Papst: Banken nah an den Menschen – Nein zur Wucherlogik
„Leider hat das Finanzwesen in der globalisierten Welt kein Gesicht mehr und hat sich vom Leben der Menschen entfernt. Wenn das einzige Kriterium der Profit ist, hat das negative Folgen für die Realwirtschaft“: Diese deutliche Mahnung an das Finanzwesen kommt von Papst Franziskus, der an diesem Montag Vertreter verschiedener italienischer Kreditinstitute empfangen hat.
Zuvor hatte er seinen Gästen die Vorteile einer volksnahen Kreditwirtschaft auseinandergesetzt, wie sie unter anderem durch Ordensleute und „erleuchtete Laien“ vor allem in ruralen Gegenden zur Unterstützung der lokalen Wirtschaft eingerichtet wurde.
Potenzial und Widersprüche
Überhaupt nahm Franziskus in seiner Ansprache vor den Bankern kein Blatt vor dem Mund. Das Treffen im Vatikan gebe die Gelegenheit, „über das Potenzial und die Widersprüche der heutigen Wirtschafts- und Finanzwelt nachzudenken“, kündigte er gleich zu Beginn an. Dabei hatte er auch die Aktivitäten multinationaler Konzerne im Blick, die ihre Aktivitäten oftmals dorthin verlagerten, „wo es einfacher ist, Arbeitskräfte auszubeuten“. Dies führe dazu, dass „Familien und Gemeinschaften benachteiligt werden und die über Jahrzehnte hinweg aufgebauten Fähigkeiten, sogar Arbeitsfähigkeiten, zunichte gemacht werden“, so Franziskus:
„Und es gibt ein Finanzwesen, das Gefahr läuft, wucherische Kriterien anzuwenden, wenn es diejenigen begünstigt, die bereits abgesichert sind, und diejenigen ausschließt, die sich in Schwierigkeiten befinden und mit Krediten unterstützt werden müssten.“
Entfernung von den Menschen
Das grundlegende Risiko sei in diesem Fall eine „Entfernung vom Territorium“, wobei zur Wahrung der eigenen Interessen an einem Ort Profite eingesammelt und dann an andere Orte verschoben würden: „Die Menschen fühlen sich also im Stich gelassen und ausgebeutet“, so Franziskus, der demgegenüber das positive Beispiel der volksnahen Kreditwirtschaft aus vergangenen Zeiten hervorhob.
„Durch Bankkredite konnten viele wirtschaftliche Aktivitäten, sowohl in der Landwirtschaft als auch in Industrie und Handel, unterstützt werden“, erinnerte Franziskus. Er lud dazu ein, vor diesem historischen Hintergrund auch die Widersprüche „in einer bestimmten Art und Weise des Bank- und Finanzwesens in unserer Zeit“ zu erkennen:
„Wenn das Finanzwesen auf den Menschen herumtrampelt, die Ungleichheit schürt und sich vom Leben in den Territorien entfernt, verrät es seinen Zweck. Es wird - wie ich sagen würde - zu einer unzivilisierten Wirtschaft: ihm fehlt die Zivilisation.“
Doch die Anwesenheit seiner Gäste zeuge letztlich von einem differenzierten finanziellen System, das auf viele verschiedene Situationen zu reagieren habe, räumte Franziskus weiter ein.
„Ohne angemessene Finanzsysteme, die in der Lage sind, Menschen einzubeziehen und nachhaltig zu wirtschaften, würde es keine ganzheitliche menschliche Entwicklung geben“, so der Papst. Er hob in diesem Zusammenhang die wichtige Vermittlerrolle der Banken und Kreditinstitute hervor, die jedoch auch „Transparenz" benötige.
Schließlich sei es „ein Segen für alle“, wenn das positive Eingreifen der Finanzeinrichtungen „konkrete Auswirkungen“ auf die betroffenen Gemeinschaften habe. Doch dieses Eingreifen müsse allen zugutekommen und dürfe nicht an bestimmten Stellen des „sozialen Körpers“ stecken bleiben, andernfalls riskiere die Wirtschaft den „Infarkt“, so die Mahnung des Papstes:
„Ein gesundes Finanzwesen verkommt nicht zu Wucher, reiner Spekulation und Investitionen, die die Umwelt schädigen und Kriege fördern.“
Es liege in der Verantwortung der Bankinstitute, „integratives Denken zu fördern und eine Wirtschaft des Friedens zu unterstützen“, mahnte Franziskus weiter. In diesem Zusammenhang stelle auch das kommende Heilige Jahr ein wichtiges Symbol dar: „Das bevorstehende Jubiläumsjahr erinnert uns an die Notwendigkeit, Schulden zu erlassen. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass im Leben vieler Menschen, insbesondere der Armen, Hoffnung und eine Zukunft entstehen.“
Er wolle sie dazu ermutigen, „Vertrauen zu säen“, so Franziskus zu seinen Gästen, die er abschließend auch dazu ermunterte, stets „das Niveau der sozialen Gerechtigkeit“ hoch zu halten.
(vatican news - cs)
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