Papst: Lassen wir uns vom Schmerz der anderen berühren
Mario Galgano - Vatikanstadt
1953 begann ein kleines Bild der Muttergottes im Haus des Ehepaars Iannuso zu weinen. In diesem außergewöhnlichen Ereignis wurzele „Ihre Geschichte und all das, was Sie mit solcher Großzügigkeit in den verschiedenen operativen Zentren leisten“, sagte der Papst, als er sich an diesem Samstagvormittag an die Mitglieder der Stiftung Santa Angela Merici aus Syrakus wandte, die er im Klemenssaal des Vatikans traf. Der Ursprung der Stiftung, die ihr 50-jähriges Bestehen feiert, liege in den „Tränen Mariens“, die, so der Papst, „Tränen sind, die zu uns von Gottes Mitgefühl für uns alle sprechen“, damit wir uns „in schwierigen Momenten nicht allein fühlen“.
Gleichzeitig wolle der Herr durch die Tränen der Heiligen Jungfrau unsere Herzen lockern, die zuweilen in Gleichgültigkeit vertrockne und in Selbstsucht verhärtet seien; er, der Herr, wolle unser Gewissen sensibel machen, „damit wir uns vom Schmerz unserer Brüder und Schwestern berühren lassen und uns zum Mitleid mit ihnen bewegen, uns verpflichten, sie aufzurichten, sie zu begleiten“, fuhr Franziskus fort.
Die Tränen Marias in konkreten Gesten ausdrücken
Durch die tägliche Arbeit, in der sich Professionalität und Opfergeist mischen würden, drücke die Stiftung „in konkreten Gesten die Tränen der Jungfrau Maria“ aus, so Franziskus weiter, „und gleichzeitig ihren mütterlichen Wunsch, die Tränen ihrer Kinder zu trocknen. Das ist ihre Daseinsberechtigung“. Und dann sagte der Papst:
„Und ihr, Brüder und Schwestern, versucht genau das zu tun: die Tränen der Leidenden zu trocknen, die Schmerzenden zu begleiten, den Schwächsten in der Gesellschaft zur Seite zu stehen, sich um die Schwächsten zu kümmern, diejenigen aufzunehmen und zu beherbergen, die sich in besonderen Situationen der Schwäche befinden. Liebe Brüder und Schwestern, der Dienst, den ihr leistet, ist wertvoll, und ich möchte euch Folgendes sagen: Die Quelle eurer Arbeit ist das Evangelium, bleibt an dieser Quelle hängen!“
Trenne niemals die Liebe zu Gott und die Liebe zum Nächsten
Auch Jesus, so der Papst, ließ sich vom Schmerz der Menschen, denen er begegnete, tief berühren, bis hin zum Weinen vor dem Tod seines Freundes Lazarus. Den Schmerzenden beizustehen, bedeute, das Mitgefühl des Herrn zu bezeugen, der im Evangelium sagt: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ Und so fuhr er fort:
„Jesus fordert uns nämlich auf, die Liebe zu Gott niemals von der Liebe zu unserem Nächsten, insbesondere zu den Ärmsten, zu trennen. Er erinnert uns, Jesus, daran, dass wir am Ende nicht nach unseren Äußerlichkeiten beurteilt werden, sondern nach der Liebe, die wir wie Öl des Trostes über die Wunden unserer Brüder und Schwestern gießen können.“
Die Fähigkeit, sich bewegen zu lassen
Papst Franziskus schloss seine Ansprache an die Mitglieder der Stiftung aus Syrakus mit der Ermutigung, ihren Weg fortzusetzen, und bat um die Gnade, „mit denen zu weinen, die weinen“. Eine Gnade, weil es heute schwierig sei, die Fähigkeit zu besitzen, sich vom Schmerz der anderen berühren zu lassen:
„Die Gleichgültigkeit, der Individualismus, der uns von den Schicksalen der Menschen um uns herum abschließt, und die Betäubung des Herzens, die uns vor den Dramen des Alltags nicht mehr bewegt - diese drei Dinge sind das größte Übel unserer Gesellschaft. Bitte schämt euch nicht zu weinen, Gefühle für die Leidenden zu empfinden; scheut euch nicht, Mitgefühl für die Schwachen zu zeigen, denn Jesus ist in diesen Menschen gegenwärtig.“
Zum Schluss vertraute der Papst alle Anwesenden der Muttergottes der Tränen an und lud sie ein, auch im Verborgenen zu handeln, weil er glaube, dass „das Gute, das denen getan wird, die es nicht erwidern können, sich auf überraschende und unerwartete Weise ausbreitet“.
Hintergrund
Die Stiftung wurde im Oktober 1975 gegründet und bis 2007 von Bischof Salvatore Gozzo geleitet. Die sizilianische Einrichtung, die sich an den religiösen Grundsätzen ihres Gründers der Nächstenliebe und des Respekts für die Bedürftigsten orientiert, will den Gästen den Komfort einer ruhigen Atmosphäre bieten, die auf angemessenen Rehabilitations- und sozialmedizinischen Maßnahmen beruht.
(vatican news)
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