Wortlaut: Papst-Brief zu Kirchengeschichte-Studium
Brief zur Erneuerung des Studiums der Kirchengeschichte
Liebe Brüder und Schwestern,
mit diesem Brief möchte ich einige Gedanken über die Bedeutung des Studiums der Kirchengeschichte mit euch teilen, insbesondere um den Priestern zu helfen, die gesellschaftliche Wirklichkeit besser zu interpretieren. Ich würde mir wünschen, dass dieses Thema in der Ausbildung neuer Priester und auch anderer pastoraler Mitarbeiter Berücksichtigung findet.
Ich weiß sehr wohl, dass in der Ausbildung von Priesteramtskandidaten dem Studium der Kirchengeschichte große Aufmerksamkeit gewidmet wird, wie es auch richtig und angemessen ist. Was ich jetzt betonen möchte, zielt eher in Richtung einer Einladung, eine echte historische Sensibilität bei jungen Theologiestudenten zu fördern. Mit diesem Ausdruck möchte ich nicht nur auf eine eingehende und genaue Kenntnis der wichtigsten Momente der hinter uns liegenden zwanzig Jahrhunderte des Christentums abstellen, sondern vor allem auch auf die Entwicklung einer klaren Vertrautheit mit der dem Menschen eigenen Geschichtlichkeit. Niemand kann wirklich wissen, wer er ist und was er morgen sein will, ohne das Band zu pflegen, das ihn mit den Generationen verbindet, die ihm vorausgegangen sind. Und das gilt nicht nur hinsichtlich der Geschichte der Einzelnen, sondern auch für die weitere Ebene der Gemeinschaft. Das Studium und die Weitergabe der Geschichte tragen nämlich dazu bei, »das kollektive Bewusstsein lebendig [zu] erhalten«[1]. Ansonsten bleibt nur die persönliche Erinnerung an Sachverhalte, die mit dem eigenen Interesse oder den eigenen Gefühlen zu tun haben, ohne echte Verbindung zu der menschlichen und kirchlichen Gemeinschaft, in der wir leben.
Eine korrekte historische Sensibilität hilft uns allen, einen Sinn für Proportionen zu haben, ein Gefühl für das Maß und die Fähigkeit, die Wirklichkeit ohne gefährliche und gegenstandslose Abstraktionen zu verstehen, so wie sie ist und nicht wie man sie sich vorstellt oder gerne hätte. Auf diese Weise sind wir in der Lage, eine Beziehung zur Wirklichkeit aufzubauen, die nach ethischer Verantwortung, Teilhabe und Solidarität verlangt.
Einer mündlichen Überlieferung zufolge, die ich nicht mit schriftlichen Quellen belegen kann, pflegte ein großer französischer Theologe seinen Studenten zu sagen, dass das Studium der Geschichte uns vor „ekklesiologischem Monophysitismus“ schützt, also vor einer allzu engelsgleichen Vorstellung von der Kirche, von einer Kirche, die nicht real ist, weil sie keine Flecken und Falten hat. Und die Kirche muss wie eine Mutter so geliebt werden, wie sie ist, sonst lieben wir sie gar nicht oder bloß ein Phantasiegebilde. Die Geschichte der Kirche hilft uns, einen Blick auf die wirkliche Kirche zu werfen, um jene Kirche lieben zu können, die tatsächlich existiert und die aus ihren Fehlern und Niederlagen gelernt hat und weiter lernt. Diese Kirche, die sich selbst auch in ihren dunklen Momenten erkennt, wird fähig, die Makel und Wunden der Welt, in der sie lebt, zu verstehen, und wenn sie versucht, sie zu heilen und zum Wachsen zu bringen, wird sie es auf die gleiche Weise tun, wie sie versucht, sich selbst zu heilen und zum Wachsen zu bringen, auch wenn ihr das oft nicht gelingt.
