Papst Franziskus spricht Argentinierin heilig
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Die Laienkatholikin des 18. Jahrhunderts ist die erste Frau aus Argentinien, der diese Ehre zuteilgeworden ist. Insgesamt werden damit in der Weltkirche fünf herausragende Christen aus Argentinien als Heilige verehrt; vier davon hat der Argentinier Franziskus „kanonisiert“, wie der Fachbegriff heißt. Zur Feier des Tages war auch der neue argentinische Präsident Javier Milei in den Vatikan gereist. Der Populist, der den Papst unlängst in seinem Wahlkampf noch heftig beschimpfte, hat mittlerweile die Tonart gewechselt, er wohnte dem Gottesdienst milde lächelnd bei und umarmte ihn sogar zum Schluss. Am Montag will Franziskus ihn in Audienz empfangen. Insgesamt nahmen 5.500 Menschen am Gottesdienst teil.
Präsident Milei im Petersdom
„Komm, Schöpfer Geist“: Mit diesen Klängen setzte die Feier in St. Peter ein. Dann verlas Kardinal Marcello Semeraro, der Präfekt der Heiligen-Behörde des Vatikans, eine kurze Biografie von „Mama Antula“. Darin ergaben sich einige Berührungspunkte zur Vita von Papst Franziskus, der dem Gottesdienst vorstand; denn die Wanderpredigerin stammte nicht nur aus Buenos Aires, so wie er, sie hatte auch eine besondere Verbindung zum Jesuitenorden, dem der Papst angehört. Nachdem sie vor einer arrangierten Ehe aus ihrem wohlhabenden Elternhaus geflohen war, war es die Begegnung mit einigen Jesuiten, die ihr Leben entscheidend prägen sollte.
Ein jesuitisches Charisma
„Nach der Vertreibung der Jesuiten machte sie es sich zum Anliegen, die ignatianische Spiritualität und vor allem deren Exerzitien zu fördern. Die geweihte Laienkatholikin machte dies zum Herzstück ihrer Berufung und Sendung. Sie unternahm mehrere Missionsreisen zu Fuß und in absoluter Armut und versammelte die Menschen überall, wo sie hinkam, zur Meditation und zum Gebet… Damals konnten Zehntausende von ‚Porteños‘- Einwohner von Buenos Aires -, Laien und Kleriker, arme Leute ebenso wie prominente Persönlichkeiten, aus den von Mama Antula organisierten Exerzitien reichen Nutzen ziehen… Vor ihrem Tod konnte sie in Buenos Aires noch ein Exerzitienhaus gründen, in dem sie bis zuletzt Menschen aus allen Gesellschaftsschichten aufnahm. Sie starb am 7. März 1799.“
Feierlicher Moment der Heiligsprechung
Feierlich erklang unter der Kuppel des Michelangelo die Allerheiligen-Litanei, dann sprach der Papst die Heiligsprechungsformel. Ein Diakon beweihräucherte die Reliquien von „Mama Antula“; ein überlebensgroßer Teppich zeigte sie mit ernstem Gesicht, gekleidet wie eine Ordensfrau, in den Händen ein Buch – vielleicht die „Geistlichen Übungen“ des hl. Ignatius? – und einen Kreuzstab. Das Evangelium wurde, wie bei besonders feierlichen Anlässen üblich, auch auf Griechisch vorgetragen. Bei der Gabenbereitung brachte Claudio Perusini zusammen mit seiner Familie Gaben zum Altar; der Mann ist durch ein Wunder geheilt worden, das auf Fürsprache der neuen Heiligen geschah und das den Weg zu ihrer Kanonisierung geebnet hat.
Der Papst hat die neue Heilige schon am Freitag ausführlich gewürdigt; in seiner Predigt von diesem Sonntag verzichtete er nun weitgehend darauf, ihre Tugenden ins Licht zu setzen. Stattdessen ging er detailliert auf das Evangelium von diesem Sonntag ein, das die Heilung eines Leprakranken durch Jesus schildert (Mk 1,40-45). Der Mann habe nicht nur unter Lepra gelitten, sondern auch, ja vor allem unter der Ausgrenzung.
