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Franziskus bei der Generalaudienz Franziskus bei der Generalaudienz  (Vatican Media)

Trotz Grippe: Papst hält Generalaudienz

Trotz seiner Grippeerkrankung hat Franziskus an diesem Mittwoch seine übliche Generalaudienz gehalten. Zwölf Stunden, nachdem seine Reise zum Klimagipfel von Dubai krankheitshalber abgesagt wurde, empfing der Papst Pilger und Touristen.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Allerdings fand die Audienz diesmal nicht auf dem Petersplatz statt, über den ein kalter Wind fegte, sondern in der vatikanischen Audienzhalle. „Mir geht es noch nicht gut“, sagte Franziskus einleitend, „ich habe immer noch die Grippe, meine Stimme ist nicht gut.“ Darum werde ein Monsignore seinen vorbereiteten Redetext verlesen – und so geschah es auch.

Der Papst-Text beschäftigte sich erneut mit den Freuden des Evangelisierens; er betonte, dass die christliche Botschaft „für heute“ ist und nicht für eine ideal gedachte Zeit, irgendwann mal später. Heute: Das bedeutet, dass die Freude des Evangeliums in eine durchaus schwierige Zeit hinein zu vermitteln ist.

Zum Nachhören

Kriege, Klimawandel, Migrationen: Viele Gründe zur Besorgnis

„Wir hören fast immer schlechte Dinge über das Heute. Natürlich gibt es zwischen Kriegen, Klimawandel, Ungerechtigkeiten und Migrationen auf der Erde, neben Familien- und Hoffnungskrisen keinen Mangel an Gründen zur Besorgnis. Generell scheint es heute eine Kultur zu geben, die den Menschen über alles und die Technologie in den Mittelpunkt stellt… Dabei führt diese Kultur des technisch-individuellen Fortschritts zur Verfestigung einer Freiheit, die keine Grenzen anerkennen will und gegenüber den Zurückgebliebenen gleichgültig erscheint.“

Hier brachte der verlesene Papst-Text auch eine neuerliche, heftige Kritik am derzeitigen Wirtschafts- und Finanzsystem unter: Die „oft unersättliche Logik der Wirtschaft“ habe eine „Vision des Lebens, die diejenigen ausschließt, die nichts produzieren“. Und sie habe „Mühe, über das Immanente hinauszuschauen“.

 

Die platten Städte mit ihren Wolkenkratzern

„Wir könnten sogar sagen, dass wir uns in der ersten Zivilisation der Geschichte befinden, die weltweit versucht, eine menschliche Gesellschaft ohne die Gegenwart Gottes zu organisieren, und sich dabei auf riesige Städte konzentriert, die horizontal bleiben, auch wenn sie schwindelerregende Wolkenkratzer haben.“

Das ließ den Papst in seinem verlesenen Katechesentext an den Turmbau von Babel denken (siehe Gen 11,1-9). Auch damals sei versucht worden, ein globales Einheitsdenken durchzusetzen; Gott aber habe die Unterschiede wiederhergestellt und die Vielfalt wiederbelebt. Eine interessante, anti-globalistische Lesart des alten Bibeltextes.

Turmbau von Babel - eine neue Lesart

„Diese Geschichte scheint wirklich aktuell zu sein: Auch heute basiert Zusammenhalt oft nicht auf Geschwisterlichkeit und Frieden, sondern eher auf Ehrgeiz, auf Nationalismus, auf Standardisierung, auf technisch-wirtschaftlichen Strukturen, die die Überzeugung einprägen, dass Gott unbedeutend und nutzlos ist: Nicht so sehr, weil wir nach mehr Wissen streben, sondern vor allem nach mehr Macht. Es ist eine Versuchung, die die großen Herausforderungen der heutigen Kultur prägt.“

So weit, so düster. Und exakt diese verworrene Welt bietet die Folie für die, ja doch, Freude des Evangeliums. „Man kann Jesus nur verkünden, indem man in der Kultur seiner jeweiligen Zeit lebt; und immer im Herzen die Worte des Apostels Paulus für den heutigen Tag trägt: ‚Jetzt ist der günstige Augenblick, jetzt ist der Tag des Heils!‘ (2 Kor 6,2). Es besteht daher keine Notwendigkeit, alternative Visionen aus der Vergangenheit der Gegenwart gegenüberzustellen. Es reicht auch nicht aus, einfach erworbene religiöse Überzeugungen zu wiederholen, die, so wahr sie auch sein mögen, mit der Zeit abstrakt werden. Eine Wahrheit wird nicht dadurch glaubwürdiger, dass man die Stimme erhebt, wenn man sie sagt, sondern weil man sie mit dem eigenen Leben bezeugt.“

„Eine Wahrheit wird nicht dadurch glaubwürdiger, dass man die Stimme erhebt“

Apostolischer Eifer sei nie „eine einfache Wiederholung eines erworbenen Stils“, so der Katechesen-Text von Franziskus. Vielmehr gehe es um „ein Zeugnis dafür, dass das Evangelium für uns heute lebendig ist“. In diesem Bewusstsein könne man unsere Zeit und unsere Kultur „als Geschenk betrachten“.

„Sie gehören uns, und sie zu evangelisieren bedeutet nicht, sie aus der Ferne zu beurteilen, auch nicht, auf einem Balkon zu stehen und den Namen Jesu auszurufen, sondern auf die Straße zu gehen, zu den Orten zu gehen, an denen man lebt, die Orte aufzusuchen, an denen man leidet, arbeitet, studiert und reflektiert…“ Nur dann sei die Kirche wirklich „Sauerteig“.

Ein Papst in Dubai – das wäre die perfekte Illustration zu diesen Gedanken über den Turmbau von Babel gewesen…

(vatican news)

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29. November 2023, 09:56