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Papst Franziskus auf einem Archivbild Papst Franziskus auf einem Archivbild  (Vatican Media)

Papst erzählt in Biografie von vereitelten Attentatsplänen gegen sich im Irak

Am Tag des 88. Geburtstages von Franziskus haben die italienischen Zeitungen „La Repubblica“ und „Il Corriere della Sera“ einige Passagen einer Autobiographie des Papstes veröffentlicht, die in voller Länge unter dem Titel „Spera“ („Hoffe“) am 14. Januar in rund 80 Ländern erscheinen soll.

Isabella Piro - Vatikanstadt

Darin erzählt der Papst von seiner Kindheit in Buenos Aires, von den Lehren, die er aus der „Konzentration von Menschlichkeit“ in den städtischen Vororten gezogen hat, aber auch von der historischen Reise in den Irak im Jahr 2021, die von logistischen Schwierigkeiten und Sicherheitsbedenken begleitet war. Zwei geplante Anschläge gegen ihn seien im Vorfeld vereitelt worden, so Franziskus.

Die Biografie, die ursprünglich erst nach dem Ableben des Kirchenoberhauptes veröffentlicht werden sollte, hat Franziskus gemeinsam mit Carlo Musso geschrieben. Darin finden sich private Erinnerungen und auch bisher unveröffentlichte Fotos. Das kirchliche Jubiläum des Heiligen Jahres 2025 und die „Bedürfnisse unserer Zeit“ hätten den Papst dazu bewogen, das Buch bereits zu Lebzeiten zu veröffentlichen, hatte der Kösel-Verlag, der sich die Rechte an der deutschsprachigen Ausgabe gesichert hat, bei Ankündigung der Biografie mitgeteilt. Die italienischen Zeitungen „La Repubblica“ und „Il Corriere della Sera“ haben am 88. Geburtstag des Papstes am 17. Dezember 2024 vorab einige Auszüge aus der italienischen Ausgabe veröffentlicht, die bei Mondadori erscheinen wird.

Kindheit im Barrio Flores

„Wenn mir jemand sagt, ich sei ein Bauernpapst (,Papa villero'), bete ich nur, dass ich dessen würdig bin“, schreibt Franziskus darin, während er sich an den „komplexen, multiethnischen, multireligiösen und multikulturellen Mikrokosmos“ des Barrio Flores erinnert, des Viertels in Buenos Aires, in dem er seine Kindheit verbrachte. Hier waren „Unterschiede normal und wir respektierten einander“, denkt Bergoglio an Gruppen von katholischen, jüdischen und muslimischen Freunden zurück, die einander ohne Vorbehalt akzeptierten, wie er schreibt.

Die „moderne Magdalena“

„Ich gehe nicht oft zur Messe, und ich habe alles mit meinem Körper gemacht, aber jetzt möchte ich mich um die Körper kümmern, um die sich niemand kümmert.“

Der Papst erinnert sich auch an seine Begegnung mit Prostituierten, ein Bild der „dunkleren und anstrengenderen Seite der Existenz“, die er seit seiner Kindheit in den argentinischen Vorstädten kennengelernt hatte. Als er Bischof wurde, feierte Bergoglio die Messe für einige dieser Frauen, die inzwischen ihr Leben geändert hatten. „Ich habe mich überall prostituiert“, gesteht ihm eine von ihnen, die Porota heißt, „sogar in den Vereinigten Staaten. Ich habe Geld verdient, dann habe ich mich in einen älteren Mann verliebt, er war mein Liebhaber, und als er starb, habe ich mein Leben geändert. Jetzt habe ich eine Rente. Und ich bade die alten Männer und Frauen in den Altersheimen, die niemanden haben, der sich um sie kümmert. Ich gehe nicht oft zur Messe, und ich habe alles mit meinem Körper gemacht, aber jetzt möchte ich mich um die Körper kümmern, um die sich niemand kümmert“. Eine „moderne Magdalena“, wie Franziskus diese Frau in seinen Memoiren nennt. Sie rief ihn ein letztes Mal aus dem Krankenhaus an, kurz bevor sie starb, um die Krankensalbung und die Kommunion zu empfangen. „Sie ging gut heim“, schreibt der Papst, „wie die Zöllner und Prostituierten, die ,eher ins Reich Gottes eingehen‘ (Mt 21,31). Und ich habe sie sehr geliebt. Auch heute vergesse ich nie, an ihrem Todestag für sie zu beten“.

Freundschaft mit „Padre Pepe“

[ inmitten der Ausgestoßenen einer Wirtschaft, die tötet.. ]

Es fehlt auch nicht an Erinnerungen an die Gefangenen, die Kleiderbürsten herstellten, ebenso wie an der Erzählung darüber, wie die langjährige Freundschaft mit Don José de Paola, genannt „Padre Pepe“, entstanden ist. Der Pfarrer, der in einem Randgebiet der Stadt wirkt, wurde vom zukünftigen Papst in einer Zeit der beruflichen Krise mit Zuhören und Nähe unterstützt. Dort, wo „der Staat seit vierzig Jahren abwesend ist“ und wo die Drogensucht „eine Geißel ist, die die Verzweiflung vervielfacht“, genau dort - so der Papst - „in diesen Peripherien, die für die Kirche immer das neue Zentrum sein müssen, lebt eine Gruppe von Laien und Priestern wie Pater Pepe und gibt jeden Tag Zeugnis für das Evangelium, inmitten der Ausgestoßenen einer Wirtschaft, die tötet“.

