Papst an neue Kardinäle: „Jesus fragt: Kann ich auf euch zählen?“
Christine Seuss - Vatikanstadt
Es war eine feierliche Zeremonie, in deren Rahmen an diesem Samstagnachmittag im Petersdom 20 Kirchenmänner in den Kardinalsstand erhoben wurden. Zu Beginn der Feier wandte sich stellvertretend für die neuen Kardinäle Arthur Roche an den Papst. Der Leiter des Liturgiedikasteriums - noch ohne Kardinalsbirett, aber bereits im Kardinalsornat - bekräftigte in seiner kurzen Ansprache den Willen der neuen Kardiäle, dem Papst dabei zu helfen, das Kreuz seines Dienstes „zu tragen“ und es „nicht schwerer zu machen“. Sie selbst zögen Kraft aus dem Zeugnis und dem Appell des Papstes an die gesamte Kirche, dem Herrn „mit größerer Treue“ zu dienen.
In seiner Predigt ging Franziskus von dem kurzen Passus des Lukasevangeliums aus, in dem Jesus verkündet, er wäre gekommen, um „Feuer auf die Erde zu werfen“ (vgl. Lk 12,49). Es gebe zwei Arten von Feuer, nämlich die „mächtige Flamme des Geistes Gottes“ die ein „verzehrendes Feuer“ sei (vgl. Dtn 4,24; Hebr 12,29) und das „Kohlefeuer“, wie es Jesus am See von Tiberias entzündet habe (vgl. Joh 21,9-14): ein Feuer, das nicht nur für die innige und berührende Vertrautheit mit dem Herrn selbst, für dessen demütige und sanfte Art, sondern auch für harmonische und uneigennützige Beziehungen unter den Menschen stehe, so der Papst. Zwei Bilder, die widersprüchlich scheinen, doch in denen Franziskus die Mission und den Dienst des Kardinals zusammenführt.
Der Ruf Jesu
Der Herr rufe sie mit den Worten aus dem Lukasevangelium dazu auf, ihm auf dem Weg seiner Sendung zu folgen, betonte Franziskus an die Adresse der neuen Kardinäle: „Eine ,feurige Mission‘ – wie die des Elias –, sowohl wegen dem, was er zu tun hatte, als auch wegen der Art und Weise, wie er es gemacht hat. Und für uns, die wir in der Kirche zu einem besonderen Dienst unter den Menschen berufen sind, ist es, als würde Jesus uns die brennende Fackel übergeben und sagen: Nehmt sie, ,wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch' (Joh 20,21).“
Ein zweifaches Feuer
Dieses Feuer, das auch dem Dienst der vielen Missionarinnen und Missionare innewohne, sei das Feuer, von dem Jesus sprach und das „der Heilige Geist auch in den Herzen, Händen und Füßen derer entzündet, die ihm folgen“, so der Papst weiter. Doch da gebe es auch das andere Feuer, das „Kohlefeuer“, drehte Franziskus seinen Gedankengang weiter. Dieses Feuer brenne „in besonderer Weise in der Anbetung“ vor der Eucharistie, doch auch im Dienst der Christen, die in der Welt, in den alltäglichen Begegnungen und Pflichten, dieses Feuer schürten, erinnerte Franziskus.
„Was sagt dieses zweifache Feuer Jesu speziell mir und euch?“, wandte sich Franziskus direkt an die neuen Kardinäle: „Es scheint mir, dass es uns daran erinnert, dass ein Mensch mit apostolischem Eifer vom Feuer des Geistes beseelt ist, um sich mutig um die großen wie um die kleinen Dinge zu kümmern, denn es gilt: „Non coerceri a maximo, contineri tamen a minimo, divinum est“ (Nicht vom Größten gedrängt zu werden, sondern vom Kleinsten eingenommen zu werden, ist göttlich).“
Ein Kardinal liebe die Kirche immer mit „demselben geistlichen Feuer“, ob er nun „mit großen oder kleinen Fragen“ befasst sei oder die „Großen“ oder die „Kleinen“ dieser Welt, die jedoch „vor Gott groß“ seien, treffe, so der Papst, der in diesem Zusammenhang mit Agostino Casaroli und François-Xavier Nguyên Van Thuân insbesondere zwei – mittlerweile verstorbene – Kardinäle hervorhob, die nicht nur an großen weltpolitischen Umwälzungen teilhatten, sondern dabei auch den Dienst an den Geringsten nicht vergaßen. „Das waren Männer, die keine Angst vor den Großen hatten“, würdigte Franziskus.
