Seligsprechung in Rom: Das Lächeln, das die Güte des Herrn vermittelt

Im Rahmen einer feierlichen Messe hat Papst Franziskus diesen Sonntag Johannes Paul I. seliggesprochen: den Pontifex, der als „lächelnder Papst“ in die Geschichte eingegangen ist. In seiner Predigt würdigte ihn Franziskus als „sanftmütigen und demütigen Hirten nach dem Vorbild Jesu, der nie den eigenen Ruhm gesucht hat.“

Silvia Kritzenberger - Vatikanstadt

Mit seinem Lächeln sei es ihm gelungen, die Schönheit einer Kirche zu vermitteln, „die ihre Türen nie verschließt und keinen Groll hegt“, beschrieb der Pontifex seinen Vorgänger, der nur kurz im Licht der Weltöffentlichkeit gestanden hat.

Zum Nachhören - was der Papst bei der Seligsprechung predigte

Etwa 25.000 Gläubige, darunter zahlreiche Delegationen und der italienische Staatspräsident Sergio Mattarella, hatten sich auf dem Petersplatz eingefunden, als Franziskus den „33-Tage-Papst“ im Rahmen einer feierlichen Zeremonie in das Verzeichnis der Seligen aufnahm. Nach der Verkündigung der Seligsprechung wurde an der Fassade des Petersdoms ein überlebensgroßes Porträt des neuen Seligen enthüllt.

Ein Charisma, das die Welt eroberte...

Kardinal Albino Luciani, der 1978 die Nachfolge von Papst Paul VI. angetreten und mit seinem Charisma in wenige Tagen die Welt erobert hatte, saß nur ein knappes Monat auf dem Stuhl Petri. Er starb völlig überraschend im September 1978 – im Alter von nur 66 Jahren.

Eindrücke von der heiligen Messe an diesem Sonntag
Eindrücke von der heiligen Messe an diesem Sonntag

In seiner Predigt ging Franziskus von dem Passus im Lukasevangelium aus, in dem Jesus beschreibt, dass man nicht sein Jünger sein könne, wenn man ihn nicht mehr liebe als die, die einem nahestehen, wenn man nicht sein Kreuz trage und sich nicht von den irdischen Gütern löse (vgl. Lk 14,25).

„Man kann in der Tat aus verschiedenen Gründen dem Herrn folgen, und einige, das müssen wir anerkennen, sind weltlich,“ gab Franziskus zu bedenken. „Hinter einem perfekten religiösen Auftreten kann sich die bloße Befriedigung der eigenen Bedürfnisse verbergen, das Streben nach persönlichem Prestige, der Wunsch, eine bestimmte Rolle zu spielen, alles zu kontrollieren, die Lust, Räume zu besetzen und Privilegien zu erhalten, das Streben nach Anerkennung und vieles mehr. Das kann so weit gehen, dass man Gott für all das instrumentalisiert. Aber das ist nicht der Stil Jesu. Und das darf auch nicht der Stil des Jüngers und der Kirche sein.“

Dem Herrn nachzufolgen bedeute also nicht, „in einen Hofstaat aufgenommen zu werden oder an einem Triumphzug teilzunehmen, und es ist auch keine Lebensversicherung“, so Franziskus weiter. Und genau das habe Johannes Paul I. verstanden.

„Lieben, auch wenn es das Kreuz des Opfers, des Schweigens, des Unverständnisses und der der Einsamkeit kostet, auch wenn man behindert und verfolgt wird. Denn – so sagte Johannes Paul I. – wenn du den gekreuzigten Jesus küssen willst, ist das »nur möglich, wenn du dich über das Kreuz beugst und dich von den Dornen der Krone, die der Herr auf dem Haupt hat, stechen lässt« (Generalaudienz, 27. September 1978). Liebe bis zum Ende, mit all ihren Dornen: keine halben Sachen, keine Bequemlichkeiten oder ein ruhiges Leben,"  beschrieb Franziskus am Beispiel des neuen Seligen die wahre Nachfolge Christi.

Nein zum „Rosenwasser-Glauben“

Wenn wir uns nämlich nur mit einem „Rosenwasser-Glauben“ begnügten, dann würden wir – wie es Jesus beschreibe – zwar „das Fundament legen, den Bau aber nicht fertigstellen,“ so Franziskus weiter.

