Papst würdigt Erdbebenopfer von L'Aquila: „Tod kann die Liebe nicht brechen“
Anne Preckel - Vatikanstadt
Erster Programmpunkt für Papst Franziskus in L’Aquila war am frühen Sonntagmorgen ein Besuch der Kathedrale der Stadt, zu der er sich direkt nach seiner Ankunft begab. Gläubige auf dem gut gefüllten Domplatz schwangen Vatikan-Fahnen und begrüßten Franziskus herzlich, der vom Rollstuhl aus lächelnd in die Menge winkte. „Die Welt braucht Frieden“ und „Vergebung ist ein Menschenrecht“ stand auf Bannern, die links und rechts der Tribüne angebracht waren, von der aus sich Franziskus an die Bevölkerung von L’Aquila wandte.
In seiner Ansprache an die Angehörigen der Erdbebenopfer, die Behörden und die Bevölkerung der Stadt würdigte Franziskus die Widerstandskraft der Menschen von L’Aquila. Sie mussten nach dem Erdbeben von 2009 „bei Null“ wieder anfangen und hatten unzählige Tote zu beklagen. Mit Zuneigung umarme er die ganze Stadt und Diözese von L’Aquila, wandte sich der Papst mit warmen Worten an seine Zuhörer, unter denen auch Häftlinge aus lokalen Haftanstalten waren.
Gedenken an die Toten
„Der Tod kann die Liebe nicht brechen“, machte Franziskus den Menschen Mut, die teils bis heute trauern. Er berichtete vom Zeugnis eines Vaters, der seine beiden Söhne im Teenageralter durch das Erdbeben verlor. „Der Schmerz bleibt“, so Franziskus einfühlend, „der Schmerz bleibt trotz schöner Worte. Worte helfen nicht, sondern Freundschaft, einander zu helfen als Geschwister – das hilft, weiterzugehen“.
Die Betroffenen des Erdbebens von 2009 hätten die Folgen des tragischen Ereignisses „mit großer Würde“ bewältigt, so der Papst. Franziskus dankte der Gemeinde für ihr Glaubenszeugnis, er lobte ihre „Widerstandskraft“ und würdigte die „mutige und geduldige Arbeit des Wiederaufbaus“, die staatliche wie zivile Institutionen in L’Aquila gemeinsam geleistet haben. Anerkennend äußerte er sich auch über Anstrengungen für das Gedenken und die Aufarbeitung des Traumas: So lobte er die „Sorgfalt“, mit der in L’Aquila auf dem Domplatz eine „Kapelle der Erinnerung“ als interreligiöser Gedenkort für die Erdbebenopfer und deren Familien eingerichtet worden war.
„Alles musste wieder aufgebaut werden: die Häuser, die Schulen, die Kirchen“, schilderte Franziskus das Ausmaß der Katastrophe, deren Spuren in L’Aquila immer noch sichtbar sind. „Aber, wie Sie wissen, geschieht dies zusammen mit dem geistigen, kulturellen und sozialen Wiederaufbau der bürgerlichen und kirchlichen Gemeinschaft. Die persönliche und kollektive Wiedergeburt ist ein Geschenk der Gnade und zugleich die Frucht des Engagements eines jeden Einzelnen. Es ist von grundlegender Bedeutung, die organische und synergetische Zusammenarbeit von Institutionen und Verbänden zu aktivieren und zu stärken: eine fleißige Übereinstimmung, ein weitsichtiges Engagement, denn wir arbeiten ja für unsere Kinder und Kindeskinder.“
Grußworte an Häftlinge
Würdigende Worte fand Franziskus für den Einsatz der Kirchen beim Wiederaufbau der Stadt – im materiellen wie im sozial-geistlichen Sinn: „Diese Steine sind mit dem Glauben und den Werten der Menschen durchdrungen; und die Tempel sind auch treibende Orte ihres Lebens, ihrer Hoffnung“, formulierte der Papst.
Dankesworte richtete der Papst außerdem an die Delegation von Häftlingen aus L’Aquila und der Region, die anlässlich der Papstreise zum Domplatz gekommen waren: „Auch in Ihnen sehe ich ein Zeichen der Hoffnung, denn auch in den Gefängnissen gibt es viele, zu viele Opfer. Sie sind heute hier ein Zeichen der Hoffnung für den menschlichen und sozialen Wiederaufbau. Ich danke Ihnen! Ich grüße Sie alle erneut und segne Sie, Ihre Familien und alle Bürgerinnen und Bürger herzlich. Jemonnanzi!“ – schloss der Papst im aquilanischen Dialekt, was in etwa heißt: „Gehen wir weiter!“
Papst-Helikopter im Nebel
Vor seiner Ansprache an die Bevölkerung stattete Franziskus der Kathedrale, die nach dem Erdbeben von 2009 immer noch für die Öffentlichkeit geschlossen ist, gemeinsam mit dem Hausherrn Kardinal Petrocchi einen privaten Besuch ab. Dabei trug er aus Sicherheitsgründen einen Schutzhelm. Auf dem Flug nach L’Aquila hatte der Papst-Helikopter übrigens mit dichtem Nebel zu kämpfen. Erst nach mehreren Versuchen konnte der Pilot sicher landen, wie Franziskus während seiner Tagesreise den Menschen erzählte.
Die Abruzzenstadt L´Aquila war am 6. April 2009 von einem schweren Erdbeben erschüttert worden. Bei diesem fünftschweren Erdbeben Italiens wurde die Innenstadt fast vollständig zerstört; 309 Menschen kamen ums Leben. Der Wiederaufbau verläuft schleppend und zieht sich bis heute hin. Auch 13 Jahre nach der Katastrophe sind noch nicht alle Schäden beseitigt. Ende April 2009 besuchte der damalige Papst Benedikt XVI. das Erdbebengebiet von L‘Aquila, um den Überlebenden Mut zuzusprechen. Auch Franziskus richtete in den vergangenen Jahren mehrmals aufmunternde Worte an die Bewohner der Region.
(vatican news – pr)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.