Nur Jesus kenne „das Geheimnis dieser demütigen Großherzigkeit, dieser sanften Kraft, dieser auf Details bedachten Universalität“, betonte Franziskus. Jesus rufe uns beim Namen, sehe uns in die Augen und frage: „Kann ich auf dich zählen?“, schloss er seine Predigt.
Gedanken an abwesenden Kardinal
Der neue Kardinal Richard Kuuia Baawobr, der eigentlich an der Versammlung hätte teilnehmen sollen, befinde sich derzeit wegen gesundheitlicher Schwierigkeiten im Krankenhaus, teilte der Papst mit der Bitte um Gebet für ihn anschließend noch mit (die Erhebung in den Kardinalsstand ist auch in Abwesenheit des Betreffenden gültig, Anm.). Danach begann der Ritus der Einsetzung der neuen Kardinäle, in dessen Verlauf jedem von ihnen nicht nur seine Titelkirche und der damit verbundene Kardinalsklasse, sondern auch die Kardinalsinsignien zugeteilt wurden.
Heiligsprechungen am 9. Oktober
Im weiteren Verlauf des Konsistoriums ging es auch um die Abstimmung für die Heiligsprechungen des italienischen Ordensgründers Giovanni Battista Scalabrini und des argentinischen Laien-Salesianers Artemide Zatti. Nach einer kurzen Vorstellung der Biographien durch den Präfekten des Dikasteriums für Selig- und Heiligsprechungsprozesse, Marcello Semeraro, und der Konsultation der anwesenden Kardinäle gab der Papst mit dem kommenden 9. Oktober auch das Datum für die Heiligsprechungen bekannt.
Internationales Kollegium
Es war das mittlerweile neunte Ordentliche Öffentliche Konsistorium, das Papst Franziskus während seines Pontifikates einberufen hat. In acht der Konsistorien hatte er auch neue Kardinäle erhoben – und damit das Kardinalskollegium deutlich internationaler und weniger europäisch gestaltet. Mehr als die Hälfte der Wähler in einem künftigen Konklave sind mittlerweile durch Franziskus ernannt worden. Auch bei diesem Konsistorium wurde die Internationalität der Kandidaten deutlich, allein vier Länder sind nunmehr neu im Kardinalskollegium vertreten. Drei der neuen Kardinäle stehen an der Spitze von Kurieneinrichtungen.
Nach dem Konsistorium vom 27. August 2022 besteht das Kardinalskollegium nun aus 226 Kardinälen, von denen 132 bei einem künftigen Konsistorium wahlberechtigt sind. Mit dem aktuellen Konsistorium hat Franziskus 20 neue Kardinäle kreiert, von denen 16 wahlberechtigt sind, während vier die Altersgrenze überschritten haben. Darunter sind sieben Ordensleute, von denen fünf Wähler und zwei Nichtwähler sind. Drei neue Ordensfamilien sind nun im Kardinalskollegium vertreten: die Kongregation von Jesus und Maria („Eudisten“), die Consolata-Missionare und die Legionäre Christi. Am zahlreichsten sind im Kollegium die Salesianer mit insgesamt zehn Kardinälen vertreten.
Vier neue Länder kommen mit diesem Samstag hinzu: die Mongolei, Paraguay, Singapur und Osttimor. Insgesamt sind 89 Länder vertreten.
Seit Beginn seines Pontifikats hat Franziskus 112 noch lebende Kardinäle ernannt.
(vatican news)
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