„Wenn wir aus Angst, uns selbst zu verlieren, darauf verzichten, uns hinzugeben, lassen wir die Dinge unvollendet: unsere Beziehungen, unsere Arbeit, die uns anvertraute Verantwortung, unsere Träume und selbst unseren Glauben. Und so leben wir am Ende nur halbherzig. So tun wir dann nie den entscheidenden Schritt, so starten wir nie richtig durch, so gehen wir für das Gute nie ein Risiko ein und setzen uns nie wirklich für andere ein. Jesus verlangt dies von uns: Lebe das Evangelium und du wirst wahrhaft leben, nicht halb, sondern ganz und gar. Ohne Kompromisse.“

Der neue Selige
Der neue Selige

Das habe uns Johannes Paul I. vorgelebt, betonte das Kirchenoberhaupt.

„So hat der neue Selige gelebt: in der Freude des Evangeliums, ohne Kompromisse, liebend bis zum Ende. Er verkörperte die Armut des Jüngers, die nicht nur darin besteht, sich von den materiellen Gütern zu lösen, sondern vor allem darin, der Versuchung zu widerstehen, sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen und den eigenen Ruhm zu suchen. Er war, ganz im Gegenteil, ein sanftmütiger und demütiger Hirte nach dem Vorbild Jesu. Er betrachtete sich selbst als den Staub, in den Gott schreiben wollte. Deshalb sagte er: »Der Herr hat so sehr empfohlen: Seid demütig. Auch wenn ihr Großes geleistet habt, sagt: wir sind unnütze Knechte«", zitierte Franziskus aus der Katechese von Johannes Paul I. bei der Generalaudienz vom 6. September 1978.

Mit seinem Lächeln sei es Johannes Paul I. gelungen, die Güte des Herrn zu vermitteln, würdigte Franziskus seinen Vorgänger auf dem Petrusstuhl:

„Schön ist eine Kirche mit einem heiteren, gelassenen und lächelnden Gesicht, die ihre Türen nie verschließt, die die Herzen nicht verbittert, die nicht jammert und keinen Groll hegt, die nicht zornig und unduldsam ist, die sich nicht mürrisch zeigt, die nicht an Nostalgie nach der Vergangenheit leidet. Bitten wir diesen unseren Vater und Bruder, dass er uns dieses „Lächeln der Seele“ erwirke; bitten wir mit seinen Worten um das, worum er selbst zu bitten pflegte: »Herr, nimm mich, wie ich bin, mit meinen Fehlern, mit meinen Mängeln, doch lass mich werden, wie du mich haben willst« (Generalaudienz, 13. September 1978).

Johannes Paul I. und die theologischen Tugenden

Die Reliquie, die Papst Franziskus bei der Seligsprechungszeremonie überreicht wurde, ist ein handschriftlicher Text von Albino Luciani - Johannes Paul I. -: eine Notiz auf weißem Papier aus dem Jahr 1956. Es handelt sich um den Entwurf für eine geistliche Reflexion über die drei theologischen Tugenden - Glaube, Hoffnung und Liebe -, der das Lehramt der Generalaudienzen vom 13., 20. und 27. September 1978 zusammenfasst. Es stammt aus dem "Privatarchiv Albino Luciani " und ist Eigentum der Vatikan-Stiftung Johannes Paul I.

Papst Franziskus küsst die Reliquie des neuen Seligen
Papst Franziskus küsst die Reliquie des neuen Seligen

Der Reliquienschrein (32 x 40 cm) wurde von dem Bildhauer Franco Murer hergestellt. Er besteht aus einem Steinsockel aus Canale d'Agordo, dem Geburtsort von Johannes Paul I. Darüber erhebt sich ein Kreuz, das in das Holz eines Walnussbaums geschnitzt wurde, der in der Nacht vom 29. auf den 30. Oktober 2018 durch den Sturm "Vaia" entwurzelt wurde. Die darauf angebrachte handschriftliche Inschrift ist in das christliche Symbol schlechthin eingebettet: das Kreuz Christi.

(vaticannews – skr)


 

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04. September 2022, 12:50