Angelus: Die Papstansprache im Wortlaut
Brüder und Schwestern, guten Tag!
Heute, am fünften Fastensonntag, während die Heilige Woche immer näherrückt, sagt uns Jesus im Evangelium etwas Wichtiges (vgl. Joh 12,20-33). Und was sagt er uns? Dass wir am Kreuz die Verherrlichung Jesu und des Vaters sehen werden (vgl. V. 23.28).
Wie aber ist es möglich, dass sich die Verherrlichung Gottes genau dort, am Kreuz, zeigt? Man sollte meinen, dass dies bei der Auferstehung geschieht, und nicht am Kreuz, das eine Niederlage, ein Scheitern ist! Und doch sagt Jesus heute, als er von seiner Passion spricht: „Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht wird“ (V. 23). Was also will er uns damit sagen?
Er will uns sagen, dass Herrlichkeit für Gott nicht mit menschlichem Erfolg, Ruhm oder Popularität gleichzusetzen ist: die Herrlichkeit hat für Gott nichts Selbstbezogenes, sie ist keine grandiose Machtdemonstration mit anschließendem öffentlichem Beifall. Für Gott bedeutet Herrlichkeit Liebe, die bis zur Hingabe des eigenen Lebens geht. Sich zu verherrlichen bedeutet für ihn, sich hinzugeben, sich zugänglich zu machen, seine Liebe anzubieten. Und seinen Höhepunkt fand dies am Kreuz - gerade dort: am Kreuz, wo Jesus die Liebe Gottes in vollem Umfang entfaltet hat, indem er sein barmherziges Antlitz vollständig offenbart, uns das Leben geschenkt und jenen vergeben hat, die ihn ans Kreuz schlugen.
Brüder und Schwestern, vom Kreuz, der „Kathedra Gottes“, lehrt uns der Herr, dass die wahre Herrlichkeit, die nie vergeht und glücklich macht, aus Hingabe und Vergebung besteht. Hingabe und Vergebung sind das Wesen der Herrlichkeit Gottes. Und für uns sind sie der Weg des Lebens. Hingabe und Vergebung: so ganz andere Kriterien als das, was wir um uns herum und auch in uns selbst sehen, wenn wir uns die Herrlichkeit als etwas vorstellen, das man empfängt, und nicht als etwas, das man gibt; als etwas also, das man besitzt, statt es anzubieten. Nein, weltlicher Ruhm vergeht, er hinterlässt keine Freude im Herzen. Und er bringt auch nicht das Wohlergehen aller, sondern Spaltung, Zwietracht und Neid.
Fragen wir uns also: Was ist der Ruhm, den ich mir für mich, für mein Leben wünsche, den ich mir für meine Zukunft erträume? Will ich andere mit meinem Können, meinen Fähigkeiten oder den Dingen, die ich besitze, beeindrucken? Oder will ich den Weg des Schenkens und der Vergebung gehen: den Weg des gekreuzigten Jesus; den Weg dessen, der nicht müde wird zu lieben, im Vertrauen darauf, auf diese Weise Gott in der Welt zu bezeugen und die Schönheit des Lebens zum Strahlen zu bringen? Welchen Ruhm will ich für mich? Vergessen wir nicht, dass in dem Moment, in dem wir geben und vergeben, in uns die Herrlichkeit Gottes aufscheint. Gerade dann, wenn wir geben und vergeben.
Die Jungfrau Maria, die Jesus in der Stunde der Passion gläubig gefolgt ist, helfe uns, lebendiger Abglanz der Liebe Jesu zu sein.
(vaticannews - skr)
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