Heilige Messe am Flughafen von N'dolo Heilige Messe am Flughafen von N'dolo 

Papstmesse in Kinshasa: Kreislauf der Gewalt durchbrechen

Strahlende Sonne und rhythmische Klänge haben die erste Heilige Messe mit Papst Franziskus auf afrikanischem Boden geprägt. Franziskus stand der Messe vor, die in der Landessprache Lingala und auf Französisch gehalten wurde; er zelebrierte aber nicht selbst, dies übernahm der kongolesische Kardinal Fridolin Ambongo Besungu.

Das Motto der Reise, „Alle versöhnt in Christus“ prangte gut sichtbar hinter dem Altar, der auf einer Bühne auf dem Flughafengelände von N’dolo bei Kinshasa aufgebaut worden war – es handelt sich um die größte Bühne, die es je in der Demokratischen Republik Kongo gab. Die Messgewänder der Konzelebranten waren farbig bedruckt, kleine Mädchen in weißen Kleidern tanzten typische Tänze, und die Menschen, die an der großen Messe teilnahmen, wogten ausgelassen zu den fröhlichen Klängen der Musik. Viele von ihnen hatten schon die Nacht auf dem Flughafengelände verbracht und teils stundenlang gewartet, um sich einen guten Platz zu ergattern.

Begrüßungsgesänge und Willkommensrufe in den lokalen Sprachen Lingala und Tshiluba erklangen, als das Papamobil auf dem durch Absperrungen gesicherten Parcours durch die fahnenschwenkende Menge fuhr. Exotisch für westliche Zuschauer war auch der Ritus, in dem die Messe gefeiert wurde, nämlich im römischen Ritus für die Diözesen Zaires (der frühere Name für den Kongo). Dabei wird etwa auch der Friedensgruß vor der Eucharistiefeier und nicht, wie gewohnt, direkt vor der Kommunion ausgetauscht.

Eine große Menschenmenge kam, um an der Messe mit dem Papst teilzunehmen
Eine große Menschenmenge kam, um an der Messe mit dem Papst teilzunehmen

Zu Beginn seiner Predigt verwendete Papst Franziskus die Landessprache, um die Anwesenden herzlich zu grüßen. Er habe sich nach diesem Moment gesehnt und danke ihnen dafür, dass sie hier seien, so Franziskus nach der Lesung des Abschnitts aus dem Johannesevangelium, in dem der auferstandene Jesus seine Jünger mit dem Friedensgruß anspricht. Die Messe wurde in der Intention des Friedens und der Gerechtigkeit gefeiert.

Mega-Messe mit dem Papst in Kinshasa - ein Bericht von Radio Vatikan

Und um Frieden wirklich zu erreichen, brauche es eine „Amnestie des Herzens“, eine „Säuberung“ von Zorn und Hass, betonte Franziskus, der gleichzeitig seiner Hoffnung Ausdruck verlieh, dass ethnische, regionale, soziale und religiöse Unterschiede nachgeordnet seien und kein Hindernis für Frieden und Versöhnung darstellten.

„In einer Welt, die von Gewalt und Krieg entmutigt ist, verhalten sich Christen wie Jesus“

„In einer Welt, die von Gewalt und Krieg entmutigt ist, verhalten sich Christen wie Jesus. Er wiederholte den Jüngern fast eindringlich: Friede sei mit euch! (vgl. Joh 20,19.21); und wir sind aufgerufen, uns diese unverhoffte und prophetische Verkündigung des Friedens zu eigen zu machen und der Welt mitzuteilen,“ appellierte Franziskus vor den rund eine Millionen Gläubigen, die zum Flughafen gekommen waren.

