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Papst: „Frieden zwischen Kyiv und Moskau ist möglich“

Der Heilige Stuhl ist nach Angaben von Papst Franziskus unablässig am Werk, um angesichts des Ukraine-Kriegs einen „Hoffnungsschimmer zu bringen, der zu einem echten Waffenstillstand und echten Verhandlungen führen kann“. In einem Interview mit der Turiner Tageszeitung La Stampa betonte er, die Kirche sei „den humanitären Bedürfnissen eines Volkes“ nahe, und er trage das Leiden der Ukrainer „im Herzen“.

Mario Galgano - Vatikanstadt

Zunächst geht der Papst in dem Gespräch auf seinen bevorstehenden Besuch im norditalienischen Asti ein. Dort wird er an diesem Wochenende „erstmals als Papst“ wieder mit seiner Familie zusammentreffen und den 90. Geburtstag seiner Kusine Carla Rabezzana feiern. Sie seien während des Zweiten Weltkriegs Kinder gewesen, und junge Erwachsene in den dunklen Jahren des Kalten Krieges. Nun erlebten sie den „Dritten Weltkrieg“ im hohen Alter, und vor allem stünden sie mit einer neuen nuklearen Bedrohung gegenüber: „Das ist absurd. Und es löst besondere Wut und Traurigkeit aus, wenn man erkennt, dass hinter all diesen Tragödien die Gier nach Macht und der Waffenhandel stehen“, so der Papst dazu.

„Mir wurde gesagt, dass der Hunger in der Welt verschwinden würde, wenn innerhalb eines Jahres keine Waffen mehr hergestellt und verkauft würden. Stattdessen überwiegt immer das zerstörerische Handeln, die zu Kriegen führt“. Wenn Imperien schwächelten, versuchten sie, Krieg zu führen, um sich stark zu fühlen und auch, um Waffen zu verkaufen, so die geopolitische Analyse des Papstes. „In einem Jahrhundert drei Weltkriege! Und wir lernen nicht!“ Dabei würde es aus seiner Sicht genügen, auf den Friedhof von Anzio in der Nähe von Rom zu gehen und an das Alter der dort Begrabenen zu denken. Damit erinnerte der Papst an seinen Besuch auf dem Militärfriedhof vor fünf Jahren.

Papst Franziskus am Donnerstag mit Erzbischof Mokrzycki von Lemberg (Ukraine)
Papst Franziskus am Donnerstag mit Erzbischof Mokrzycki von Lemberg (Ukraine)
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„In einem Jahrhundert drei Weltkriege! Und wir lernen nicht!“

„Ich ging dorthin und weinte vor dem Grab jener US-amerikanischen Jungen, die im Alter von zwanzig Jahren bei der Landung in Anzio gefallen sind.... Und mein Herz weinte auch in Redipuglia. Mein Großvater hat den Krieg bei Piave mitgemacht und mir erzählt, was dort passiert war. Und wie ich schon sagte: die Landung in der Normandie... es war der Beginn des Untergangs des Nationalsozialismus, das ist wahr... aber wie viele sehr junge Menschen wurden am Strand zurückgelassen und erschossen? Man sagt 30.000.... Wir lernen nicht...“

Diplomatische Bemühungen

Zu den diplomatischen Bemühungen des Vatikans erläuterte der Papst, dass man die Entwicklung der Lage in der Ukraine und Russland aufmerksam verfolge. Bereits auf dem Rückflug aus Bahrain hatte Franziskus geäußert, das vatikanische Staatssekretariat arbeite jeden Tag mit Hochdruck daran, jede Hypothese zu prüfen und jede Möglichkeit zu bewerten, „die zu einem echten Waffenstillstand und echten Verhandlungen“ führen könnte. In der Zwischenzeit engagiere sich der Vatikan für die humanitäre Hilfe für die Menschen in der gequälten Ukraine, deren Leid er im Herzen trage. „Und dann versuchen wir, ein Beziehungsnetz aufzubauen, das eine Annäherung zwischen den Parteien begünstigt, um Lösungen zu finden. Außerdem tut der Heilige Stuhl, was er tun muss, um den Gefangenen zu helfen“, erinnert der Papst.

Papst Franziskus letztes Jahr bei einem Besuch auf dem französischen Militärfriedhof von Rom
Papst Franziskus letztes Jahr bei einem Besuch auf dem französischen Militärfriedhof von Rom

Der Vatikan sei auch bereit, die Rolle des Friedensvermittlers zu übernehmen und mögliche Verhandlungen zu führen: „Wie wir seit Monaten bekräftigt haben und wie Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin mehrfach erklärt hat, ist der Heilige Stuhl bereit, alles zu tun, um zu vermitteln und den Konflikt in der Ukraine zu beenden“, stellte er klar.

Hoffnung auf Versöhnung

Die Hoffnung, dass es irgendwann einmal zu einer Versöhnung zwischen Russland und der Ukraine kommen könne, habe er allemal. Man dürfe nicht resignieren, Frieden sei möglich. „Aber jeder muss daran arbeiten, die Herzen zu entmilitarisieren, angefangen bei seinem eigenen, und dann die Gewalt entschärfen, abrüsten. Wir müssen alle Pazifisten sein. Wir wollen Frieden und nicht nur einen Waffenstillstand, der nur der Wiederaufrüstung dient. Echter Frieden, der die Frucht des Dialogs ist. Er wird nicht mit Waffen erreicht, denn sie besiegen nicht den Hass und das Streben nach Herrschaft, die wieder auftauchen werden, vielleicht auf andere Weise, aber sie werden wieder auftauchen“, so die Botschaft des Papstes.

Mit Blick auf einen Austausch mit der neuen italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sagte der Papst, er werde sie ausgehend vom Welttag der Armen vom vergangenen Sonntag „wie alle Regierenden in allen Ländern“ darum bitten, die Letzten nicht zu vergessen.

(la stampa)

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18. November 2022, 10:24