Ein Fado für Franziskus
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Es erinnere ihn ein bisschen an die Sixtinische Kapelle, scherzte der Papst angesichts des Wandbilds. Das, wenn man alles zusammennimmt, etwa drei Kilometer lange Opus wurde im Lauf der letzten Monate von über 2.000 Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft und Hintergrunds erstellt – und so sieht es auch aus, bunt und etwas durcheinander. Kein Wunder, dass es beim Frage-Antwort-Spiel zwischen den anwesenden Schülerinnen und Schülern und dem Papst vor allem ums Thema Chaos ging.
Die Sixtinische Kapelle von Cascais
Chaos und Krisen seien etwas, das zum Leben des Menschen gehöre, sagte Franziskus; ein Leben ohne Krise sei wie „destilliertes Wasser“, ohne jeden Geschmack. Wichtig sei allerdings, „vom Chaos zum Kosmos überzugehen“, also Struktur ins Ungeordnete zu bringen. Der Papst verwies dazu auf die ersten Seiten der Bibel, im Buch Genesis: Dort schafft Gott die Welt aus dem Chaos. Aus Krisen finde man nur mit der Zeit heraus, so Franziskus weiter, und am besten mit der Hilfe anderer.
Das gelte nicht nur für das Leben Einzelner, sondern auch das der Gemeinschaft. „Das ist der Weg eines jeden. Man darf nicht im Chaotischen steckenbleiben, das ergibt ein gescheitertes Leben.“
In kurzen, improvisierten Wortmeldungen schilderten einige junge Leute, wie ergreifend für sie die Erfahrung des Mitmachens am Riesen-Wandgemälde gewesen sei. Er habe es sehr genossen, mit jungen Leuten anderer Religionen, Überzeugungen oder Herkunft zusammen an einer Sache zu arbeiten, erklärte ein junger Muslim aus Guinea-Bissau.
Nach vorne schauen und gemeinsam vorangehen
Genau das sei der Sinn von „Scholas Occurentes“, versetzte der Papst darauf: Es gehe um gegenseitigen Respekt und Zusammenarbeit. „Nicht um einen statischen Respekt, sondern um einen dynamischen, der in Bewegung setzt… Scholas setzt dich in Gang, es bringt dich dazu, den anderen zu respektieren, ihm zuzuhören… Scholas ist ein Sich-Begegnen unterwegs, egal aus welchem Land du kommst oder welche Religion du hast. Nach vorne schauen und gemeinsam vorangehen!“
Auch der portugiesische Präsident Marcelo Rebelo de Sousa war, wie schon am Morgen beim Auftritt des Papstes an der Katholischen Uni von Lissabon, bei dem Treffen in den etwas beengten Räumlichkeiten von „Scholas Occurentes“ dabei. De Souza ist überzeugter Katholik, und er wohnt in Cascais, wo man ihn auch schon mal in den Wellen des Atlantik baden sieht.
Franziskus überreichte den jungen Leuten als Geschenk eine Ikone, die das Gleichnis des barmherzigen Samariters darstellt. Dieses Sondergut des Evangelisten Lukas liegt dem Papst sehr am Herzen, auch seine letzte Enzyklika „Fratelli tutti“ kreist darum. An dem von Räubern übel zugerichteten Mann im Gleichnis seien ein Priester und ein Levit vorübergegangen, wohl weil sie sich nicht verunreinigen wollten, so Franziskus.
„Stirb nur – ich kann dich nicht anfassen, weil ich rein bleiben will, so haben sie gedacht. Doch Jesus sagt: In das Reich Gottes tritt der Samariter ein, weil er Mitleid gehabt hat. Denken Sie ein bisschen über diese Geschichte nach! Wo finde ich mich darin wieder? Will auch ich mir nicht die Hände schmutzig machen? Manchmal muss man sich aber im Leben die Hände schmutzig machen, damit das Herz nicht schmutzig wird…“
Papst mit Pinsel-Pistole
Mit einer Art Pinsel-Pistole zog Franziskus einen grünen Kreis auf dem Wandbild – der offizielle Abschluss des Werkes. Dann pflanzte er im Hof vor dem eher bescheidenen Gebäude ein Olivenbäumchen als Symbol des Friedens, während ein landestypischer Fado-Gesang ertönte.
Das Netzwerk „Scholas Occurentes“ fördert Bildungsprojekte für benachteiligte Kinder und Jugendliche in etwa 190 Ländern der Welt. Es geht auf eine Initiative des heutigen Papstes, eines früheren Lehrers an Jesuitenschulen in Chile und Argentinien, zurück. Als Erzbischof von Buenos Aires stieß Jorge Mario Bergoglio, jetzt Papst Franziskus, eine Reihe von Bildungsprogrammen an, aus denen sich das Netzwerk entwickelte. Nach Vatikanangaben gehören ihm mehr als 400.000 öffentliche und private Einrichtungen an und erreicht es etwa eine Million Kinder und Jugendliche.
(vatican news)
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