Wortlaut: Papst Franziskus beim Angelus am 1. Advent
Die amtliche Fassung finden Sie wie immer in Kürze auf vatican.va.
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Heute, am ersten Adventssonntag, richtet Jesus in dem kurzen Evangelium, das uns die Liturgie vorschlägt (vgl. Mk 13, 33-37), gut dreimal eine einfache und direkte Aufforderung an uns: „Seid wachsam!" .
Das Thema ist also Wachsamkeit. Doch wie ist diese gemeint? Manchmal denkt man bei dieser Tugend an eine Haltung, die von der Furcht vor einer drohenden Strafe motiviert ist, so als würde ein Meteorit vom Himmel fallen und - wenn wir ihm nicht rechtzeitig ausweichen - trifft er uns. Das ist aber sicher nicht der Sinn der christlichen Wachsamkeit!
Jesus veranschaulicht dies mit einem Gleichnis, in dem er von einem Herrn spricht, der zurückkommen wird, und seinen Knechten, die auf ihn warten (vgl. V. 34). Der Diener ist in der Bibel die „Vertrauensperson" des Herrn, zu dem es oft eine Beziehung der Zusammenarbeit und Zuneigung gibt. Denken wir zum Beispiel daran, dass Mose als Knecht Gottes bezeichnet wird (vgl. Numeri 12,7) und dass sogar Maria von sich sagt: „Ich bin die Magd des Herrn" (Lk 1,38). Die Wachsamkeit der Diener ist also nicht von Furcht geprägt, sondern von Sehnsucht, in Erwartung ihres Herrn, der kommt und dem sie entgegen gehen wollen. Sie halten sich für seine Rückkehr bereit, weil sie ihn lieben, weil sie darauf bedacht sind, dass er bei seiner Ankunft ein einladendes und ordentliches Haus vorfindet: Sie sind so froh, ihn wiederzusehen, dass sie seine Rückkehr wie ein Fest für die ganze große Familie, zu der sie gehören, erwarten.
Und mit dieser Erwartung und voller Zuneigung wollen auch wir uns darauf vorbereiten, Jesus zu empfangen: An Weihnachten, das wir in wenigen Wochen feiern werden; am Ende der Zeiten, wenn er in Herrlichkeit wiederkommt; tagtäglich, wenn Er uns in der Eucharistie, in seinem Wort, in unseren Brüdern und Schwestern, besonders in den Bedürftigsten, begegnet.
Bereiten wir daher in diesen Wochen in besonderer Weise das Haus in unseren Herzen sorgfältig vor, damit es aufgeräumt und gastfreundlich ist. Wachsam sein heißt in der Tat, das Herz bereit zu haben. Es ist die Haltung eines Wächters, der sich in der Nacht nicht von Müdigkeit verführen lässt, nicht einschläft, sondern wach bleibt, in Erwartung des kommenden Lichts. Der Herr ist unser Licht, und es ist gut, das Herz darauf vorzubereiten, ihn mit Gebet zu empfangen und ihn mit Nächstenliebe zu beherbergen. Diese beiden Vorbereitungen sorgen sozusagen dafür, dass er sich wohl fühlt. In diesem Zusammenhang wird erzählt, dass der heilige Martin von Tours, ein Mann des Gebets, nachdem er die Hälfte seines Mantels einem Armen geschenkt hatte, von Jesus träumte, der mit genau dem Teil des Mantels bekleidet war, den er verschenkt hatte. Da haben wir ein schönes Vorhaben für den Advent: Jesus begegnen, der in jedem Bruder und jeder Schwester ist, die uns brauchen, und mit ihnen teilen, was wir können: Zuhören, Zeit, konkrete Hilfe.
Ihr Lieben, es tut uns gut, uns heute zu fragen, wie wir dem Herrn ein aufnahmebereites Herz bereiten können. Wir können dies tun, indem wir uns Seiner Vergebung, Seinem Wort, Seinem Tisch nähern, Raum für das Gebet finden, Ihn in den Bedürftigen willkommen heißen. Hegen wir seine Erwartung, ohne uns von so vielen unnützen Dingen ablenken zu lassen und ohne uns ständig zu beklagen, sondern halten wir unser Herz wach, das heißt, sehnsüchtig nach Ihm, wach und bereit, ungeduldig, Ihm zu begegnen.
Möge die Jungfrau Maria, die Frau der Erwartung, uns helfen, ihren Sohn, der kommt, zu empfangen.
(vatican news - sst)
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