Menschen stehen auf einem alten Flugzeug, um der Messe am Flughafen von N'Dolo besser folgen zu können
Menschen stehen auf einem alten Flugzeug, um der Messe am Flughafen von N'Dolo besser folgen zu können

Jesus selbst weise seine Jünger, denen er seinen Frieden in einer besonders verzweifelten Situation kurz nach seiner Kreuzigung übergab, mit „Vergebung, Gemeinschaft und Sendung“ auf „drei Quellen des Friedens“ hin, so der Papst in seiner Predigt. Die Vergebung werde nicht mit Worten, sondern aus den Wunden geboren, die einem selbst zugefügt wurden, erläuterte er weiter: „Sie entsteht, wenn die erlittenen Wunden keine Narben des Hasses hinterlassen, sondern zu einem Ort werden, an dem wir für andere Platz machen und ihre Schwächen annehmen. Dann werden Schwächen zu Chancen und Vergebung wird der Weg zum Frieden.“

Ein Chor singt und tanzt bei der Messe auf dem Flughafengelände
Ein Chor singt und tanzt bei der Messe auf dem Flughafengelände

Vergebung erfahren und neu beginnen

Gemeinsam mit Jesus gebe es immer die Möglichkeit, „Vergebung zu erfahren und neu zu beginnen“, wozu auch die Kraft gehöre, „uns selbst, anderen und der Geschichte zu verzeihen“, fuhr Franziskus fort. Es brauche den Mut, „eine große Amnestie des Herzens zu vollbringen“: „Wie gut tut es uns, unser Herz von Zorn, von Gewissensbissen, von allem Groll und aller Missgunst zu befreien! Liebe Freunde, möge heute der Augenblick der Gnade sein, um die Vergebung Jesu zu empfangen und zu leben!“

In aller Kürze: Eindrücke von der Papstmesse

Wer sich Christ nennt, kann keine Gewalttaten begehen

Dabei hatte Franziskus nicht nur diejenigen im Blick, die von einer Last befreit werden müssen, die „Verwundeten und Unterdrückten dieses Volkes“, sondern auch diejenigen, die sich „in diesem Land Christ“ nennen, aber „Gewalttaten“ begehen: „Zu dir sagt der Herr: ,Leg die Waffen nieder, und nimm Erbarmen an‘“, betonte der Papst, der an die Mitfeiernden appellierte, die „Türen des Herzens und des Hauses“ für den Frieden zu öffnen und einander zu vergeben.

„Es gibt kein Christentum ohne Gemeinschaft, genauso wie es keinen Frieden ohne Geschwisterlichkeit gibt“

Gemeinschaft als zweite Quelle des Friedens wiederum sei ein grundlegender Bestandteil des Christentums, so übergebe Jesus seinen Jüngern den Frieden in „der ersten Gemeinschaft“, betonte Franziskus: „Es gibt kein Christentum ohne Gemeinschaft, genauso wie es keinen Frieden ohne Geschwisterlichkeit gibt.“ Vor Ostern seien die Jünger Christus auf „menschliche Weise“ nachgefolgt, sie hätten sich Wunder und Erfolg versprochen, was letztlich zu Konflikt und Diskussion geführt habe:  „Auch für uns besteht dieses Risiko: zusammen zu sein und doch allein weiter zu gehen, in der Gesellschaft aber auch in der Kirche Macht, Karriere, ehrgeizige Ziele zu verfolgen... Auf diese Weise folgt man jedoch seinem eigenen Ich statt dem wahren Gott und endet wie jene Jünger: zu Hause eingeschlossen, ohne Hoffnung und voller Angst und Enttäuschung.“

Gegen Karrierismus, Illusionen des Vergnügens und der Hexerei

Doch an Ostern fänden sie dank Jesus und der Einhauchung des Heiligen Geistes durch ihn „den Weg zum Frieden wieder“, schauten nicht mehr auf das Trennende, sondern auf das Einigende und auf das, was anderen helfe. Auch für uns bestehe die Gefahr darin, „dem Geist der Welt zu folgen, statt dem Geist Christi“, mahnte Franziskus, der in diesem Zusammenhang nicht nur „Spaltungstendenzen“ und „Karrierismus“ identifizierte, sondern angesichts einer Realität, in der der Hexenglaube weit verbreitet ist, auch die „falschen Illusionen des Vergnügens und der Hexerei“.

