Papst: Die Schwächsten in den Mittelpunkt stellen
Silvia Kritzenberger – Vatikanstadt
Die Bronzeskulptur „Angels unawares“ des amerikanischen Künstlers Timothy Schmalz zeigt eine lebensgroße Gruppe von Personen aus verschiedenen Kultur- und Zeitkontexten. Darunter ein Jude, der aus Nazideutschland flieht und ein Syrer, der den syrischen Bürgerkrieg hinter sich lässt. Sie sind Schulter an Schulter auf einem Floß kauernd dargestellt. Der Name „Angels unawares“ bezieht sich auf einen Vers im Hebräerbrief, wo es heißt: „Vergesst die Gastfreundschaft nicht; denn durch sie haben einige, ohne es zu ahnen, Engel beherbergt!“
In Auftrag gegeben hatte die Skulptur Kardinal Michael Szerny. Unter den auf dem Floß dargestellten Personen sind auch seine Eltern, die aus der Tschechoslowakei nach Kanada eingewandert waren.
Als Kind argentinischer Einwanderer hat das Thema Migration auch für Papst Franziskus oberste Priorität. Kein Wunder also, dass er das Gebet für Migranten und Flüchtlinge - Programmpunkt der derzeit noch im Vatikan tagenden Weltbischofssynode - persönlich leiten wollte.
Der barmherzige Samariter...
Die Fürbitten auf einem in abendliches Licht getauchten Petersplatz wurden von Flüchtlingen aus Kamerun, der Ukraine und El Salvador vorgetragen. Im Mittelpunkt der Betrachtung des Papstes stand das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter (Lk 10,25-37): der „Schlüssel zum Übergang von einer geschlossenen zu einer offenen Welt, von einer Welt im Krieg zu einer Welt in Frieden“, wie es Franziskus definierte.
Die Straße von Jerusalem nach Jericho sei kein sicherer Weg gewesen, wie auch die vielen Migrationsrouten unserer Zeit keine sicheren Wege seien, gab der Papst zu bedenken.
Flucht vor Krieg und Terrorismus
„Von skrupellosen Menschenhändlern getäuscht, machen sie sich auf den Weg. Dann werden sie als Tauschware verkauft. Sie werden verschleppt, gefangengenommen, ausgebeutet und versklavt. Sie werden gedemütigt, gefoltert und Opfer von Gewalt. Viele sterben, ohne jemals am Ziel anzukommen,“ brachte Franziskus das Leid der Menschen auf den Punkt, die „oft vor Krieg und Terrorismus fliehen, wie wir es in diesen Tagen leider erleben.“
Und diesem Leid dürfe man nicht mit „Egoismus, Gleichgültigkeit oder Angst“ begegnen. Statt einfach nur wegzusehen, sei Mitleid gefragt, das „Frucht der Geschwisterlichkeit“ ist.
„Wie der barmherzige Samariter sind wir aufgerufen, allen Menschen, die heute unterwegs sind, zu Nächsten zu werden, um ihr Leben zu retten, ihre Wunden zu heilen, ihren Schmerz zu lindern. Für viele ist es leider zu spät und wir können nur noch an ihren Gräbern trauern, wenn sie denn eines haben. Aber der Herr kennt das Gesicht eines jeden und vergisst es nicht,“ so der Papst.
Schützen, fördern und integrieren
Hilfesuchende Menschen zu schützen, zu fördern und zu integrieren, müsse oberste Priorität haben, forderte Franziskus. Die Herausforderungen der heutigen Migration erforderten eine „langfristige Verantwortung“ – und Teil davon sei es auch, die „kriminellen Netzwerke zu bekämpfen, die aus den Träumen der Migranten Kapital schlagen.“
„In der aktuellen globalen Situation liegt es auf der Hand, dass wir die Bevölkerungs- und Wirtschaftspolitik zum Nutzen aller Beteiligten mit der Migrationspolitik in einen Dialog bringen müssen, ohne dabei jemals zu vergessen, die Schwächsten in den Mittelpunkt zu stellen,“ so der konkrete Vorschlag des Papstes. „Es ist auch notwendig, einen gemeinsamen und mitverantwortlichen Ansatz zur Steuerung der Migrationsbewegungen zu fördern, die in den kommenden Jahren voraussichtlich zunehmen werden.“
Abschließend lud Papst Franziskus die Anwesenden zu einer Schweigeminute zum Gedenken all derer ein, die auf den Migrationsrouten ihr Leben verloren haben.
(vaticannews – skr)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.