Papst Franziskus bekräftigt Vorrang der Evangelisierung
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Auch mit seiner Kurienreform, die im Juni letzten Jahres in einem neuen vatikanischen Grundgesetz gipfelte, hat der Papst den Primat der Evangelisierung betont – vor allem dadurch, dass er den Papst auch zum obersten Evangelisierungs-Verantwortlichen des Heiligen Stuhls gemacht hat. Ein beispielloser Vorgang in der Kirchengeschichte.
„Alles in der Kirche muss sich an den Erfordernissen der Verkündigung des Evangeliums ausrichten! Nicht an den Meinungen der Konservativen oder Progressiven, sondern an der Frage, wie Jesus das Leben der Menschen erreicht. Deshalb ist jede Entscheidung, jede Form, jede Struktur und jede Tradition danach zu bewerten, ob sie der Verkündigung Christi förderlich sind. Und wenn es Spaltungen gibt in der Kirche, zum Beispiel ideologische - ich bin konservativ, ich progressiv ... Wo ist da der Heilige Geist? Achtung, das Evangelium ist keine Ideologie.“
„Leidenschaft für Evangelisierung“
Schon die Programmschrift von Franziskus nach seinem Amtsantritt vor zehn Jahren, Evangelii gaudium, drehte sich um die Verkündigung des Evangeliums. Jetzt referiert der Papst auch bei seinen regelmäßigen Mittwochsaudienzen über dieses Thema. An diesem Mittwoch sprach er von der „Leidenschaft für Evangelisierung“: Es gehe nicht ums Indoktrinieren, sondern darum, allen die „Freude der Gegenwart Gottes“ zu vermitteln.
„Motor“ der Evangelisierung sei der Heilige Geist. Das sei zum Beispiel beim Apostelkonzil in Jerusalem deutlich geworden, von dem die Apostelgeschichte des Neuen Testaments berichtet.
„Die Apostel hätten damals einen guten Kompromiss zwischen Tradition und Innovation suchen können: einige Regeln einhalten, andere weglassen. Doch die Apostel folgen nicht dieser menschlichen Weisheit, um ein diplomatisches Gleichgewicht zu finden - nein, sie passen sich dem Wirken des Geistes an… Gemeinsam, ohne sich zu trennen, auch wenn sie unterschiedliche Empfindlichkeiten und Meinungen haben, hören sie auf den Geist… So macht der Geist den Weg der Kirche hell. Er ist nicht nur das Licht der Herzen, sondern auch das Licht, das der Kirche Orientierung gibt…“
Nein zu sterilen Debatten und Polarisierungen
Franziskus ermunterte dazu, den Heiligen Geist oft anzurufen und um Erleuchtung zu bitten – erst recht in der jetzt startenden Fastenzeit.
„Denn als Kirche können wir gut geordnete Zeiten und Räume, gut organisierte Gemeinschaften, Institute und Bewegungen haben, aber ohne den Geist bleibt alles seelenlos. Organisation reicht nicht. Es ist der Geist, der der Kirche Leben gibt. Wenn die Kirche nicht zu ihm betet und ihn nicht anruft, verschließt sie sich in sterilen und erschöpfenden Debatten, in ermüdenden Polarisierungen, während die Flamme der Mission erlischt. Es ist sehr traurig die Kirche zu sehen, als wäre sie nur ein Parlament. Die Kirche ist etwas anderes. Sie ist eine Gemeinschaft von Männern und Frauen, die in Jesus Christus glauben und ihn verkündigen, und zwar indem sie vom Heiligen Geist geleitet werden, nicht von ihren eigenen Gedanken. Ja, es wird Vernunft gebraucht, aber der Heilige Geist erleuchtet und bewegt diese. Der Geist hingegen lässt uns hinausgehen, drängt uns, den Glauben zu verkünden…“
Diesmal keine Kritik am „Synodalen Weg“
Der Papst sah diesmal davon ab, den „Synodalen Weg“ der katholischen Kirche in Deutschland zu kritisieren, wie er es in solchen Zusammenhängen wiederholt getan hat. Der deutsche Reformdialog erscheint ihm als ein „Elitenprojekt“, in dem das Element der Evangelisierung zu stark vernachlässigt wird.
„Liebe Brüder und Schwestern, lassen Sie uns als Kirche vom Heiligen Geist ausgehen und neu beginnen! Es ist zweifellos wichtig, dass wir bei unserer pastoralen Planung von soziologischen Erhebungen, Analysen, Listen von Schwierigkeiten, Listen von Erwartungen und Beschwerden ausgehen. Aber viel wichtiger ist es, von den Erfahrungen des Geistes auszugehen: das ist der eigentliche Ausgangspunkt.“
Das war ein Zitat aus einem Buch des Mailänder Jesuiten-Kardinals Carlo Maria Martini (1927-2012) – aber es hätte auch von Franziskus selbst sein können. Der Papst hält es für entscheidend, dass die Kirche beim Vorangehen offen bleibt für das „Licht des Geistes“.
„Fragen wir uns, ob wir uns für dieses Licht öffnen, ob wir ihm Raum geben: Rufe ich den Geist an? ... Lasse ich mich von ihm leiten, der mich einlädt, mich nicht zu verschließen, sondern Jesus zu bringen?“
(vatican news)
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