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Wortlaut: Franziskus begrüßt die WJT-Teilnehmer

Hier finden Sie den Wortlaut der Ansprache, die der Papst an diesem Donnerstag bei seinem ersten Auftritt auf dem Weltjugendtag weitgehend aus dem Stegreif gehalten hat. Die amtliche Übersetzung finden Sie in Kürze auf vatican.va.

Sämtliche Wortmeldungen des Papstes in ihrer amtlichen deutschen Fassung werden auf der Internetseite des Heiligen Stuhls veröffentlicht.

APOSTOLISCHE REISE NACH PORTUGAL
ZUM WELTJUGENDTAG
NR. 4 ANSPRACHE DES HEILIGEN VATERS
Willkommenszeremonie
Lissabon, 3. August 2023

Liebe junge Menschen, guten Abend!

Willkommen und danke, dass ihr hier seid, ich freue mich, euch zu sehen! Und ich freue mich auch über den sympathischen Lärm, den ihr macht, und darüber, dass ihr mich mit eurer Freude ansteckt. Es ist schön, zusammen in Lissabon zu sein: Ihr seid von mir hierher eingeladen worden, vom Patriarchen, dem ich für seine Worte danke, von euren Bischöfen, Priestern, Katecheten und Gruppenleitern. Danken wir all jenen, die dieses Treffen möglich gemacht haben, und tun wir es mit einem Applaus! Aber vor allem ist es in erster Linie Jesus, der euch gerufen hat. Danken wir auch Jesus mit einem kräftigen Applaus!

Liebe Freunde, ihr seid nicht zufällig hier. Der Herr hat euch gerufen, nicht nur in diesen Tagen, sondern seit Anbeginn eurer Tage. Ja, er hat uns alle beim Namen gerufen seit Anbeginn unserer Tage. Wir hören das Wort Gottes, der uns beim Namen gerufen hat. Beim Namen gerufen: Versucht, euch diese drei Worte in großen Buchstaben geschrieben vorzustellen; und dann stellt euch vor, dass sie in eurem Inneren, in euren Herzen eingeschrieben sind, als ob sie den Titel eures Lebens bilden, den Sinn dessen, was ihr seid: Du bist beim Namen gerufen, ich bin beim Namen gerufen. Wir alle sind beim Namen gerufen. Wir wurden nicht automatisch gerufen, sondern wir wurden beim Namen gerufen.

Denken wir einmal darüber nach: Jesus hat mich beim Namen gerufen. Das sind Worte, die in unser Herz geschrieben sind, und denken wir daran, dass sie in jeden von uns geschrieben sind, in unseren Herzen; sie bilden eine Art Titel unseres Lebens, den Sinn dessen, was wir sind, den Sinn dessen, wer du bist. Ihr seid beim Namen gerufen, ihr seid beim Namen gerufen. Keiner von uns ist zufällig Christ, wir wurden alle beim Namen gerufen. Am Beginn der Lebensgeschichte, noch vor den Talenten, die wir besitzen, vor all den Schatten und Wunden, die wir in uns tragen, sind wir gerufen. Gerufen, weil wir geliebt sind. Warum? Weil wir geliebt sind. Wir sind gerufen worden, weil wir geliebt sind. Wie schön ist das! In Gottes Augen sind wir wertvolle Kinder, die er jeden Tag ruft, um sie zu umarmen und zu ermutigen; um aus jedem von uns ein einzigartiges und originelles Meisterwerk zu machen, dessen Schönheit wir bloß erahnen können.

Liebe Jugendliche, helfen wir uns auf diesem Weltjugendtag gegenseitig, diese grundlegende Wirklichkeit zu erkennen: Mögen diese Tage ein lebendiges Echo von Gottes Liebesruf sein, weil wir in seinen Augen wertvoll sind, ungeachtet dessen, was unsere Augen manchmal sehen, die durch Negatives getrübt und durch so viele Ablenkungen geblendet sind.

Mögen dies Tage sein, in denen mein Name, dein Name, durch Brüder und Schwestern so vieler Sprachen, so vieler Nationen (wir haben so viele Fahnen gesehen), die ihn in Freundschaft aussprechen, als einzigartige Nachricht in der Geschichte erklingt, denn Gottes Herzschlag ist einzigartig für dich. Mögen es Tage sein, in denen wir in unseren Herzen einprägen, dass wir so geliebt sind, wie wir sind. Nicht so, wie wir gerne wären, sondern so, wie wir jetzt sind. Dies ist der Ausgangspunkt des WJT, aber insbesondere der des Lebens. Jungen und Mädchen, wir werden geliebt so, wie wir sind, ungeschminkt. Versteht ihr das? Und wir werden beim Namen gerufen, ein jeder bei seinem.

Beim Namen gerufen: Das ist keine Redewendung, sondern Wort Gottes (vgl. Jes 43,1; 2 Tim 1,9). Lieber Freund, liebe Freundin, wenn Gott dich beim Namen ruft, bedeutet das, dass du für ihn keine Nummer bist, sondern ein Gesicht, ein Herz. Ich möchte dich auf etwas hinweisen: Viele kennen heute deinen Namen, aber sie rufen dich nicht beim Namen. Tatsächlich ist dein Name bekannt, er taucht in sozialen Netzwerken auf, er wird von Algorithmen verarbeitet, die mit ihm Geschmäcker und Vorlieben verknüpfen. Bei all dem geht es allerdings nicht um deine Einzigartigkeit ein, sondern um deine Nützlichkeit für Marktanalysen. Wie viele Wölfe verstecken sich hinter einem Lächeln falscher Güte; sie behaupten, zu wissen, wer du bist, aber sie wollen dir nichts Gutes; sie erwecken den Eindruck, dass sie an dich glauben und versprechen dir, dass aus dir jemand wird, um dich dann allein zu lassen, sobald du nicht mehr interessant bist. Das sind die Illusionen des Virtuellen, und wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht täuschen lassen, denn viele Wirklichkeiten, die uns anziehen und Glück versprechen, entpuppen sich dann als das, was sie wirklich sind: vergängliche, überflüssige Dinge, Surrogate, die im Inneren eine Leere hinterlassen. Ich sage euch eines: Jesus tut das nicht: Er vertraut auf euch, er vertraut jedem von euch, jedem von uns, denn für Jesus zählt jeder von uns, jeder von euch zählt für ihn. So ist Jesus.

