Papst in Mongolei: „Wir müssen zur Quelle zurückkehren“
Anne Preckel – Vatikanstadt
In der Kathedrale der Heiligen Peter und Paul in Ulaanbaatar wandte sich der Papst an Bischöfe und Priester, Ordensfrauen und Missionare in der Mongolei, in und vor der Kirche waren insgesamt etwa 2.000 Menschen versammelt. Die Kathedrale, die in ihrer Bauweise einer traditionellen Jurte nachempfunden ist, befindet sich am Sitz der Apostolischen Präfektur, die alle Initiativen der Ortskirche bündelt und koordiniert.
Visitenkarte ist karitativer Einsatz
„Visitenkarte“ der Ortskirche sei ihr soziales Engagement, würdigte der Papst den kirchlichen Einsatz für das Gemeinwohl seit Unabhängigkeit des Landes vor gut 30 Jahren. Seitdem sei „eine große Vielfalt karitativer Initiativen ins Leben gerufen“ worden, die der Kirche bei der Lokalbevölkerung Respekt und Wertschätzung einbrachten, so der Papst – „von der Fürsorge bis zur Bildung, über die Gesundheitsversorgung und die kulturelle Förderung. Ich ermutige euch, auf diesem für das geliebte mongolische Volk fruchtbaren und vorteilhaften Weg weiterzugehen.“
Franziskus würdigte Wegbereiter der heutigen Kirche der Mongolei wie den ersten Apostolischen Präfekten, Bischof Wenceslao Selga Padilla, der die Peter und Paul-Kathedrale 1996 errichten ließ. Auch erinnerte er an den unermüdlichen Einsatz der Missionare und Ordensleute, die seit 1992 in das Land kamen, als „Treue Diener des Evangeliums in der Mongolei“. Der Glaube in der Mongolei habe aber Wurzeln, die noch weiter zurückreichten, betonte Franziskus mit Blick auf die Missionsgeschichte. Bereits im ersten Jahrtausend trugen assyrische Christen ihren Glauben entlang der Seidenstraßen in diese Region, in den folgenden Jahrhunderten wurden Beziehungen zwischen Rom und Asien gefestigt.
„Wie könnte man etwa die diplomatischen Missionen des 13. Jahrhunderts vergessen, ebenso die apostolische Sorge, die sich in der Ernennung von Giovanni da Montecorvino zum ersten Bischof von Khān Bālīq um etwa 1310 herum äußerte, der damit für diese ganze Region unter der mongolischen Yuan-Dynastie zuständig war? Er war es auch, der die erste mongolische Übersetzung des Buchs der Psalmen und des Neuen Testaments erstellte.“
Aus der Quelle schöpfen
Die heutigen Kirchenvertreter in der Mongolei lud der Papst dazu ein, immer wieder zur „Quelle“ des Glaubens zurückzukehren und daraus zu schöpfen. Es gelte „den Herrn zu kosten und zu sehen“, formulierte Franziskus, der in seiner Rede mehrmals aus Psalm 34 zitierte. Pastorales Engagement dürfe keine „sterile Dienstleistung“ sein, sondern müsse sich aus dem „Kontakt mit dem Antlitz Christi“ speisen. Das werde von der mongolischen Lokalbevölkerung, „die einen ausgeprägten Sinn für das Heilige“ habe, erwartet.
„Das ist es, was wir brauchen, und nicht beschäftigte und abgelenkte Menschen, die Projekte voranbringen, und manchmal Gefahr laufen, verbittert zu wirken über ein gewiss nicht einfaches Leben. Nein: der Christ ist derjenige, der zur Anbetung fähig ist, der in der Stille anbetet. Und aus dieser Anbetung erwächst dann die Aktivität. Aber vergessen Sie die Anbetung nicht. Wir haben in diesem pragmatischen Jahrhundert ein wenig den Sinn für die Anbetung verloren: Vergessen Sie nicht, anzubeten und aus der Anbetung heraus etwas zu tun. Wir müssen zur Quelle zurückkehren, zum Antlitz Jesu, zu seiner kostbaren Gegenwart: Er ist unser Schatz (vgl. Mt 13,44), die wertvolle Perle, für die es sich lohnt, alles zu verkaufen (vgl. Mt 13,45-46).“
Dem Herzen Petri nahe
Franziskus warb in der Mongolei für eine „arme Kirche unverfälschten Glaubens“. Eine Kirche in der Nachfolge Jesu mache keine Politik, sondern bemühe sich um „konkrete Geschwisterlichkeit aller Völker“, betonte der Papst. Sie stütze sich auf „die unbewaffnete und entwaffnende Kraft des Auferstandenen“: „Eben deshalb haben die Regierungen und die weltlichen Institutionen nichts vom evangelisierenden Wirken der Kirche zu befürchten, denn sie hat keine politische Agenda voranzubringen, sondern kennt nur die demütige Kraft der Gnade Gottes und eines Wortes der Barmherzigkeit und Wahrheit, das in der Lage ist, das Wohl aller zu fördern.“
