Wortlaut: Das schreibt der Papst Indonesiens Kirche ins Stammbuch
Sämtliche Wortmeldungen des Heiligen Vaters in ihrer offiziellen deutschen Fassung werden auf der Internetseite des Heiligen Stuhls veröffentlicht.
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag! (...)
Wir sind alle Geschwister, (...) und dabei ist keiner wichtiger als der andere. Jeder hat seine spezifische Aufgabe, um die Kirche wachsen zu lassen. (...)
Ich grüße den Kardinal, die Bischöfe, die Priester, [die Diakone], die gottgeweihten Frauen und Männer, die Seminaristen und Katecheten, die hier anwesend sind. (...) Ich danke dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz für seine Worte und auch den Brüdern und Schwestern, die uns ihr Zeugnis gegeben haben.
Wie bereits erwähnt, wurde für diesen Apostolischen Besuch das Motto „Glaube, Geschwisterlichkeit, Mitgefühl“ gewählt. Ich denke, dass dies drei Tugenden sind, die sowohl euren Weg als Kirche als auch das Wesen eures Volkes gut zum Ausdruck bringen, das ethnisch und kulturell sehr vielfältig ist, aber zugleich von einem natürlichen Streben nach Einheit und friedlichem Zusammenleben geprägt ist, wie es in den traditionellen Prinzipien der Pancasila zum Ausdruck kommt. Ich möchte zusammen mit euch über diese drei Worte nachdenken.
Das erste ist Glaube. Indonesien ist ein großes Land mit enormen natürlichen Reichtümern in Bezug auf Flora, Fauna, Energieressourcen, Rohstoffen und so weiter. Ein solch großer Reichtum könnte bei oberflächlicher Betrachtung leicht zu einem Grund für Stolz und Überheblichkeit werden, aber wenn man ihn mit offenem Geist und Herzen betrachtet, kann er hingegen an Gott erinnern, an seine Gegenwart im Kosmos und in unserem Leben, wie uns die Heilige Schrift lehrt (vgl. Gen 1; Sir 42,15-43,33). Es ist nämlich der Herr, der all dies schenkt. Es gibt keinen Zentimeter des wunderbaren indonesischen Territoriums und auch keinen Augenblick im Leben eines jeden seiner Millionen Einwohner, der nicht ein Geschenk Gottes wäre, ein Zeichen seiner unentgeltlichen und vorauseilenden Vaterliebe. Und auf all dies mit demütigen Kinderaugen zu schauen, hilft uns zu glauben, uns als klein und geliebt zu erkennen (vgl. Ps 8) und Gefühle der Dankbarkeit und Verantwortung zu hegen.
(Die Katechistin) Agnes hat uns davon gesprochen, (...) von unserer Beziehung zur Schöpfung und zu unseren Brüdern und Schwestern, vor allem zu den bedürftigsten, die wir mit einem persönlichen und gemeinschaftlichen Stil leben sollen, der von Respekt, Höflichkeit und Menschlichkeit, von Nüchternheit und franziskanischer Nächstenliebe geprägt ist.
Nach dem Glauben ist das zweite Wort im Motto Geschwisterlichkeit. Eine Dichterin des zwanzigsten Jahrhunderts hat diese Haltung mit einem sehr schönen Ausdruck beschrieben: Sie schrieb, Geschwister zu sein bedeute, sich gegenseitig zu lieben, und sich dabei als »unterschiedlich wie zwei Wassertropfen« anzuerkennen (W. Szymborska, zitiert nach Nulla due volte accade, in La gioia di scrivere. Tutte le poesie (1945-2009), Mailand, 2009, S. 45). Und genau so ist es. Kein Wassertropfen gleicht dem anderen, und keine zwei Geschwister, nicht einmal Zwillinge, sind vollkommen identisch. Geschwisterlichkeit zu leben bedeutet also, sich gegenseitig anzunehmen und sich in der Verschiedenheit als gleichwertig anzuerkennen.
Auch dies ist ein Wert, der der Tradition der indonesischen Kirche teuer ist. Er zeigt sich in der Offenheit, mit der sie mit den verschiedenen Wirklichkeiten umgeht, aus denen sie besteht und die sie umgeben, auf kultureller, ethnischer, sozialer und religiöser Ebene, wobei sie den Beitrag aller zur Geltung kommen lässt und ihren eigenen Beitrag in jedem Kontext großzügig einbringt. Dies ist wichtig, denn das Evangelium zu verkünden bedeutet nicht, den eigenen Glauben aufzudrängen oder ihn dem der anderen entgegenzusetzen, es bedeutet nicht Proselytismus, sondern die Freude an der Begegnung mit Christus weiterzugeben und zu teilen (vgl. 1 Petr 3,15-17), immer mit großem Respekt und geschwisterlicher Zuneigung für alle. (...) „Hand in Hand“, wie Don Maxi sagte – „Propheten der Gemeinschaft, in einer Welt, in der die Tendenz, sich zu spalten, sich zu behaupten und zu provozieren, immer mehr zuzunehmen scheint“ (vgl. Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 67). (...)
Es ist wichtig, zu versuchen, alle zu erreichen, wie uns Schwester Rina erinnerte, in der Hoffnung, nicht nur die Texte des Wortes Gottes, sondern auch die Unterweisungen der Kirche in Bahasa Indonesia übersetzen zu können, um sie so vielen Menschen wie möglich zugänglich zu machen. Auch Nicholas hat darauf hingewiesen und die Aufgabe des Katecheten mit dem Bild einer Brücke beschrieben, die verbindet. Das hat mich beeindruckt und mich, inmitten des großen indonesischen Archipels, an das wunderbare Bild von Tausenden von „Brücken des Herzens“ denken lassen, die alle Inseln miteinander verbinden, und noch mehr an Millionen solcher „Brücken“, die alle Menschen, die dort leben, miteinander verbinden! Dies ist ein weiteres wunderschönes Bild der Geschwisterlichkeit: eine riesige Stickerei aus Fäden der Liebe, die das Meer durchziehen, Barrieren überwinden und alle Unterschiede umfangen, so dass alle ein Herz und eine Seele sind (vgl. Apg 4,32). Die Stimme des Herzens - vergeßt das nicht!
