alt, Großeltern und Enkel, gemeinsam. Schreiten wir gemeinsam voran, träumen wir gemeinsam und vergessen wir auch den Rat des Paulus an seinen Jünger Timotheus nicht: Gedenke deiner Großmutter und deiner Mutter" - mit diesem Appell beendete Franziskus seine Predigt am Dienstagvormittag (Ortszeit) im Commonwealth Stadion. Die Eucharistie hatte der Erzbischof von Edmonton zelebriert, Richard William Smith. Er verlas zum Ende der Messe ein Dankwort - dazu gab es tosenden Applaus.
Reise der Buße
Der Weg der Versöhnung mit den indigenen Kanadas steht im Zentrum der 6-tägigen Papst-Visite in Kanada. Franziskus hatte vorab von einer „Reise der Buße" gesprochen, um den Weg der Versöhnung zu unterstützen, den die katholische Kirche in Kanada zur Aufarbeitung des auch an kirchlichen Internaten begangenen Unrechts eingeschlagen hat.
(vatican news-sst)
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