Es handelt sich um ein Korrektiv zu jener schrecklichen Einstellung, die uns dazu bringt, die Wirklichkeit nur aus der triumphalistischen Verteidigung der eigenen Funktion oder Rolle her zu verstehen. Genau dieser letztgenannte Ansatz ist es, der dazu führt, wie ich in der Enzyklika Fratelli tutti herausgestellt habe, dass der verwundete Mann aus dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter als Störfaktor in Bezug auf die eigene Lebenseinstellung wahrgenommen wird, da er einfach ein „Niemand“ und ein „Subjekt ohne Funktion“ ist.[2]
Die Priesteramtskandidaten zu einem Geschichtsbewusstsein zu erziehen, scheint eine offensichtliche Notwendigkeit zu sein. Und das umso mehr in unserer Zeit, in der »ein Verlust des Geschichtsbewusstseins gefördert [wird], was eine weitere Auflösung hervorruft. Man nimmt das Vordringen einer Art von „Dekonstruktivismus“ in der Kultur wahr, bei dem die menschliche Freiheit vorgibt, alles von Neuem aufzubauen. Aufrecht bleibt nur das Bedürfnis, grenzenlos zu konsumieren, und das Hervorkehren vieler Formen eines inhaltslosen Individualismus«.[3]
Wie wichtig es ist, einen Bezug zur Geschichte zu haben
Etwas allgemeiner lässt sich sagen, dass wir heute alle – und nicht nur die Priesteramtskandidaten – einer neuen historischen Sensibilität bedürfen. In diesem Sinn habe ich jungen Menschen einmal folgenden Rat gegeben: »Wenn dir jemand einen Vorschlag macht und dir sagt, du bräuchtest die Geschichte nicht zu beachten, die Erfahrung der Alten nicht berücksichtigen, alles Vergangene könne man verachten und nur die Zukunft im Blick haben, die er dir anbietet, ist das nicht ein einfacher Weg, dich mit seinem Vorschlag zu ködern, damit du nur tust, was er dir sagt? Diese Person will, dass du leer, entwurzelt und misstrauisch bist, damit du nur noch seinen Versprechen vertraust und dich seinen Plänen unterwirfst. So funktionieren Ideologien unterschiedlicher Couleur: Sie zerstören (oder dekonstruieren) alles, was anders ist, und können auf diese Weise ohne Widerstand dominieren. Dazu brauchen sie junge Menschen, die die Geschichte verachten, die die geistigen und menschlichen Reichtümer ablehnen, die über Generationen hinweg weitergegeben wurden, und die alles ignorieren, was vor ihnen war«.[4]
Um die Wirklichkeit zu verstehen, müssen wir sie nämlich diachron betrachten, während die vorherrschende Tendenz darin besteht, sich auf eine Lesart der Phänomene zu verlassen, die diese synchron verflachen: kurz gesagt, sie auf eine Art von Gegenwart ohne Vergangenheit reduzieren. Die Umgehung der Geschichte erscheint oft als eine Form der Blindheit, die uns dazu verleitet, uns mit einer Welt zu beschäftigen und Energie auf eine Welt zu verschwenden, die es nicht gibt, die uns vor Scheinprobleme stellt und uns zu unangemessenen Lösungen führt. Einige dieser Lesarten mögen für kleine Gruppen nützlich sein, aber sicher nicht für die gesamte Menschheit und die ganze christliche Gemeinschaft.
In einer Zeit also, in der die Tendenz, auf Erinnerung zu verzichten oder eine auf die Bedürfnisse der herrschenden Ideologien zugeschnittene Erinnerung zu konstruieren, immer stärker wird, ist eine größere historische Sensibilität dringend erforderlich. Angesichts der Ausradierung der Vergangenheit und der Geschichte oder angesichts „tendenziöser“ geschichtlicher Narrative kann die Arbeit von Historikern sowie das Wissen darüber und seine weite Verbreitung Mystifizierungen, interessengeleiteter Geschichtsrevision und deren öffentlicher Verwendung, die insbesondere der Rechtfertigung von Kriegen, Verfolgungen, der Produktion, dem Verkauf und dem Konsum von Waffen und so vielen anderen Übeln dient, Einhalt gebieten.
Wir erleben heute eine Flut von Erinnerungen, die oft falsch, künstlich und sogar unwahr sind, und gleichzeitig einen Mangel an Geschichte und Geschichtsbewusstsein in der Zivilgesellschaft und auch in unseren christlichen Gemeinschaften. Alles wird noch schlimmer, wenn wir an sorgfältig und heimlich vorgefertigte Geschichten denken, die dazu dienen, Ad-hoc-Erinnerungen, identitäre Erinnerungen und ausgrenzende Erinnerungen zu konstruieren. Die Rolle der Historiker und das Wissen um ihre Erkenntnisse sind heute entscheidend und können eines der Gegenmittel gegen dieses tödliche Regime des Hasses sein, das auf Unwissenheit und Vorurteilen beruht.
