Papst in TV-Interview: Öffnet euer Herz zu Weihnachten
Christine Seuss - Vatikanstadt
Doch auch um die durch ihn angestoßenen Reformen und die Schrecknisse des Krieges ging es in dem Interview mit dem italienischen Journalisten Fabio Marchese Ragona, das in der Papstresidenz Santa Marta aufgezeichnet und am Sonntagabend über den Privatsender ausgestrahlt wurde, der zum Berlusconi-Medienimperium Mediaset gehört.
Thema Weihnachten
Überschrieben ist das Interview mit den Worten: „Weihnachten, wie ich es mir wünsche – Papst Franziskus spricht“. Und um Weihnachten geht es auch in langen Strecken in dem Gespräch, darunter auch die Weihnachten, das Jorge Mario Bergoglio in seiner Familie verbrachte. Dort habe es in der Weihnachtszeit eine einfache Krippe gegeben, mit Gipsfiguren, aber hübsch hergerichtet und mit etwas Gras für die Kamele versehen, berichtet Franziskus. Am schönsten sei es gewesen, nach der mitternächtlichen Christmette nach Hause zu kommen und das Jesuskind in die Krippe zu legen. „Eine sehr einfache Sache, wir waren eine sehr einfache Familie, wir waren nicht reich.“
Weihnachten sei für sie mit der Krippe verbunden gewesen, einen Weihnachtsbaum habe es daheim nicht gegeben, so der argentinische Papst, der den Wunsch ausspricht, dass alle das Kind und den Stern ansehen sollten: „Ein Kind mehr ist eine Hoffnung. Er hat die Hoffnung gebracht, aber er ist so geboren worden: arm, verfolgt, er musste fliehen. Ein Kind ohne den Stern geht nicht, ein Stern ohne Kind geht nicht. Beide sind die Weihnachtsbotschaft heute.“
Mit Blick auf den immer noch andauernden Krieg in der Ukraine erinnert Papst Franziskus daran, dass es auf der Welt zahlreiche Konflikte gibt und gab, die ihn dazu bewogen hatten, von einem „Dritten Weltkrieg in Stücken“ zu reden. „Die Welt ist im Krieg“, so die bittere Bestandsaufnahme des Kirchenoberhauptes. Er habe geweint angesichts des jugendlichen Alters vieler Soldaten, die in den verschiedenen Kriegen gefallen sind, erinnert Franziskus. „Es fehlt uns heute, über diese Grausamkeiten zu weinen.“
Der Wahnsinn des Krieges, Bruder gegen Bruder, zeitige mittlerweile seine Folgen für ganz Europa, so der Papst mit Blick auf die exponentielle Verteuerung von Energie, die zahlreiche Familien in eine schwierige Situation bringt. Viele Menschen begännen nun am eigenen Leib zu verstehen, was es bedeute, Hunger zu leiden. In diesem Zusammenhang appellierte Franziskus erneut, die Menschen nicht zu vergessen, die in Not sind, und sich solidarisch mit ihnen zu zeigen: „Das Schlimmste, was uns passieren kann, ist wegzusehen. Bitte bemesst die Ausgaben für Weihnachten, bemesst sie. Das ist ein trauriges Weihnachten, ein Kriegsweihnachten. Es gibt Menschen, die an Hunger sterben. Bitte habt ein großes Herz und kauft nicht ein, als wäre alles normal.“ Es sei auch Aufgabe der Journalisten, den Menschen diese Realität vor Augen zu führen und zu verhindern, dass die Kultur der Gleichgültigkeit überhand gewinne.
Korruption schlimmer als andere Sünden
Empört zeigte sich Franziskus mit Blick auf Korruptionsskandale wie diejenigen, der derzeit das Europäische Parlament erschüttert. Zwar seien alle Sünder, er selbst eingeschlossen, räumte der Papst ein. Aber man dürfe sich nicht bestechen lassen, betonte er energisch: „Hier gleitet man von der Sünde in die Verdorbenheit ab, deshalb dürfen wir das nicht tolerieren. Angesichts der vielen Dinge, die Europa braucht: Warum driften diese Leute in der Politik so in die Verdorbenheit ab? (…) Sünder ja, aber verdorben, nein. (…) Das ist schlimmer, denn die Verdorbenheit lässt deine Seele verfaulen.“
Mehr Kinder, weniger Egoismus
Lobende Worte fand Franziskus in dem Interview für Frankreich, das mit geeigneten Maßnahmen dafür gesorgt habe, dass die Geburtenrate wieder ansteige. Dies brauche es auch für Italien, unterstrich Franziskus, der sich bereits des Öfteren besorgt über den „demographischen Winter“ in den europäischen Ländern gezeigt hatte. Dazu gehöre es, ein sicheres Arbeitsumfeld für werdende Mütter zu schaffen, allerdings müsse man auch den eigenen Egoismus überwinden, mahnte der Papst mit Blick auf Menschen, die lieber in sicherem Wohlstand lebten, als Kinder zu bekommen: „Ich sage, Italiener, bitte, bekommt Kinder. Die Heimat braucht Kinder, bitte. Weniger Egoismus“, so der Appell des Kirchenoberhauptes.
Die noble Wirkung von Sport
Als das Interview aufgezeichnet wurde, war Argentinien noch nicht Fußball-Weltmeister – doch Franziskus nutzte die Frage des Journalisten nach einem Wunsch für den Gewinner des Turniers, dass dieser seinen großen Moment mit Demut leben solle. Ebenso sollten die Verlierer sich darauf besinnen, dass nicht der Sieg, sondern das faire Spiel zähle, so Franziskus, der nach eigener Aussage Fußballfan ist – und bei zahlreichen Gelegenheiten auf die erzieherische Wirkung von Sport hinweist. „Sport veredelt dich, und er veredelt dich auch, wenn mit einem Ball aus Lumpen gespielt wird. Wir müssen den Sportsgeist wachsen lassen und ich wünsche mir, dass diese Weltmeisterschaft dabei hilft, den Sportsgeist wieder zu finden, der dich veredelt.“
Aufräumen in Finanzangelegenheiten
Mit Blick auf die Reformen in den nunmehr fast zehn Jahren seines Pontifikates hob Franziskus die Anstrengungen hervor, mit denen die finanziellen Angelegenheiten des Vatikans stärkerer Kontrolle und Transparenz unterworfen werden sollten. Dabei sei er dank der Hilfe der ihn beratenden Kardinäle vorangekommen. Doch auch die bestmöglich organisierte Kurie, Pfarrei oder Diözese nütze nichts, wenn diese nicht mit Gebet und dem Geist der Mission und der Verkündigung des Evangeliums belebt sei, unterstrich der Papst.
Ein besonderes Lob hatte Franziskus für den ehemaligen Präfekten des Wirtschaftssekretariates, George Pell. Der Kardinal sei der erste gewesen, der die Notwendigkeit der tiefgreifenden Änderungen gesehen und in die Hand genommen habe, bevor er in den Missbrauchs-Prozess in Australien verwickelt worden sei, an dessen Ende ein Freispruch stand. „Er ist ein großer Mann und wir verdanken ihm viel", sagte der Papst.
Die Zärtlichkeit der Älteren und der Kinder
Wenn er ein krankes Kind sehe, das vielleicht sterben werde, dann berühre ihn das stark, gesteht Franziskus außerdem ein. Ihm bereite es große Freude, Kinder und alte Menschen zu berühren: „Alte Menschen zu streicheln und Kinder zu streicheln. Die Zärtlichkeit der alten Menschen und die Zärtlichkeit der Kinder.“
(vatican news)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.