Religion ist nicht Opium des Volkes, Glaube ist Begegnung

Eine schwierige Realität, aus der klar hervorgehe, dass die Religion im Gegensatz dazu, was andere sagen mögen, keineswegs „das Opium des Volkes ist, eine beruhigende Erzählung, um die Menschen zu entfremden“, bekräftigt der Papst. Im Gegenteil: gerade „dank des Glaubens und dieses pastoralen und zivilen Engagements“ hätten die Vororte „trotz enormer Schwierigkeiten eine unvorstellbare Entwicklung durchgemacht“. Wie der Glaube sei auch „jeder Dienst immer eine Begegnung“, so der Papst, der darauf beharrt, dass wir „viel von den Armen lernen“ könnten.

Die Reise in den Irak und „die Wunde im Herzen“ von Mosul

„Die Stadt schien wie ein Röntgenbild des Hasses“

Ebenso wie das Drama der städtischen Peripherie behält Franziskus auch das Drama des vom Konflikt verwüsteten Iraks im Blick. Von seinem historischen Besuch vom 5. bis 8. März 2021 - dem ersten eines Papstes in diesem Land - erinnert Franziskus besonders an die „Wunde im Herzen“, die Mosul darstellte:

„Eine der ältesten Städte der Welt, voller Geschichte und Traditionen, die im Laufe der Zeit den Wechsel verschiedener Zivilisationen erlebt hatte und ein Symbol für das friedliche Zusammenleben verschiedener Kulturen in ein und demselben Land war - Araber, Kurden, Armenier, Turkmenen, Christen, Syrer -, stellte sich vor meinen Augen als ein Trümmerfeld dar, nachdem der Islamische Staat sie drei Jahre lang besetzt und zu seiner Hochburg gemacht hatte“, so die Erinnerung des Kirchenoberhauptes von den bewegenden Momenten in der Stadt. Aus der Höhe eines Hubschraubers überflogen, sei ihm das Gebiet als „das Röntgenbild des Hasses, eines der wirksamsten Gefühle unserer Zeit“, erschienen.

Die vergifteten Früchte des Krieges

Franziskus erinnert sich auch an den schwierigen organisatorischen Kontext dieser Reise, der sowohl der anhaltenden Covid-19-Pandemie als auch der prekären Sicherheitsfrage geschuldet war. „Fast alle hatten mir davon abgeraten ... aber“, so schreibt er, dennoch habe er das Gefühl gehabt, dass er in das Land Abrahams reisen musste, des „gemeinsamen Vorfahrens von Juden, Christen und Muslimen“.

„Auch dies hat mich sehr betroffen gemacht.“

Er verschweigt in diesem Zusammenhang auch nicht, dass er vom britischen Geheimdienst Informationen über zwei Bombenanschläge erhalten habe, die während seines Besuchs in Mosul vorbereitet worden seien. Bei einem der Attentäter habe es sich um eine Frau gehandelt, die mit Sprengstoff bepackt war, ein anderer war in einem Lieferwagen unterwegs. Beide wurden von der irakischen Polizei abgefangen und getötet, bevor sie ihren Plan in die Tat umsetzen konnten. „Auch dies hat mich sehr betroffen gemacht“, betont Franziskus, „auch dies war die vergiftete Frucht des Krieges.“

Vernunft den Vorrang geben, nicht dem Konflikt

In all dem Hass sah der Papst jedoch auch ein Licht der Hoffnung bei seinem Treffen mit Großajatollah Ali al-Sistani am 6. März vor drei Jahren in Nadschaf: ein Treffen, das „der Heilige Stuhl seit Jahrzehnten vorbereitet hatte“ und das in einer brüderlichen Atmosphäre im Haus von al-Sistani stattfand: „Eine Geste, die im Osten noch beredter ist als Erklärungen, als Dokumente, denn sie bedeutet Freundschaft, Zugehörigkeit zur selben Familie“, erläutert er. „Das hat meiner Seele gut getan und ich habe mich geehrt gefühlt.“ In Bezug auf den Ayatollah erinnert der Papst insbesondere an „die gemeinsame Ermahnung an die Großmächte, auf die Sprache der Kriege zu verzichten und der Vernunft und der Weisheit den Vorrang zu geben“. Und an einen Satz, den er „wie ein kostbares Geschenk bei sich trug: ‚Die Menschen sind entweder Brüder durch die Religion oder gleich durch die Schöpfung‘.“

Neben dem Buch wird das Leben von Papst Franziskus auch in einem Film auf der Grundlage von „Leben. Meine Geschichte in der Geschichte“ dargestellt. Dabei handelt es sich um eine Autobiographie, die auf Gesprächen mit Fabio Marchese Ragona basiert und die im vergangenen März vom Verlag HaperCollins veröffentlicht wurde.

(vatican news - cs)

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17. Dezember 2024, 13:17