Zugleich zeigt gerade das fundierte und mitgeteilte Geschichtswissen, dass wir der Vergangenheit nicht mit einer schnellen und von ihren Konsequenzen losgelösten Interpretation begegnen können. Die Wirklichkeit, ob Vergangenheit oder Gegenwart, ist niemals ein einfaches Phänomen, das auf naive und gefährliche Vereinfachungen reduziert werden darf. Schon gar nicht auf die Versuche derjenigen, die sich für perfekte und allmächtige Götter halten und einen Teil der Geschichte und der Menschheit auslöschen wollen. Es stimmt, dass es in der Menschheit schreckliche Momente und sehr finstere Gestalten geben kann, doch wenn das Urteil in erster Linie durch die Medien, die sozialen Netzwerke oder einfach aus politischem Interesse gefällt wird, sind wir immer dem irrationalen Schwall von Wut oder Emotionen ausgesetzt. Wie man so schön sagt: „Etwas aus dem Zusammenhang Gerissenes dient bloß als Vorwand“. Hier kommt uns das Studium der Geschichte zu Hilfe, denn Historiker können durch die rigorose Methode, mit der sie die Vergangenheit interpretieren, zum Verständnis der Komplexität beitragen. Ein Verständnis, ohne das die Transformation der gegenwärtigen Welt jenseits ideologischer Verformungen nicht möglich ist.[5]
Die Erinnerung an die ganze Wahrheit
Erinnern wir uns an den Stammbaum Jesu, den der heilige Matthäus erzählt. Nichts wird dabei vereinfacht, getilgt oder erfunden. Der Stammbaum des Herrn entspricht der wahren Geschichte, wobei einige – gelinde gesagt – problematische Namen vorkommen und die Sünde von König David hervorgehoben wird (vgl. Mt 1,6). Aber alles mündet letztlich in Maria und Christus und kommt in ihnen zur Blüte (vgl. Mt 1,16).
Wenn dies in der Heilsgeschichte geschehen ist, so geschieht es auch in der Geschichte der Kirche: Die Kirche ist nämlich bisweilen »genötigt, nach glücklich begonnenem Voranschreiten abermals einen Rückschritt zu beklagen, oder sie verbleibt doch wenigstens in einem gewissen Zustand der Unvollständigkeit und Unzulänglichkeit«.[6] Und sie weiß »doch klar, dass unter ihren Gliedern, ob Klerikern oder Laien, im Lauf so vieler Jahrhunderte immer auch Untreue gegen den Geist Gottes sich fand. Auch in unserer Zeit weiß die Kirche, wie groß der Abstand ist zwischen der von ihr verkündeten Botschaft und der menschlichen Armseligkeit derer, denen das Evangelium anvertraut ist. Wie immer auch die Geschichte über all dies Versagen urteilen mag, wir selber dürfen dieses Versagen nicht vergessen, sondern müssen es unerbittlich bekämpfen, damit es der Verbreitung des Evangeliums nicht schade. Die Kirche weiß auch, wie sehr sie selbst in ihrer lebendigen Beziehung zur Welt an der Erfahrung der Geschichte immerfort reifen muss.«.[7]
Ein aufrichtiges und mutiges Studium der Geschichte hilft der Kirche, ihre Beziehungen zu den verschiedenen Völkern besser zu verstehen, und diese Bemühungen müssen dazu beitragen, die schwierigsten und verwirrendsten Momente dieser Völker zu erklären und zu deuten. Wir dürfen die Menschen nicht zum Vergessen einladen, denn wir dürfen »nicht zulassen, dass die gegenwärtigen und künftigen Generationen die Erinnerung an das Geschehene verlieren; jene Erinnerung, die Garantie und Ansporn ist, um eine gerechtere und brüderlichere Welt zu erbauen«.