Angelus: Die Katechese im Wortlaut
Liebe Brüder und Schwestern, einen schönen Sonntag!
Das heutige Tagesevangelium (vgl. Mk 12,38-44) erzählt uns von Jesus, der im Tempel von Jerusalem vor dem Volk die heuchlerische Haltung einiger Schriftgelehrter anprangert (vgl. Vv. 38-40).
Letztere waren mit einer wichtigen Aufgabe in der Gemeinschaft Israels betraut, und zwar damit, die Heilige Schrift zu lesen, abzuschreiben und auszulegen. Sie genossen daher großes Ansehen und waren beim Volk hoch geachtet.
Was sie taten, entsprach aber nicht immer dem, was sie lehrten. Sie waren nicht konsequent. Manche meinten, wegen ihres Ansehens und ihrer Macht auf andere herabblicken zu können - es ist hässlich, auf andere herabzublicken - und sie gaben also vor, etwas Besseres zu sein, und versteckten sich hinter einer Fassade vorgetäuschter Ehrbarkeit und Rechtmäßigkeit. Sie nahmen sich Vorrechte heraus, und gingen sogar so weit, die Schwächsten – beispielsweise die Witwen – auch noch zu bestehlen (vgl. V. 40). Statt die ihnen zugewiesene Rolle zu nutzen, um anderen zu dienen, machten sie sie zum Werkzeug von Arroganz und Manipulation. Einige von ihnen haben auf andere herabgeblickt. Und so kam es, dass selbst das Gebet für sie nicht mehr ein Moment der Begegnung mit dem Herrn war, sondern eine Gelegenheit, sich als „Gutmenschen“ zu inszenieren und vorgetäuschte Frömmigkeit zur Schau zu stellen, um die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich zu ziehen und Anerkennung zu erlangen (vgl. ebd.). Erinnern wir uns daran, was Jesus über das Gebet des Zöllners und des Sünders sagt, des Zöllners und solcher Leute.
Ihr Verhalten - nicht aller, aber einiger von ihnen - war das korrupter Menschen, die ein soziales und religiöses System aufrechterhalten, in dem es normal ist, sich auf Kosten anderer – vor allem der Schwächsten – Vorteile zu verschaffen und Ungerechtigkeiten zu begehen, während man selbst Straffreiheit genießt.
Jesus empfiehlt, sich von solchen Menschen fernzuhalten, sich vor ihnen „in Acht zu nehmen“ (vgl. V. 38), sich nicht so zu verhalten, wie sie es tun. Im Gegenteil: wie wir ja wissen, lehrt er selbst durch sein Wort und sein Beispiel in Sachen Autorität ganz andere Dinge. Er spricht von ihr im Sinne der Selbsthingabe und des demütigen Dienstes (vgl. Mk 10,42-45), der mütterlichen und väterlichen Zärtlichkeit den Menschen gegenüber (vgl. Lk 11,11-13), besonders den Bedürftigen (Lk 10,25-37). Und jene, die mit Autorität ausgestattet sind, lädt Jesus ein, ihre Machtposition nicht zu nutzen, um andere zu demütigen, sondern dazu, sie aufzurichten und ihnen Hoffnung und Hilfe zu geben.
Brüder und Schwestern, fragen wir uns also: Wie verhalte ich mich in meinem Verantwortungsbereich? Handle ich in Demut oder prahle ich mit meiner Position? Bin ich großzügig und respektvoll im Umgang mit anderen Menschen, oder behandle ich sie unhöflich und autoritär? Und bin ich Schwächeren nahe? Verstehe ich mich darauf, mich herabzubeugen, um ihnen zu helfen, wiederaufzustehen?
Die Jungfrau Maria helfe uns, die Versuchung der Heuchelei - denn so nennt Jesus sie: "Heuchler", und die Heuchelei ist eine große Versuchung -; sie helfe uns, sie zu bekämpfen, damit wir ohne Scheinheiligkeit und mit Einfachheit Gutes zu tun.
(vaticannews - skr)
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