Papst: Neuer Sozialpakt für würdige und nachhaltige Arbeit
Anne Preckel – Vatikanstadt
Dazu ist eine globale Haltungsänderung nötig, an der sich jeder beteiligen soll, machte der Papst deutlich. „Die Welt braucht ein erneuertes Engagement, einen neuen Sozialpakt, der uns - die älteren wie die jüngeren Generationen - für die Bewahrung der Schöpfung und für die Solidarität und den gegenseitigen Schutz innerhalb der menschlichen Gemeinschaft zusammenschweißt“, so Franziskus in seiner Ansprache.
Seine Gäste beteiligen sich an der Konferenz „Fürsorge ist Arbeit, Arbeit ist Fürsorge“, die das vatikanische Entwicklungsdikasterium und die Internationale Katholische Migrationskommission (ICMC) in dieser Woche im Vatikan ausrichten. Vertreten sind katholische und nichtkatholische Fachleute aus aller Welt, die sich über die Würde der Arbeit und globale Entwicklungen wie auch Missstände in diesem Bereich austauschen.
Für Grundrechte eintreten
Kämpferisch zeigte sich der Papst in seiner Ansprache bei einem seiner Herzensanliegen, der sozialen Gerechtigkeit – sie sei den Päpsten wichtig, werde aber „von der liberalen Mainstream-Wirtschaft nicht akzeptiert“, kritisierte Franziskus, der immer wieder für einen Wandel der Weltwirtschaft wirbt, unter anderem in seiner Sozialenzyklika Laudato sì. Er ermutigt alle Bürger dazu, in diesem Bereich nicht zu verstummen, sondern für Grundrechte einzutreten:
„In der Tat besteht in unseren heutigen Gesellschaften die Gefahr, dass wir passiv hinnehmen, was um uns herum geschieht, entweder mit einer gewissen Gleichgültigkeit oder weil wir nicht in der Lage sind, die oft komplexen Fragen zu formulieren und angemessene Antworten darauf zu finden. Dies bedeutet jedoch, wir lassen zu, dass soziale Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten zunehmen, auch in Bezug auf die Arbeitsbeziehungen und die Grundrechte der Arbeitnehmer. Und das ist nicht gut!“
Gegen eine Wirtschaft, die schädigt
Franziskus ging auf weitere kontroverse Bereiche des Themas Arbeit ein: umweltschädigende Industrien und Arbeitsweisen sowie globale Ernährungsunsicherheit.
Bergbauunternehmen, die Rohstoffe aus dem Süden in den industrialisierten Norden exportieren, betreiben oftmals Raubbau an Mensch und Natur, etwa durch die Verschmutzung mit Quecksilber- oder Schwefeldioxid, nannte er als Beispiel. Dem müsse entgegengesteuert werden: „Die Arbeitsbedingungen müssen unbedingt mit den Auswirkungen auf die Umwelt verknüpft werden, wobei den möglichen Folgen für die körperliche und geistige Gesundheit der Betroffenen sowie der Sicherheit besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss.“
Überhaupt müsse man Formen der Arbeit hinsichtlich ihrer Umweltverträglichkeit überdenken, so der Papst weiter. Es brauche einen „gerechten Übergang“ zu verträglicheren Produktionsweisen: „In Anbetracht der gegenseitigen Abhängigkeit von Arbeit und Umwelt geht es darum, die Arten von Arbeit zu überdenken, die gefördert werden sollten, um das gemeinsame Haus zu erhalten, insbesondere auf der Grundlage der Energiequellen, die sie benötigen.“
Hunger - trotz Arbeit und Überproduktion
Dass trotz Arbeit wie auch der Überproduktion und Verschwendung einiger Länder eine globale Ernährungskrise herrscht, hat Franziskus ebenso oft kritisiert. Im Jahr 2023 seien mehr als 280 Millionen Menschen in 59 Ländern und mehreren Gebieten von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen gewesen, zitierte Franziskus Zahlen des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP). Und er fuhr fort:
„Naturkatastrophen und extreme Wetterbedingungen, die durch den Klimawandel noch verschärft werden, sind neben wirtschaftlichen Schocks weitere wichtige Faktoren für die Ernährungsunsicherheit, die wiederum mit strukturellen Schwachstellen wie Armut, hoher Abhängigkeit von Nahrungsmittelimporten und schlechter Infrastruktur zusammenhängen.“
Migrantenwürde
Seine Stimme erhob der Papst am Mittwoch erneut für Migranten und Migrantinnen, die auf der Suche nach Arbeit oder auf der Flucht vor Gewalt und Armut ihre Länder verlassen. „Diese Menschen werden, auch aufgrund von Vorurteilen und ungenauen oder ideologischen Informationen, oft als Problem und Kostenbelastung für eine Nation angesehen, während sie in Wirklichkeit durch ihre Arbeit zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung des Aufnahmelandes und des Landes, aus dem sie kommen, beitragen“, gab Franziskus zu bedenken.
Während in vielen reichen Ländern die Geburtenraten abnehmen – „jeder hat ein Hündchen, jeder, aber keine Kinder“ – trage Migration dazu bei, diese Tendenz abzumildern, gab Franziskus zu bedenken. Wohl in Anspielung auf Migranten, die - anders als die Bevölkerung des westlichen Ziellandes - weiter Kinder bekommen.
Viele Menschen, die aus armen in reiche Länder migriert sind und hier schlechte Jobs annehmen, seien „immer noch nicht voll integriert und verfügen über keine vollen Rechte“, klagte der Papst. „Sie sind ,Bürger zweiter Klasse‘ und vom Zugang zu Gesundheitsdiensten, Pflege, Unterstützung, finanziellen Schutzplänen und psychosozialen Diensten ausgeschlossen.“
Die Konferenz am Sitz des vatikanischen Entwicklungsdikasteriums tagt noch bis Freitag. Der Papst riet den teilnehmenden Fachleuten, bei ihren gemeinsamen Einsatz für eine gerechtere, nachhaltigere und menschenwürdigere Arbeit „systemische Missstände“ zu benennen wie auch „persönliche und institutionelle Ressourcen“ zu nutzen, um einen positiven Wandel herbeizuführen.
(vatican news – pr)
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