Papst bei Chrisammesse: Nichtgläubige nicht abwerten
Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt
An dem feierlichen Gottesdienst im Petersdom nahmen rund 4.000 Gläubige teil, darunter auch 1.500 Priester, die im Gottesdienst auch ihr Weihe-Versprechen erneuerten. Papst Franziskus richtete sich in seiner langen und nachdenklichen Predigt, die er diesmal wieder selbst hielt, mehrfach auch direkt an die Priester. Zentral war besonders das Thema Reue. Dazu erklärte der Papst selbst eingangs, in diesem Jahr wolle er, „einige Gedanken über einen eher vernachlässigten, aber wesentlichen Aspekt des geistlichen Lebens teilen; ich gebe ihn mit einem Wort wieder, das vielleicht veraltet ist, von dem ich aber glaube, dass es uns guttut, es wieder neu zu entdecken: die Reue (compunctio)."
Reue wieder neu entdecken
Reue könne dabei helfen, verhärtete Herzen zu heilen, wenn man bereit sei, sich „verwundet und reumütig von Jesus vergeben zu lassen. Der Papst betonte in dem Zusammenhang auch die Bedeutung von Tränen, „die nach dem Wasser der Taufe das heiligste Wasser sind". Franziskus führte aus:
„Ohne Reue und Weinen verhärtet das Herz: Zuerst wird es routiniert, dann wird es ungeduldig gegenüber Problemen und gleichgültig gegenüber Menschen, dann kalt und fast teilnahmslos, wie in eine unzerbrechliche Schale gehüllt, und schließlich wird es zu Stein. Aber so wie der Tropfen den Stein aushöhlt, so höhlen die Tränen langsam die verhärteten Herzen. So werden wir Zeugen des Wunders, dass Traurigkeit zur Sanftmut führt."
Alle Priester lud Papst Franziskus ein, sich auch ehrlich und aufrichtig selbst zu hinterfragen, was es zu bereuen gelte. In diesem Zusammenhang kam er in freier Rede auch auf den Klerikalismus zu sprechen: „Es bedeutet, voll Trauer über meine Falschheit und Unaufrichtigkeit nachzudenken - diese klerikale Unaufrichtigkeit, in die wir oft abrutschen, seid da vorsichtig! Es bedeutet, in die verschlungenen Wege meiner Heuchelei hinabzusteigen. Und dann schaue ich von dort aus wieder auf den Gekreuzigten und lasse mich von seiner Liebe bewegen, die immer verzeiht und aufrichtet, die die Hoffnungen derer niemals enttäuscht, die auf ihn vertrauen. So fließen die Tränen weiter und läutern das Herz."
Barmherzigkeit
Die Reue sei das Heilmittel, denn sie erinnere auch daran, dass Gott den reuigen Menschen ihre Sünden vergebe. Papst Franziskus rief die Priester daher auch dazu auf, stets barmherzig zu sein und auch angesichts der Sünden der anderen zu weinen, „anstatt sich über das Böse, das die Brüder und Schwestern begangen haben, zu erzürnen und sich zu empören":
„Liebe Brüder, von uns, seinen Hirten, verlangt der Herr keine abwertenden Urteile über diejenigen, die nicht glauben, sondern Liebe und Tränen für diejenigen, die weit weg sind. Die schwierigen Situationen, die wir sehen und erleben, der Mangel an Glauben, die Leiden, denen wir begegnen, wecken, wenn sie mit einem reuevollen Herzen in Berührung kommen, nicht unnachgiebige Polemik, sondern Beharrlichkeit in der Barmherzigkeit. Wie sehr müssen wir uns von Härte und Schuldzuweisungen, von Egoismus und Ehrgeiz, von Starrheit und Unzufriedenheit befreien, um uns Gott anzuvertrauen und um ihm die Menschen anzuvertrauen und in ihm einen Frieden zu finden, der uns in jedem Sturm rettet!" - so der eindringliche Aufruf von Papst Franziskus in seiner Predigt.
Beten und anbeten
Das katholische Kirchenoberhaupt rief die Priester neben Barmherzigkeit, Mitgefühl und Solidarität zudem auch zum Gebet und zu Anbetung auf:
„Die Reue ist nicht so sehr das Ergebnis unserer Übung, sondern eine Gnade und als solche ist sie im Gebet zu erbitten. Die Reue ist ein Geschenk Gottes, sie ist die Frucht des Wirkens des Heiligen Geistes."
Zum Thema Reue hatte der Papst für die Priester auch noch zwei konkrete Tipps: Sie sollten „das Leben und die Berufung nicht aus dem Blickwinkel der Effizienz und der Unmittelbarkeit betrachten, die nur mit dem Heute und seinen Dringlichkeiten und Erwartungen verbunden ist, sondern zusammen mit der Vergangenheit und Zukunft" sehen. Es gelte, sich stets an die Treue Gottes und seine Vergebung zu erinnern und an die verheißene Zukunft und die Berufung zu denken. Der zweite Tipp des Papstes für die Priester:
„Entdecken wir erneut die Notwendigkeit, uns einem Gebet zu widmen, das nicht verpflichtend und nicht funktional, sondern zweckfrei, ruhig und ausgedehnt ist. Bruder, wie betest du? Kehren wir zur Anbetung zurück. Hast du die Anbetung vergessen? Kehren wir zum Herzensgebet zurück."
Franziskus nutzte zudem seine Predigt auch, um Verständnis für die vielen Aufgaben der Priester und Schwierigkeiten in einer säkularen Gesellschaft zu äußern. Er warnte aber ein weiteres Mal vor Jammerei:
„Wir laufen heute in einer säkularen Gesellschaft Gefahr, sehr aktiv zu sein und uns gleichzeitig ohnmächtig zu fühlen, mit dem Ergebnis, dass wir den Enthusiasmus verlieren und versucht sind, ,die Ruder einzuziehen`, uns in Gejammer einzuschließen - Vorsicht bei Gejammer! - und die Größe der Probleme für bedeutender zu halten als die Größe Gottes. Wenn dies geschieht, werden wir bitter und stechend. Wir reden immer schlecht über andere, finden immer eine Gelegenheit, zu jammern."
Dank an die Priester
Franziskus, der auch Bischof von Rom ist, hatte auch noch ein Geschenk für die Priester der Chrisammesse dabei: Zum Ende der Messe wurde an die Priester ein Buch von Papst Franziskus über die Unterscheidung verteilt.
Heilige Öle geweiht
Nach seiner Predigt weihte Papst Franziskus dann wie üblich die heiligen Öle, die das Jahr über bei Taufen, Firmungen, Priesterweihen und Krankensalbungen verwendet werden.
(vatican news - sst)
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