[8] Aus diesem Grund bestehe ich darauf: »Die Shoah darf nicht vergessen werden. […] Die Atombombenangriffe von Hiroshima und Nagasaki dürfen nicht vergessen werden. […] Wir dürfen auch nicht die Verfolgungen, den Sklavenhandel und die ethnischen Säuberungen vergessen, die in verschiedenen Ländern stattfanden und noch stattfinden, und so viele andere historische Ereignisse, für die wir uns schämen, Menschen zu sein. Man muss sich immer an sie erinnern, immer und immer wieder, ohne zu ermüden oder gefühllos zu werden. […] Heute ist die Versuchung groß, das Blatt wenden zu wollen, indem man sagt, dass schon so viel Zeit verstrichen ist und wir vorwärtsblicken müssen. Um Gottes willen, nein! Ohne Erinnerung geht es nicht voran, man entwickelt sich nicht weiter ohne eine umfassende und hellsichtige Erinnerung. […] Deshalb beziehe ich mich nicht nur auf die Erinnerung an die Schrecken, sondern auch auf die Erinnerung an diejenigen, die inmitten eines vergifteten und korrupten Umfeldes die Würde zurückgewinnen konnten und sich mit kleinen oder großen Gesten für Solidarität, Vergebung und Geschwisterlichkeit entschieden haben. Es tut sehr gut, sich an das Gute zu erinnern. […] Vergebung beinhaltet nicht das Vergessen. Auch wenn es Dinge gibt, die niemals toleriert, gerechtfertigt oder entschuldigt werden sollten, können wir dennoch verzeihen«.[9]
Zusammen mit dem Gedenken ist die Suche nach der historischen Wahrheit notwendig, damit die Kirche in der Lage ist, ehrliche und wirksame Wege der Versöhnung und des sozialen Friedens zu initiieren – und dabei zu helfen, sie in der Gesellschaft zu initiieren: »Sie alle müssen lernen, eine bußfertige Gesinnung anzunehmen, welche die Vergangenheit akzeptieren kann, um die Zukunft von eigener Unzufriedenheit, von Verwirrungen oder Projektionen frei zu halten. Allein die historische Tatsachenwahrheit kann Grundlage für das beharrliche, fortgesetzte Bemühen um ein gegenseitiges Verständnis und um eine neue Sichtweise zum Wohle aller sein«.[10]
Das Studium der Kirchengeschichte
Nun möchte ich noch einige kleine Anmerkungen zum Studium der Kirchengeschichte machen.
Die erste Bemerkung betrifft das Risiko, dass diese Art von Studium einen gewissen rein chronologischen Ansatz oder gar eine verkehrte apologetische Ausrichtung beibehält, was die Kirchengeschichte in eine bloße Stütze für die Geschichte der Theologie oder der Spiritualität vergangener Jahrhunderte verwandeln würde. Dies wäre eine Art und Weise, die Kirchengeschichte zu studieren und zu lehren, die nicht jene Sensibilität für die historische Dimension fördert, die ich eingangs erwähnt habe.
Die zweite Anmerkung betrifft die Tatsache, dass die in der ganzen Welt gelehrte Kirchengeschichte insgesamt unter einem Reduktionismus zu leiden scheint, wobei sie in Bezug auf eine Theologie immer noch eine untergeordnete Rolle spielt, die sich dann oft als unfähig erweist, wirklich in einen Dialog mit der lebendigen und existentiellen Wirklichkeit der Männer und Frauen unserer Zeit zu treten. Denn die Kirchengeschichte, die als Teil der Theologie gelehrt wird, kann nicht von der Geschichte der Gesellschaften abgekoppelt werden.
Die dritte Beobachtung bezieht sich auf die Tatsache, dass man in der Ausbildung zukünftiger Priester eine immer noch unzureichende Ausbildung im Hinblick auf die Quellen wahrnimmt. So werden die Studenten beispielsweise nur selten in die Lage versetzt, grundlegende Texte des antiken Christentums wie den Brief an Diognet, die Didache oder die Märtyrerakten zu lesen. Wenn jedoch die Quellen nicht geläufig sind, fehlt das Rüstzeug, um sie ohne ideologische Filter oder theoretische Vorverständnisse zu lesen, die keine lebendige und anregende Auseinandersetzung zulassen.
Eine vierte Bemerkung betrifft die Notwendigkeit, Kirchengeschichte – wie auch Theologie – nicht nur mit Strenge und Präzision, sondern auch mit Leidenschaft und Engagement zu betreiben: Mit jener Leidenschaft sowie jenem persönlichen und gemeinschaftlichen Engagement, das denjenigen eigen ist, die bei der Evangelisierung keine neutrale und sterile Position gewählt haben, weil sie die Kirche lieben und sie als Mutter annehmen, so wie sie ist.