„Angst, Vorurteile und falsche Religiosität: Dies sind drei Ursachen für eine große Ungerechtigkeit, drei ‚Leprainfektionen der Seele‘, die einen Schwachen leiden lassen, weil er wie Abfall behandelt wird. Brüder und Schwestern, denken wir nicht, dass dies nur in der Vergangenheit geschah. Wie vielen leidenden Menschen begegnen wir auf den Bürgersteigen unserer Städte! Und wie viele Ängste, Vorurteile und inkongruente Verhaltensweisen auch vonseiten derer, die glauben und sich als Christen bezeichnen, verletzen sie weiterhin! Auch in unserer Zeit gibt es viel Ausgrenzung, gibt es Schranken, die es einzureißen gilt, gibt es ‚Leprainfektionen‘, die der Heilung bedürfen.“
Und wie geht eine solche Heilung vor sich? Nicht, indem wir Abstand halten. Das schärfte der Papst seinen Zuhörern im Petersdom mit dem Hinweis darauf ein, dass Jesus den Kranken zunächst einmal berührt habe. Obwohl ihm klar gewesen sei, dass er damit gegen die Reinheitsvorstellungen seiner Zeit verstieß.
Die schwerste Lepra ist die Sünde...
„Der Herr hätte es vermeiden können, diesen Menschen zu berühren, es hätte gereicht, ihn ‚aus der Ferne zu heilen‘. Aber Christus ist nicht so, sein Weg ist der der Liebe, die denen nahe sein will, die leiden, die den Kontakt sucht und ihre Wunden berührt. Unser Gott, liebe Brüder und Schwestern, ist nicht weit weg im Himmel geblieben, sondern ist in Jesus Mensch geworden, um unsere Armut zu berühren. Und angesichts der schwersten ‚Lepra‘, nämlich der Sünde, ist er nicht davor zurückgeschreckt, am Kreuz zu sterben, außerhalb der Stadtmauern, verstoßen wie ein Sünder, wie ein Leprakranker, um unsere menschliche Wirklichkeit bis zum Letzten zu berühren.“
Alle, die Jesus heute nachfolgen, seien dazu aufgerufen, wie er andere Menschen zu berühren. Dazu gehöre in erster Linie, weniger an sich selbst und mehr an andere zu denken. Auch dürften wir die Welt nicht „auf die Mauern unseres Wohlbefindens reduzieren“, sonst seien wir selbst krank: Franziskus sprach von einem „Lepra der Seele“, mit dem er Unempfindlichkeit gegenüber anderen meinte.
„Indem wir uns von Jesus berühren lassen, werden wir in unserem Inneren, in unserem Herzen geheilt. Wenn wir uns von ihm im Gebet und in der Anbetung berühren lassen, wenn wir ihn durch sein Wort und die Sakramente in uns wirken lassen, dann verändert uns seine Berührung wirklich. Sie heilt uns von der Sünde, befreit uns von Verschlossenheit, verwandelt uns über das hinaus, was wir allein mit unseren eigenen Anstrengungen tun können. Unsere verwundeten Stellen..., die Krankheiten der Seele, müssen zu Jesus gebracht werden – und dies geschieht im Gebet; freilich nicht in einem abstrakten Gebet, das nur aus zu wiederholenden Formeln besteht, sondern im aufrichtigen und lebendigen Gebet, mit dem man das Elend, die Schwächen, die Irrtümer, die Ängste Christus zu Füßen legt. Und so überlegen wir und fragen wir uns: lasse ich Jesus meine 'Lepra' berühren, damit er mich heilt?“
„Nähe und Diskretion“
Der Papst warb für eine „verborgene Nächstenliebe des Alltags“, die nicht den Beifall der Öffentlichkeit suche, sondern von „Nähe und Diskretion“ gekennzeichnet sei. Auf diese Weise liebe uns Gott, und so sollten wir auch unsere Nächsten lieben. Das war der Punkt ganz am Schluss der Predigt, an dem Franziskus dann doch noch in freier Rede auf die neue Heilige aus seiner Heimat zu sprechen kam.
„Und heute denken wir an María Antonia de San José, Mama Antula. Sie war eine Wanderin des Geistes. Sie legte Tausende von Kilometern zu Fuß zurück, durch Wüsten und über gefährliche Straßen, um Gott zu bringen. Heute ist sie für uns ein Vorbild an apostolischem Eifer und Kühnheit. Als die Jesuiten vertrieben wurden, entzündete der Geist in ihr eine missionarische Flamme, die auf Vertrauen in die Vorsehung und Beharrlichkeit beruhte. Sie rief die Fürsprache des heiligen Josef an... Beten wir heute zu María Antonia, Santa María Antonia de Paz de San José, dass sie uns so sehr helfen möge. Möge der Herr uns alle segnen.“
(vatican news – sk)
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