Kommen wir nun zum dritten Wort: Mitgefühl, das sehr eng mit der Geschwisterlichkeit verbunden ist. (...) Wie wir wissen, besteht Mitgefühl nicht darin, Almosen an bedürftige Brüder und Schwestern zu verteilen und von oben aus, vom „Turm“ der eigenen Sicherheiten und Privilegien auf sie herabzublicken, sondern im Gegenteil darin, dass wir einander näherkommen, uns von allem befreien, was uns daran hindern könnte, uns hinabzubeugen, um wirklich mit denen in Kontakt zu treten, die am Boden liegen, und sie so wiederaufzurichten und ihnen neue Hoffnung zu geben (vgl. Enzyklika Fratelli tutti, 70). (...)
Und nicht nur das: Es bedeutet auch, ihre Träume und Wünsche nach Befreiung und Gerechtigkeit anzunehmen, sich um sie zu kümmern, sie zu fördern und mit ihnen zusammenzuarbeiten und auch andere miteinzubeziehen und das „Netz“ und die Grenzen in einer großen, sich ausdehnenden Dynamik der Liebe zu erweitern (vgl. ebd., 203). Das bedeutet nicht, Kommunist zu sein! Es bedeutet Nächstenliebe, Liebe!
Es gibt Personen, die sich vor Mitgefühl fürchten, weil sie es für eine Schwäche halten, und die stattdessen, als handelte es sich um eine Tugend, die Schläue derjenigen preisen, die ihre eigenen Interessen verfolgen, sich von allen fernhalten und sich von nichts und niemandem „berühren“ lassen und dabei meinen, dass sie bei der Erreichung ihrer Ziele nüchterner und freier sind. (...) Aber das ist eine falsche Sichtweise auf die Wirklichkeit. Was die Welt weiterbringt, ist nicht Interessenskalkül – das in der Regel zur Zerstörung der Schöpfung und zur Spaltung der Gemeinschaften führt –, sondern die Liebe, die sich verschenkt. Das bringt vorwärts: die Liebe, die sich verschenkt. Das Mitgefühl trübt nicht die wahre Sicht auf das Leben; es lässt uns im Gegenteil die Dinge besser sehen, im Licht der Liebe, (...) mit den Augen des Herzens.
Diesbezüglich scheint mir das Portal dieser Kathedrale mit seiner Architektur unter einem marianischen Aspekt sehr gut zusammenzufassen, was wir gesagt haben. Es wird nämlich in der Mitte des Spitzbogens von einer Säule getragen, auf der eine Statue der Jungfrau Maria steht. Es zeigt uns also die Mutter Gottes vor allem als Vorbild im Glauben, während sie mit ihrem kleinen „Ja“ (vgl. Lk 1,38) symbolisch das gesamte Gebäude der Kirche stützt. Ihr zerbrechlicher Körper, der auf der Säule steht, auf dem Felsen, der Christus ist, scheint nämlich zusammen mit ihm das Gewicht des gesamten Bauwerks zu tragen, so als wolle man sagen, dass dieses Werk menschlicher Arbeit und Erfindungsgabe, nicht von alleine aufrecht stehen kann. Maria erscheint ferner als Bild der Geschwisterlichkeit, indem sie in der Mitte des Hauptportals all diejenigen willkommen heißt, die eintreten wollen. Sie ist die Mutter, die (alle) empfängt. Und schließlich ist sie auch eine Ikone des Mitgefühls, indem sie über das Volk Gottes wacht und es beschützt, das sich mit seinen Freuden und Leiden, seinen Mühen und Hoffnungen im Haus des Vaters versammelt. Sie ist die Mutter des Mitgefühls.
Liebe Brüder und Schwestern, ich möchte dieses Gespräch gern mit einem Wort abschließen, das der heilige Johannes Paul II. hier bei einem Besuch vor bereits einigen Jahrzehnten in einer Ansprache an Bischöfe, Priester und Ordensleute sagte. Er zitierte den Psalmvers Laetentur insulae multae – Freuen sollen sich die vielen Inseln (Ps 97,1) und lud seine Zuhörer ein, dies zu verwirklichen „im Zeugnisgeben für die Freude der Auferstehung (...) und im Darbieten eures Lebens, damit auch die fernsten Inseln sich freuen können, weil sie das Evangelium hören dürfen, dessen echte Prediger, Lehrer und Zeugen ihr seid“ (Begegnung mit den Bischöfen, dem Klerus und den Ordensleuten Indonesiens, Jakarta, 10. Oktober 1989).
Auch ich erneuere diese Aufforderung und ermutige euch, eure Mission fortzusetzen, stark im Glauben, offen für alle in Geschwisterlichkeit und einem jeden nahe im Mitgefühl. Stark, offen, nahe - mit der Stärke des Glaubens, offen, um alle aufzunehmen. (...) Ich denke an die vielen Inseln. Der Herr sagt zu den guten Menschen, zu euch: Alle! Die Guten und die Schlechten - alle! (...) Glaube, Geschwisterlichkeit, Mitgefühl - diese drei Worte hinterlasse ich euch. (...) Ich segne euch und danke euch für das viele Gute, das ihr jeden Tag tut auf diesen schönen Inseln! Ich bete für euch und bitte euch, auch für mich zu beten. (...)
(vaticannews - skr)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.