Er zeigte in diesen Zusammenhang auch ein „Gegenmittel“ auf, nämlich, „mit den Armen zu teilen“: „Beginnen wir unseren Neuanfang bei den Armen und wir werden entdecken, dass wir alle eine innere Armut gemeinsam haben; dass wir alle des Geistes Gottes bedürfen, um uns vom Geist der Welt zu befreien; dass die Demut die Größe des Christen ausmacht und die Geschwisterlichkeit sein wahrer Reichtum ist. Glauben wir an die Gemeinschaft und bauen wir mit Gottes Hilfe an einer Kirche, die ohne weltlichen Geist und voll von Heiligem Geist ist, die frei ist von Reichtum für sich selbst und erfüllt von geschwisterlicher Liebe!“

Kleine Mädchen tanzten zur Messe
Kleine Mädchen tanzten zur Messe

Sendung für alle

Die Sendung schließlich sei die die dritte Quelle des Friedens, wobei Jesus uns so sende, „wie der Vater ihn gesandt hat“: „Und wie hat der Vater ihn in die Welt gesandt? Er hat ihn gesandt, um zu dienen und sein Leben für die Menschen hinzugeben (vgl. Mk 10,45), um seine Barmherzigkeit zu offenbaren, die einem jedem gilt (vgl. Lk 15); um die Fernstehenden zu suchen (vgl. Mt 9,13). Mit einem Wort, er hat ihn für alle gesandt: nicht nur für die Gerechten, sondern für alle.“

Auch wir seien dazu berufen, „Missionare des Friedens“ zu sein, was uns selbst Frieden gebe, zeigte sich Franziskus überzeugt. Dies stelle allerdings „eine Entscheidung“ dar: „Es bedeutet, in unseren Herzen Platz für alle zu schaffen, es bedeutet zu glauben, dass ethnische, regionale, soziale und religiöse Unterschiede nachgeordnet sind und kein Hindernis darstellen, dass die anderen Brüder und Schwestern sind, Mitglieder derselben menschlichen Gemeinschaft; dass ein jeder Adressat des Friedens ist, den Jesus in die Welt gebracht hat“.

Die Menschen standen lange Schlange und übernachteten teils am Flughafen
Die Menschen standen lange Schlange und übernachteten teils am Flughafen

Friedensgewissen für die Welt

Christen seien dazu aufgerufen, „mit allen zusammenzuarbeiten“, „den Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen“ und „die Ränke des Hasses zu zerschlagen“, betonte Franziskus weiter. „Ja, die Christen, die von Christus gesandt sind, sind definitionsgemäß dazu aufgerufen, ein Friedensgewissen für die Welt zu sein: nicht nur kritische Gewissen, sondern vor allem Zeugen der Liebe; nicht Verfechter der eigenen Rechte, sondern derjenigen des Evangeliums: der Geschwisterlichkeit, der Liebe und der Vergebung; nicht Verfolger der eigenen Interessen, sondern Missionare der verrückten Liebe, die Gott für einen jeden Menschen hat.“

Die Predigt endete mit rituellen Schlussworten in Lingala, auf die die Gläubigen in einem beeindruckenden Chor aus hunderttausenden Stimmen antworteten. 

Begeisterte Gläubige auf dem Flughafengelände
Begeisterte Gläubige auf dem Flughafengelände

Zum römischen Ritus für die Diözesen Zaires

Es ist der erste und bisher einzige lateinische Ritus, der nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil von Rom approbiert wurde. Der Ritus entspricht weitgehend dem gewohnten Ablauf einer katholischen Messfeier. Allerdings nehmen der Lektor sowie Tanz und Gesang eine wichtigere Rolle ein. Kennzeichnend ist die Anrufung der Heiligen und der Vorfahren im ersten Teil der Messfeier. Papst Johannes Paul II. (1978-2005), der auf einer seiner ersten Auslandsreisen den Kongo besucht hatte, genehmigte den Gottesdienst nach dem zairischen Ritus des Römischen Missale 1988 offiziell. Der Kongo hieß von 1971 bis 1997 Zaire.

Die Messe in Kinshasa wurde in den Sprachen Französisch und Lingala gefeiert. Der Chor bei der Messe bestand aus rund 700 Sängerinnen und Sängern - und stellte damit einen Rekord auf. 

(vatican news)

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01. Februar 2023, 11:01