Und so sind wir, seine Kirche, die Gemeinschaft der Gerufenen: nicht der Besten – nein, ganz und gar nicht, wir sind alle Sünder -, aber wir sind gerufen, so wie wir sind. Denken wir ein wenig darüber nach: Wir sind gerufen, so wie wir sind, mit den Problemen, die wir haben, mit den Grenzen, die wir haben, mit unserer überbordenden Freude, und mit dem Wunsch, besser zu sein, erfolgreich zu sein. Wir sind gerufen so, wie wir sind. Denkt darüber nach: Jesus ruft mich so, wie ich bin, und nicht so, wie ich gerne wäre. Wir sind die Gemeinschaft der Brüder und Schwestern Jesu, Söhne und Töchter desselben Vaters.

Freunde, ich möchte, dass ihr allergisch seid gegen Unwahrheiten und leere Worte, und ich möchte euch eines sagen: In der Kirche ist Platz für alle. Für alle. In der Kirche ist niemand überflüssig. Keiner ist überflüssig. Es ist Platz für alle. So wie wir sind. Für jeden von uns.

Und Jesus macht das deutlich. Als er die Apostel aussendet, um zum Festmahl des Herrn zu rufen, sagt er: "Geht und bringt alle mit", Jung und Alt, Gesunde, Kranke, Gerechte und Sünder. Alle, alle, alle! In der Kirche ist Platz für alle. „Vater, ich bin ein armer Wicht“ ... "Ich bin ein armer Wicht, ist da Platz für mich?" ... Da ist Platz für alle! Alle zusammen, jeder in seiner eigenen Sprache. Jeder in seiner eigenen Sprache, sprecht mir nach: Jeder, jeder, jeder. Ich höre euch nicht! Alle, alle. Alle, alle. Alle, alle. Das ist die Kirche, die Mutter von uns allen. Da ist Platz für alle. Der Herr zeigt nicht mit dem Finger auf uns, er  breitet seine Arme aus. Es ist merkwürdig: Der Herr weiß nicht, wie er das machen soll (mit dem Finger auf jemanden zeigen), sondern er macht das (die Geste der Umarmung). Er umarmt uns alle. Er zeigt uns Jesus am Kreuz, der seine Arme ausgebreitet hat, um gekreuzigt zu werden und für uns zu sterben.

Jesus schließt niemals die Tür, niemals, er lädt dich ein; komm herein und sieh, Jesus heißt dich willkommen, Jesus heißt dich willkommen, er vertreibt dich nicht, er heißt dich willkommen. In diesen Tagen soll jeder von uns die Sprache der Liebe Jesu weitergeben: Gott liebt dich, Gott ruft dich. Gott liebt dich, Gott ruft dich, wie schön ist das! Gott liebt mich, Gott ruft mich. Er möchte, dass ich ihm nahe bin. Ihr habt mir heute Nachmittag Fragen gestellt, viele Fragen. Werdet nie müde, zu fragen! Werdet nicht müde, Fragen zu stellen. Fragen stellen ist gut, ja oft besser als Antworten zu geben, denn der Fragende bleibt "unruhig", und Unruhe ist das beste Mittel gegen Routine, manchmal eine Art Normalität, die die Seele betäubt. Jeder von uns trägt seine Fragen in sich. Tragen wir diese Fragen bei uns und tragen wir sie in den Dialog mit uns selbst. Tragen wir sie bei uns, wenn wir vor Gott beten. Diese Fragen, die im Laufe des Lebens zu Antworten werden, auf die wir nur noch warten müssen. Und etwas sehr Interessantes: Gott liebt überraschend. Es ist nicht programmiert. Die Liebe Gottes ist Überraschung. Sie ist Überraschung. Sie überrascht immer. Sie hält uns immer auf Trab und überrascht uns.

Liebe Jugendliche: Ich lade euch ein, über diese schöne Sache nachzudenken: dass Gott uns liebt, Gott liebt uns so, wie wir sind, nicht so, wie wir gerne wären oder wie die Gesellschaft uns gerne hätte. So wie wir sind! Er ruft uns mit den Mängeln, die wir haben, mit den Grenzen, die wir haben, und mit dem Wunsch, im Leben voranzukommen. Gott ruft uns auf diese Weise. Vertrauen, weil Gott ein Vater ist und ein Vater, der uns liebt. Das ist nicht ganz einfach. Und dafür haben wir eine große Hilfe, die Mutter des Herrn. Sie ist auch unsere Mutter, sie ist unsere Mutter.

Das ist alles, was ich euch sagen wollte: Habt keine Angst, habt Mut, geht vorwärts, in dem Wissen, dass wir durch die Liebe Gottes zu uns "einen Schutzschild" haben. Gott liebt uns. Lasst es uns alle gemeinsam sagen: Gott liebt uns. Lauter, ich kann euch nicht hören.... Danke.

(vatican news – sk)
 

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03. August 2023, 20:35