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Papst: Der harte Krieg hat Kindern das Lächeln genommen

Franziskus hat in einem TV-Interview auf die aktuellen Ereignisse in der Kirche und in der Welt reagiert. Er prangerte das „große Geschäft“ mit den Waffen an und forderte einen „engagierten Einsatz“, um die Armut und den Hunger in der Welt zu bekämpfen. Das Gespräch auf dem italienischen Sender „Canale5“ führte der in Italien bekannte Gefängnisseelsorger Don Davide Banzato.

Mario Galgano und Salvatore Cernuzio - Vatikanstadt

Zehn Fragen, um den roten Faden von zehn Jahren Pontifikat erkenntlich zu machen, aber auch, um die Wunden der Welt zu betrachten, angefangen mit dem „erbitterten Krieg“, der so vielen Kindern das Lächeln geraubt hat: so kann man das an diesem Samstagvormittag ausgestrahlte Papst-Interview am besten umschreiben. Es ging auch um die Ängste des menschlichen Herzens, die zu einer gefährlichen „Krankheit“ führen: das Festhalten an den „Schwierigkeiten“ des Lebens und an den „schlechten Dingen“.

Zum Nachhören - was der Papst sagte

Franziskus stand im Dialog mit Don Davide Banzato, Priester der Gemeinschaft Nuovi Orizzonti und bekannt aus der TV-Sendung „I Viaggi del cuore“ (zu Deutsch: „Die Reisen des Herzens“). Und gerade in der Sondersendung an diesem Samstag auf „Canale5“, dem größten Privatsender Italiens, war Papst Franziskus der Protagonist dieses Interviews in der Casa Santa Marta. Es sei, wie Don Banzato erklärte, „spontan und unerwartet entstanden“. Es sollte eigentlich eine Video-Grußbotschaft an die Crew, die Autoren, die Regisseure und den Produzenten sein, wurde aber stattdessen zu einem echten Interview, das zum Teil auf „Canale5“ ausgestrahlt wurde. Es wird in seiner Gesamtheit in einem Buch veröffentlicht, das am 21. Februar vom italienischen Buchverlag Piemme herausgegeben wird und den Titel „Cerca il tuo orizzonte“ („Such deinen Horizont“). „Steh auf und fang heute neu an“, fügte der Autor Banzato als Untertitel an.

Hänge dich nicht an schlechte Dinge

Das Interview begann mit einem Punkt, der dem Papst sehr am Herzen liegt, nämlich dem der Erinnerung. „Eine Gnade“, sagte er, „ist die Pflege des Gedächtnisses.... Die Gnade der Erinnerung führt uns zu den Wurzeln unserer Aktualität. Ich denke an meine Persönlichkeit, die im Begriff ist, das Ende des Lebens zu erreiche, und doch vor Kurzem das gesucht hat, von wo aus diese meine Persönlichkeit gewachsen ist...“, fügte er hinzu und erinnerte dabei an seine Verwandten im Piemont, die er im November 2022 persönlich besucht hat. „Es gibt bedeutende Orte der Erinnerung, Menschen, die unser Leben geprägt haben. Es ist gut, zu reisen“, so der Papst. Bei dieser Reise in die Erinnerung und zu den Wurzeln gebe es jedoch „eine Gefahr“, warnte Franziskus: „Wir alle haben im Leben schlechte Dinge erlebt, Dinge, die uns leiden ließen, und dann gibt es eine Krankheit, sich an die Misserfolge des Lebens zu klammern: Nein, das tut weh. Das sind die schlimmen Dinge, ja, aber erinnern wir uns an sie, danken wir dem Herrn, dass er uns geholfen hat, da herauszukommen, aber versetzen wir uns nicht in diese Lage, denn das ist eine Krankheit. Es ist wie eine Anhaftung an Misserfolge, an schlechte Dinge.“

Ein Moment der menschlichen Verzweiflung

In unserer Zeit geschehen schlimme Dinge, stellte Franziskus fest. Wir kämen von einer Pandemie, die „uns geschwächt hat“, und jetzt herrsche Krieg: „Ein Krieg, der heftig ist“ und „eine Wirtschafts- und Finanzkrise“ verursacht habe. „Heute wissen die Menschen, vor allem in Europa, nicht, wie sie zum Beispiel den Strom bezahlen sollen. Sie werden viel sparen müssen“, so der Papst. „Es ist ein schlimmer Moment, es ist ein Moment der menschlichen Verzweiflung. Die Toten und Verwundeten (die aus dem Krieg kommen, Anm. d. Red.)... Man sieht die Toten, die vor dem Tod gefoltert werden, die Fotos sind schrecklich.“

