Papst an südamerikanische Seminaristen: Seelsorger, nicht Staatskleriker sein
Mario Galgano und Fausta Speranza - Vatikanstadt
Zunächst gab es eine Bitte des Papstes: „Wir bitten die Muttergottes von Guadalupe, uns auf dem Weg der ,Jüngerschaft - Apostolat' zu helfen, den sie uns mit ihrem Sohn gestaltet, uns auf diesem lebendigen Weg des ,Gehens und Zurückkehrens' zu begleiten, der von Jesus zu den Brüdern und Schwestern führt und mit den Brüdern und Schwestern zurückkehrt, um Jesus zu begegnen.“ Mit diesen Worten wandte sich Franziskus in seiner auf Spanisch gehaltenen Ansprache an die Gemeinschaft des Päpstlichen Lateinamerika-Kollegs, die er an diesem Montagvormittag in Audienz empfing.
Der Reichtum der Vielfalt
Papst Franziskus sprach von den Ausbildungsjahren am Kolleg als einer „Zeit der Gnade“, die der Herr gewähre, „um die Ausbildung zu vertiefen, nicht nur auf intellektueller und akademischer Ebene, sondern auch, um den Reichtum und die Vielfalt der Weltkirche zu erfahren“. Dies sei der wahre Reichtum, fügte er hinzu. Der Papst erinnerte insbesondere daran, dass dieser Reichtum und diese Vielfalt auch die Völker Lateinamerikas kennzeichneten, wohin auch die Absolventen des Kollegs zurückkehrten, um „Hirten der Herde“ zu sein, die die Kirche ihnen anvertraue. Der Papst sprach Klartext und betonte: „Seid Seelsorger für das Volk und nicht Staatskleriker!“
Das Beispiel der ersten Christen
Auch die ersten Christen stammten aus verschiedenen Völkern und Kulturen, erinnerte der Papst und betonte, dass es der Heilige Geist war, der auf sie herabkam und sie dazu brachte, „ein Herz und eine Seele“ zu haben (Apg 4,32), dieselbe Sprache - die Sprache der Liebe - zu sprechen und Jünger und Missionare Jesu bis an die Enden der Erde zu werden (vgl. Mt 28,19). Mit Blick auf den Apostel Andreas, dessen Liturgie am 30. November gefeiert wird, ging Franziskus auf zwei Begriffe ein: Jünger und Missionare:
„Lassen Sie Jesus bei jeder unserer Entscheidungen mitreden! Wir sind seine Diener, wir gehören zu ihm, und er hat uns berufen, bei ihm zu sein. Das ist es, was es bedeutet, seine Jünger zu sein.“
Die päpstliche Empfehlung
Der Aufruf des Papstes war präzise: „Vergesst nicht, eure Gedanken auf Gott zu richten“:
„Ruht euch eine Weile in seiner Gegenwart aus und erzählt ihm alles, was ihr erlebt habt. Achtet auf Gott, nicht auf euer Mobiltelefon. In der Gewissheit, dass der Herr weiß, was wir brauchen, und bei jeder Gelegenheit ein Wort für uns hat. Darum gilt: Achtet auf ihn, nicht auf den Bildschirm eines Mobiltelefons.“
Der Papst sprach abweichend vom Redemanuskript über die Herausforderungen für Priester:
„Es schmerzt mich sehr, wenn ich sehe, dass ein guter und fleißiger Priester müde wird und vergisst, den Tabernakel aufzusuchen, und sich stattdessen schlafen legt, weil er müde ist. Er hat recht, er muss schlafen, aber grüßt bitte den Herrn vorher. Seid nicht unhöflich... Oder wie oft kümmern wir uns stattdessen um den Bildschirm eines Mobiltelefons? Der Bildschirm des Mobiltelefons macht die Dinge für uns unübersichtlich. Bitte seid nicht süchtig nach dieser Welt der Flucht. Seid nicht süchtig. Es gibt verschiedene Passagen, die einem die Kraft rauben. Seid süchtig danach, Jesus zu begegnen. Er weiß, was wir brauchen und hat uns bei jeder Gelegenheit etwas zu sagen.“
Nein zur geistlichen Weltlichkeit
Franziskus mahnte auch an, „niemals über die Seelsorge zu verhandeln“:
„Seid Hirten des Volkes Gottes, keine Staatskleriker. Verfallt nicht dem Klerikalismus, der eine der schlimmsten Perversionen ist. Seid sehr vorsichtig, Klerikalismus ist eine Form der geistlichen Weltlichkeit. Klerikalismus ist deformierend, er ist korrupt, und er führt zu einer Korruption, einer gestärkten Korruption, mit der Nase in der Luft, die einen vom Land trennt, die einen das Land vergessen lässt, aus dem man kommt... Paulus sagte zu Timotheus: ,Erinnere dich an deine Mutter und Großmutter´, das heißt, geh zurück zu deinen Wurzeln, vergiss deine Mutter und Großmutter nicht. Ich sage dies ebenfalls zu jedem von euch. Geht zurück zu der Herde, von der wir stammen.“
Wenn man sich von den Menschen entferne, so der Papst, bestehe die Gefahr, dass man in die „Krankheit des Klerikalismus“ verfalle:
„Seelsorger des Volkes, nicht Kleriker des Staates. Bittet um die Gnade, immer vor, mitten unter und hinter den Menschen zu sein, mit den Menschen, die Jesus euch anvertraut hat.“
Das Fest des Heiligen Andreas
Anlässlich des bevorstehenden Festes des Heiligen Andreas am 30. November erinnerte der Papst daran, dass Andreas einer der ersten Jünger Jesu war, und betonte, dass er „angesichts seines Wunsches“ zu erfahren, wer der Meister war, und angesichts seiner Aufforderung ,Komm und sieh', dorthin ging, sah, wo er lebte, und an diesem Tag bei ihm blieb. „Dort änderte sich sein Leben radikal“, so der Papst. Eine Begegnung mit dem Herrn müsse man täglich erneuern:
„Teilen wir sein Wort, bleiben wir in der Stille vor ihm, um zu sehen, was er zu uns sagt, was er tut, wie er fühlt, wie er schweigt, wie er liebt. Lassen wir das ,Wort´ in unser Leben eindringen und, wenn ihr mir das Bild erlaubt, lasst es sich in uns und durch uns ,konjugieren´. Hindern wir ihn nicht daran, höchstpersönlich durch unseren Dienst zu wirken.“
(vatican news)
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