Papst Franziskus: Keine Weiheämter für Frauen
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Auf die Frage, was er denn einer Frau sagen würde, die in sich die Berufung zum Priesteramt spüre, sagte der Papst in dem ausführlichen Interview für das jesuitische America Magazine: „Das ist ein theologisches Problem. Ich glaube, wir amputieren das Sein der Kirche, wenn wir nur auf den Weg der Ämter schauen. Der Weg ist nicht nur derjenige der Ämter.“
In der Kirche gebe es sowohl das petrinische als auch das marianische Prinzip, so Franziskus; die Weiheämter hingen mit dem petrinischen Prinzip zusammen, Frauen hingegen seien dem marianischen Prinzip zugeordnet, das „noch wichtiger“ sei. „Die Kirche ist Frau. Die Kirche ist Braut. Darum muss die Würde der Frau auf dieser Linie widergespiegelt werden.“
„Dass Frauen kein Weiheamt haben dürfen, nimmt ihnen nichts weg“
Der hl. Papst Johannes Paul II. hatte 1994 festgehalten, „dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben“. Das kirchliche Reformprojekt „Synodaler Weg“ der katholischen Kirche in Deutschland ruft den Vatikan hingegen dazu auf, diese Entscheidung zu überdenken, und tritt für eine allmähliche Öffnung von Weiheämtern für Frauen ein.
Der Papst führt aus, die Kirche habe leider dabei versagt, die theologischen Gründe für den Ausschluss von Frauen vom Weiheamt zu erklären. „Dass Frauen nicht in das Ämterleben eintreten dürfen, nimmt ihnen nichts weg, nein. Dein Ort ist ein viel wichtigerer – das ist es, was wir noch nicht hinreichend erklärt haben, die Katechese über die Frau auf der Linie des marianischen Prinzips“.
„Marianisches Prinzip noch nicht hinreichend erklärt“
In dem Interview mit dem von Jesuiten herausgegebenen US-Magazin weist Franziskus noch auf einen „dritten Weg“ hin, nämlich „den administrativen“. Dieser sei „nicht theologisch“, und in diesem Bereich müsse Frauen seiner Überzeugung nach „mehr Platz“ gegeben werden. „Hier im Vatikan funktionieren die Orte, an die wir Frauen berufen haben, besser“, äußerte er mit Verweis auf den Wirtschaftsrat. Fünf der sechs Laien des Rates seien Frauen, „und das ist eine Revolution“.
China: „Das Problem ist nicht sprechen oder schweigen“
Das Interview dreht sich auch um eine Reihe weiterer Themen. Unter anderem verteidigt Franziskus seine Chinapolitik gegen den Vorwurf, er zahle für sein Zugehen auf die Pekinger Regierung einen hohen Preis, weil er zum Thema Menschenrechte zum Schweigen verurteilt sei. „Das Problem ist nicht sprechen oder schweigen“, so der Papst, „das ist nicht die Realität. Die Realität heißt: in einen Dialog eintreten oder nicht.“ Er habe sich, was China angehe, „für den Weg des Dialogs entschieden“. „Er ist langsam, er hat seine Momente des Scheiterns und des Erfolgs, aber einen anderen Weg sehe ich nicht.“ In seiner Ostpolitik orientiere er sich an Kardinal Agostino Casaroli, dem historischen Architekten vatikanischer Ostpolitik unter Paul VI. und Johannes Paul II.
Ukraine-Krieg: „Alle kennen meine Haltung, mit oder ohne Putin“
Ausführlich erläutert der Papst gegenüber der „America“-Redaktion auch seine Haltung zum Ukraine-Krieg. Dabei sagt er deutlich wie nie zuvor: „Natürlich ist derjenige, der die Invasion durchführt, der russische Staat, das ist ganz klar“. Er versuche manchmal, „nicht zu spezifisch zu werden, um niemanden vor den Kopf zu stoßen und eine eher allgemeine Verurteilung zu äußern, aber man weiß ganz genau, wen ich da verurteile“. Es sei „nicht nötig, Vor- und Nachnamen zu nennen“. Wer ihm vorwerfe, „nicht von Putin zu reden“, kralle sich „an ein Detail“. „Alle wissen, wie meine Haltung ist, mit oder ohne Putin, auch ohne ihn zu nennen.“
Der Heilige Stuhl suche angesichts des Ukraine-Kriegs „nach Frieden und nach einer Verständigung“, er sei „selbstverständlich immer zu einer Vermittlung bereit“. Franziskus fährt fort: „Und meine Arbeit besteht im Allgemeinen darin, Listen von Gefangenen – ob Zivilisten oder Militärs – entgegenzunehmen und sie an die russische Regierung zu übermitteln. Und die Antwort war immer sehr positiv.“ Immer wieder ist es in den letzten Monaten zum Austausch von Gefangenen zwischen Russen und Ukrainern gekommen; über eine Rolle des Vatikan bei diesen Kontakten ist öffentlich aber nichts bekannt.
„Polarisierung ist nicht katholisch“
Außerdem verurteilt Papst Franziskus in dem Interview Rassismus als eine „Sünde gegen Gott“, spricht sich gegen eine „soziopolitische Reduktion der Botschaft des Evangeliums“ aus und betont, die Kirche sei im Umgang mit Missbrauchsfällen zur Transparenz verpflichtet – das gelte nicht nur bei Priestern, sondern auch bei Bischöfen. Deutlich warnt er vor einer Polarisierung innerhalb der Kirche: „Polarisierung ist nicht katholisch. Ein Katholik denkt nicht in der Kategorie entweder-oder; die Essenz des Katholischen ist das sowohl-als auch.“
„Thema Abtreibung gehört nicht in den Parteienstreit“
Auffallend vorsichtig nimmt der Papst Stellung zum Thema Abtreibung, das in den USA die Gesellschaft und auch die Kirche in zwei Lager spaltet. Es sei nicht „gerecht, ein menschliches Leben zu eliminieren, um ein Problem zu lösen“; schwierig werde es allerdings, „wenn sich diese Realität, dass da ein menschliches Leben getötet wird, in ein politisches Problem verwandelt, oder wenn ein Hirte der Kirche in ein politisches Kategorisieren eintritt“. Franziskus wörtlich: „Jedes Mal, wenn ein Thema an Pastoralität einbüßt, wird es zu einem politischen Problem, wird es mehr politisch als pastoral. Wir sollten nicht zulassen, dass jemand sich dieses universellen Themas bemächtigt – es gehört nicht der einen oder anderen Partei, es ist universell.“
„Jesus hat keine Bischofskonferenz geschaffen“
Auf die Frage, ob die US-Bischofskonferenz recht daran tue, den Kampf gegen Abtreibung als Priorität Nummer eins zu bezeichnen, versetzt der Papst, das sei „ein Problem der Bischofskonferenz“, das sie „intern lösen“ müsse. „Was mich interessiert, ist die Beziehung des Bischofs zum Volk – das ist das Sakramentale. Das andere ist organisatorisch, und Bischofskonferenzen irren manchmal auch.“ Diese Unterscheidung führt Franziskus an anderer Stelle des Interviews aus. Bischofskonferenzen seien oft Schauplatz für den „Kampf von Tendenzen, rechts gegen links“, trügen aber nicht „eine Verantwortung aus Fleisch und Blut“, wie der Bischof sie als „Hirte seines Volkes“ trage. „Jesus hat keine Bischofskonferenz geschaffen, Jesus hat die Bischöfe geschaffen, und jeder Bischof ist der Hirte seines Volkes.“
(vatican news)
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