Der Papst im Gespräch mit Don Davide Banzato
Der Papst im Gespräch mit Don Davide Banzato

Das Lächeln der Kinder

Die Sorge des Papstes gelte deshalb vor allem den Kindern: „Sie haben vergessen zu lachen... Viele Kinder sind hierhergekommen, viele aus der Ukraine, sie lachen nicht... Sie sind lieb, ja, aber sie lachen nicht, das haben sie verloren. Ich habe die Kinder besucht, die im Kinderkrankenhaus Bambino Gesù waren, Ukrainer, Verwundete, keiner hatte ein Lächeln.“ Für Franziskus bedeute dies eine Tragödie, wenn man einem Kind das Lächeln nehme. Und diese Tragödie kennzeichne unsere Zeit, fügte er an: „Eine Zeit, in der das größte Geschäft der Verkauf von Waffen ist, die Waffenfabrik. Wenn heute ein Jahr lang keine Waffen hergestellt würden, sagte mir ein Experte, würde der Hunger in der Welt aufhören. Kriege brauchen Waffen. Und warum ein Krieg? Weil normalerweise ein Imperium oder eine Regierung, wenn sie ein wenig schwächelt, einen Krieg braucht, um sich zu erholen... Das ist eine schlechte Sache.“

Verschiedene Horizonte im Blick

In diesem dramatischen Szenario ruft der Papst dennoch dazu auf, die Hoffnung nicht zu verlieren und auf andere „Horizonte“ zu schauen. „Auf die Horizonte des Lebens zu schauen, bedeutet also, auf die Hoffnung zu schauen. Und auch zu sehen, dass die Geschichte nicht mit Ihnen endet, sie endete nicht mit meinem Großvater, sie wird nicht mit der vierten Generation enden, die danach kommt“, so der Papst. Diese Perspektive „gibt den Mut, immer weiterzugehen“. Aber man solle sich davor hüten, warnte Franziskus, in die „Psychologie des Vogelstraußes“ zu verfallen, d.h. „vor allem den Kopf in den Sand zu stecken“. Und man soll sich auch davor hüten, nur auf den eigenen Nabel zu schauen: „Wer nur auf sich selbst schaut, tut das Gegenteil davon, den Horizont zu suchen. Der Horizont lässt einen auf alles schauen.“ Dies, so der Papst, sei „die Grundlage der Tugend der Hoffnung“. Wie einige Kirchenväter zu sagen pflegten, als sie die Hoffnung als „Anker“ vorstellten: „Ob du im Meer oder im Fluss bist, du wirfst den Anker ein, um sicher zu sein, und klammerst dich an das Seil. Das ist die Hoffnung, du wirfst sie in die Ewigkeit, den Anker, und du hältst dich fest; aber, wenn du nicht zum Horizont schaust, kannst du nicht mehr, konntest du nie einen Anker werfen, oder?“ In dieser Zeit ist es schwierig“, betonte Papst Franziskus, „da ist der Herr, da ist die Hoffnung. Es ist schwierig und hässlich, es gibt so viel Leid, so viel, aber es gibt auch das Seil und den Anker. Es ist das Geheimnis des Schmerzes und der Hoffnung"“

Wer hat den Glauben und wer nicht?

Und was soll man denen sagen, die „keinen Glauben haben“? „Es ist keine Sünde, keinen Glauben zu haben“, antwortete der Papst. „Der Glaube ist ein Geschenk Gottes.... Es gibt gute Menschen, sehr gute Menschen, die nicht die Gabe des Glaubens haben. Ich werde ihnen nur sagen: 'Ja, offen. Sucht. Werdet nicht müde zu suchen. Ohne Angst: Nein, nein! Natürlich öffnen.“ Diejenigen, die glauben, müssen jedoch aufpassen, dass sie nicht „wie 'Heiden'“ leben. Es gebe Gläubige, die so leben würden: „Falsche Christen oder, wie meine Großmutter zu sagen pflegte, Rosenwasser-Christen“, sagte der Papst. „Zu ihnen sage ich: 'Ändert euer Leben! Wie sieht dein Leben aus? Ist es ein gerechtes Leben? Ist es ein Leben im Dienste der anderen? Ist es ein Leben, das Geld verschwendet?“