Papst Franziskus bekräftigte seine Aufmerksamkeit für diese Weltregion und die Kirche der Mongolei, an deren Spitze der italienische Bischof Giorgio Marengo steht. Den Leiter der Apostolischen Präfektur Ulaanbaatar erhob Franziskus vor Kurzem zum Kardinal; er dient einer Kirche, in der es keine Diözesen und keine nationale Bischofskonferenz gibt:
„Dass euer Bischof ein Kardinal ist, ist ein weiterer Ausdruck der Nähe: Ihr alle seid bloß räumlich weit entfernt, ihr seid dem Herzen Petri ganz nahe; und die ganze Kirche ist euch nahe, eurer Gemeinschaft, die wahrhaft katholisch, d.h. universal ist und die in den Brüdern und Schwestern auf der ganzen Welt Sympathie für die Mongolei weckt, in einer großen kirchlichen Gemeinschaft.“
In der Kirche sei der Bischof sei „kein Moderator verschiedener Gruppen“, sondern Zentrum eines synodalen Prinzips, erinnerte der Papst. Kirchliche Einheit sei keine „Strategie“ oder werde durch Mehrheiten geschaffen – sie sei Angelegenheit des Glaubens und der Treue zum Herrn.
Einfachheit und Nähe
Die Missionare und Missionarinnen in der Mongolei rief der Papst zu einem einfachen Leben und zum Dienst „nah bei den Menschen“ auf. Wesentlich sei das Erlernen der Sprache und der Respekt vor der lokalen Kultur. Der Glaube wachse nicht durch Proselytismus, sondern Zeugnis, erinnerte Franziskus. Dass die Kirche der Mongolei klein sei, sollte ihnen keine Sorge bereiten, ermutigte er sie zum beherzten Weitermachen:
„Geht weiter, mit Mut, werdet nicht müde weiterzugehen. Vielen Dank für euer Zeugnis. Der Herr hat euch auserwählt und glaubt an euch. Ich bin mit euch und sage euch von ganzem Herzen: Danke, danke für euer Zeugnis, danke für euer Leben, das ihr für das Evangelium eingesetzt habt. Bleibt so, beständig im Gebet, und bleibt schöpferisch in der Nächstenliebe, bleibt standhaft in der Gemeinschaft, fröhlich und sanftmütig in allem und mit jedem.“
Bei seinem Besuch segnete der Papst eine Marienstatue, die in einer Mülldeponie gefunden worden war und inzwischen in der Peter und Paul-Kathedrale steht. Die Muttergottes habe der Gemeinde ein Zeichen ihrer „diskreten und fürsorglichen Gegenwart“ geben wollen, „indem sie es geschehen ließ, dass man ein Bildnis von ihr in einer Mülldeponie fand“, so der Papst vor Kirchenvertretern und Seelsorgenden in der Kathedrale. Aus dem Schmutz des Mülls sei die Reinheit Mariens hervorgetreten. Kardinal Marengo hatte die Mongolei am 8. Dezember 2022 vor dieser Marienstatue der Gottesmutter geweiht.
Kirche ist Geschwisterlichkeit
Der Vorsitzende der Zentralasiatischen Bischofskonferenz, Bischof José Luis Mumbiela Sierra, bezeichnete in seiner Ansprache den Papstbesuch in der Mongolei als „lebendiges und freudiges Zeugnis, das die Hoffnung so vieler Jahrhunderte rechtfertigt": „Es ist wie eine Theophanie, die uns auf unserer Pilgerreise als missionarische Kirche begleitet und anspornt. In Asien wissen wir, was es heißt, aus der Hoffnung zu leben. Und jetzt sind wir auch überzeugt, dass ,die Hoffnung nicht enttäuscht'", zitierte der sonst in Kasachstan residierende Bischof aus dem Römerbrief (Röm 5,5). Mit Blick auf die vielen Ordensleute aus anderen Ländern, die in der Mongolei wirken, hob der Bischof hervor, dass in den katholischen Gemeinschaften Zentralasiens niemand ein Fremder sei: „Die Kirche schafft Geschwisterlichkeit, weil die Kirche Geschwisterlichkeit ist".
Der Papst hält sich noch bis Montag in der Mongolei auf. Höhepunkt der viertägigen Reise ist eine ökumenische und interreligiöse Begegnung am Sonntag. In dem Binnenland zwischen Russland und China sind vor allem Buddhismus und Schamanismus verbreitet. Nur rund 1.500 Menschen sind katholisch.
(vatican news – pr)
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