Eine weitere Feststellung, die mit der vorherigen zusammenhängt, betrifft die Verbindung zwischen Kirchengeschichte und Ekklesiologie. Die historische Forschung leistet einen unverzichtbaren Beitrag zur Entwicklung einer Ekklesiologie, die wirklich geschichtlich ist und zugleich dem Geheimnis gerecht wird.[11]
Die vorletzte Beobachtung, die mir sehr am Herzen liegt, betrifft die Auslöschung der Spuren derjenigen, die sich im Laufe der Jahrhunderte kein Gehör verschaffen konnten, ein Umstand, der eine getreue historische Rekonstruktion schwierig macht. Und hier frage ich mich: Ist nicht gerade dies für den Kirchenhistoriker ein vorrangiges Forschungsgebiet, das gewöhnliche Gesicht der Letzten so weit wie möglich ans Licht zu bringen und die Geschichte ihrer Niederlagen und der Unterdrückung, die sie erlitten haben, aber auch ihres menschlichen und geistlichen Reichtums zu rekonstruieren, und damit Mittel zum Verständnis der heutigen Phänomene der Marginalisierung und Ausgrenzung zur Verfügung zu stellen?
Mit dieser letzten Anmerkung möchte ich daran erinnern, dass die Kirchengeschichte dazu beitragen kann, die gesamte Erfahrung des Märtyrertums wieder neu zu entdecken, in dem Bewusstsein, dass es keine Kirchengeschichte ohne Märtyrertum gibt und dass wir diese kostbare Erinnerung niemals verlieren sollten. »Ja selbst die Feindschaft ihrer Gegner und Verfolger, so gesteht die Kirche, war für sie« in der Geschichte ihres Leidens »sehr nützlich und wird es bleiben«.[12] Gerade dort, wo die Kirche in den Augen der Welt nicht triumphiert hat, hat sie ihre größte Schönheit erreicht.
*
Abschließend möchte ich daran erinnern, dass wir hier von Studium sprechen, nicht von Gerede, oberflächlicher Lektüre, „Cut and Paste“ von Zusammenfassungen aus dem Internet. Es gibt viele, die uns »drängen, den Erfolg billig zu erlangen, wobei das Opfer in Misskredit gebracht und die Vorstellung eingeschärft wird, dass das Studium nichts nützt, wenn es nicht sofort etwas Konkretes abwirft. Nein, das Studium nützt dazu, sich Fragen zu stellen, sich nicht von der Banalität betäuben zu lassen, den Sinn des Lebens zu suchen. Es muss das Recht darauf beansprucht werden, nicht den vielen Sirenen die Vorherrschaft zu überlassen, die heute von dieser Suche abbringen. […] Das also ist eure große Aufgabe: Auf die lähmenden Kehrreime des kulturellen Konsumdenkens mit dynamischen und starken Entscheidungen zu antworten, mit der Forschung, der Erkenntnis und dem gemeinsamen Teilen.«[13]
Brüderlich,
FRANZISKUS
Gegeben zu Rom, bei Sankt Johannes im Lateran, am 21. November des Jahres 2024, dem zwölften meines Pontifikats, am Gedenktag der Unserer Lieben Frau in Jerusalem.
[1] Vgl. Botschaft zum 53. Weltfriedenstag am 1. Januar 2020 (8. Dezember 2019).
[2] Vgl. Enzyklika Fratelli tutti, 101.
[3] Enzyklika Fratelli tutti, 13.
[4] Nachsynodales Apostolisches Schreiben Christus vivit (25. März 2019), 181.
[5] Vgl. Enzyklika Fratelli tutti, 116 und 164-165.
[6] Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret Ad gentes, 6.
[7] Zweites Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution Gaudium et spes, 43.
[8] Ansprache am Friedensdenkmal, Hiroshima – Japan (24. November 2019).
[9] Enzyklika Fratelli tutti, 247.248. 249.250.
[10] Enzyklika Fratelli tutti, 226.
[11] Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 1.
[12] Zweites Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution Gaudium et spes, 44.
[13] Ansprache bei der Begegnung mit Studenten und Universitätsdozenten in Bologna (1. Oktober 2017).
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