Papst Franziskus während des Interviews
Papst Franziskus während des Interviews

Reichtum ist keine Sünde

Daher eine Überlegung zum Thema Reichtum: „Ein Herr erzählte mir, dass es hier in Rom Restaurants gibt, in denen man, wenn man zwei Personen einlädt, am Ende 1.700 Euro bezahlt. Aber kann man so leben, auf diesem Niveau, wenn es Menschen gibt, die hungern? Pater, seien Sie kein Kommunist, kann mir einer sagen.... Nein, so ist es nicht, das ist das Evangelium, oder?“ „Ich spreche nicht schlecht von den Reichen, es gibt reiche Heilige, die es verstehen, ihre Güter gut für andere einzusetzen“, stellte Franziskus klar. Aber das „Verhalten“ definiere auch die Art des Glaubens: „Wenn der Lebensstil heidnisch ist, versteht man, dass man keinen Glauben hat oder dass man einen Glauben der Farbe, des Lacks hat, ja: Ihr Leben ist mit Glauben lackiert, aber der Glaube hat dann keine Wurzeln.“

In diesem Zusammenhang erinnerte der Papst an das Foto, das einer der „Vatikan-Fotografen“ auf der Straße in Rom von einer gut gekleideten älteren Dame gemacht hat, die aus einem Restaurant kommt und den Bettler, der sie um ein Almosen bittet, ignoriert: „Wenn du nicht bemerkst, dass hinter deiner Eitelkeit, deiner Lebensweise etwas und jemand steckt, bist du in dich selbst eingeschlossen...“ Das „Fleisch deines Bruders“ sei „dasselbe Fleisch wie das deine“, betonte der Papst: „Vielleicht bist du morgen in dieser Lage... Hab keine Angst, verwundetes Fleisch zu berühren.“

Die „Sklerokardien“

Dies hilft, die sogenannte „Sklerokardie“, die Verschlossenheit des Herzens, zu überwinden: „Ein hartes Herz ist sehr schwer zu erweichen“, so der Papst. „Oft benutzt der Herr dafür schlimme Situationen, wie Krankheit, damit sie das Herz verändern. Aber wir müssen den Herrn immer bitten: Lass mein Herz nicht hart werden, lass mein Herz menschlich sein, lass es der ganzen Menschheit nahe sein. Heute fragt der Papst: 'Wie viele weinen - ich sage nicht körperlich, sondern im Herzen - um die Waisenkinder in der Ukraine? Wie viele leiden darunter? Wie viele leiden für die Straßenkinder, die stehlen, weil sie im Leben allein sind?“ Franziskus zeigte auf ein Gemälde in der Halle von Santa Marta, das ein Künstler aus dem Piemont nach einem Foto eines Syrers gemalt hat, der mit seinem Sohn auf der Flucht ist. Es heißt „Wie sie zur Flucht gezwungen wurden“ und stellt die Flucht nach Ägypten dar. „Wir denken, dass die Flucht nach Ägypten 'in einem Wagen mit Engeln' stattfand, die auf.... Die Flucht nach Ägypten war auch so! Jesus hat diese Realität erlebt und so viele Menschen erleben diese Realität.“

„Betet für mich“

In dem Interview wurde auch sein Pontifikat erwähnt, das sich am 13. März zum zehnten Mal jährt. Franziskus ging auf seine Wahl zurück: „Armer Petrus, was für einen Nachfolger hat er sich da ausgesucht“, rief er lachend aus, „so etwas hätte ich mir nie im Leben vorstellen können“. Dennoch sei der Übergang von Buenos Aires nach Rom eine „Selbstverständlichkeit“ gewesen: „Es ist ein Blick auf andere Horizonte.“ An Ängsten fehle es sicher nicht, aber sie seien nicht immer „etwas Schlechtes“, im Gegenteil, sie könnten eine Gelegenheit zur „Unterscheidung“ werden. Franziskus bat dennoch um Gebet für sich selbst: „Betet für mich, damit ich ein christlicher Papst sein kann und kein Heide, damit der Herr mir die Gnade schenkt, als Christ zu leben und der Kirche zu helfen, die das heilige, gläubige Volk Gottes ist. Es ist nicht dieser Priester, dieser Bischof, sondern das Volk Gottes.“

(vatican news)

Don Davide Banzato in den Vatikanischen Gärten
Don Davide Banzato in den Vatikanischen Gärten

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18. Februar 2023, 12:13