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Papst in Jakarta: Ein Segen für alle Religionen

Es war der bisher emotionalste Moment der Indonesien-Reise von Franziskus: Eine junge Muslimin mit Kopftuch brach in Tränen aus, als sie im Beisein des Papstes eine Rede über Toleranz hielt.

„Heute habe ich etwas erlebt, das mich verändert hat“, so Ana. „Ich war in der Kathedrale, einem sehr heiligen Ort für die Katholiken, so wie die Moschee für meine Religion ein heiliger Ort ist.“ Das habe ihr die Bedeutung von Toleranz vor Augen geführt. Papst Franziskus, der am Dienstag in Jakarta eingetroffen ist, antwortete ihr: „Was du gesagt hast, hast du mit deinem Herzen verstanden. Und aus dem Herzen zu sprechen, ist eine sehr schöne Sache. Ich danke dir!“

Die Langeweile des Gleichseins

In der bisherigen Hauptstadt Jakarta traf sich Franziskus an diesem Mittwoch mit etwa hundert Kindern und Jugendlichen, die zum päpstlichen Schülernetzwerk „Scholas Occurentes“ gehören. Wie üblich ging er dabei ohne vorbereiteten Redetext auf Fragen der Anwesenden ein. Dabei betonte er den in Asien besonders geschätzten Wert der „Harmonie“ und ermunterte zum kreativen Aushalten von Unterschieden. „Wenn alle Dinge gleich wären, wäre es langweilig.“

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Krieg führen - oder Dialog führen

„Auf Unterschiede gestützt kann man Krieg führen und kann man einen Dialog führen. Wir müssen uns immer entscheiden: Was tue ich? Krieg führen oder einen Dialog führen? Seid vorsichtig. Der Wunsch, alles haben zu wollen: das ist es, was zu Krieg führt. Wenn es keinen Willen gibt, gemeinsam zu gehen. Das ist das Wort: gemeinsam gehen“. Krieg sei „immer eine Niederlage“. „Stattdessen ist es schön, mit Freunden zu diskutieren – es lässt uns wachsen.“

Die heutige päpstliche Stiftung „Scholas Occurentes“ entstand schon vor über zwanzig Jahren auf Betreiben des heutigen Papstes, der damals noch Erzbischof von Buenos Aires (Argentinien) war. Sie umfasst 450.000 Bildungseinrichtungen in 190 Ländern der Welt und fördert benachteiligte Kinder und Jugendliche, egal welcher Religionszugehörigkeit. Ziel ist eine „Kultur der Begegnung“. An diesem Mittwoch wurde er erste Sitz von „Scholas Occurentes“ in Indonesien eingeweiht; dazu pflanzte der Papst symbolisch einen Magrovenbaum.

„Gott ist einer - jeder bete still zum Herrn“

Zum Schluss der Begegnung erteilte das katholische Kirchenoberhaupt einen gewissermaßen interreligiösen Segen. „Segen bedeutet, allen anderen Gutes zu sagen, Gutes zu wünschen. Hier seid ihr von verschiedenen Religionen, aber Gott ist einer, er ist einer! Jeder bete still zum Herrn, und ich werde allen den Segen geben, einen Segen für alle Religionen.“ Indonesien ist das Land mit der zahlenmäßig größten muslimischen Bevölkerung der Welt.

Papst Franziskus hat die traditionelle kirchliche Lehre vom Segnen weiterentwickelt. Schon kurz nach seiner Wahl im März 2013 schloss er bei einer Audienz für Journalisten ausdrücklich die Nichtglaubenden in seinen Segen mit ein. „Da viele von Ihnen nicht der katholischen Kirche angehören, andere nicht gläubig sind, erteile ich von Herzen diesen Segen in Stille jedem von Ihnen mit Respekt vor dem Gewissen jedes einzelnen, aber im Wissen, dass jeder von Ihnen ein Kind Gottes ist.“ Die unlängst vom vatikanischen Glaubensdikasterium erteilte Erlaubnis, unter bestimmten Umständen auch gleichgeschlechtlichen Paaren einen Segen zu erteilen, gründet auf dieser Weiterentwicklung der überlieferten Segens-Theologie.

(vatican news – sk)

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04. September 2024, 15:29