Papst Franziskus: Für eine demütige Theologie
Stefan von Kempis - Vatikanstadt
„Lassen Sie mich zunächst sagen, dass ich an Licht denke, wenn ich an Theologie denke“, so Franziskus. „Durch das Licht treten die Dinge aus der Dunkelheit hervor, Gesichter zeigen ihre Konturen, die Formen und Farben der Welt erscheinen endlich. Licht ist schön, weil es die Dinge zum Vorschein bringt, ohne sich selbst zur Schau zu stellen… So ist es auch mit der Theologie: Sie wirkt im Verborgenen und in Demut, damit das Licht Christi und seines Evangeliums zum Vorschein kommt.“
Denn nicht der Theologe, die Theologin selbst ist das Licht für die Mitmenschen, sondern Christus: „Suchen Sie die Gnade und bleiben Sie in der Gnade der Freundschaft mit Christus, dem wahren Licht, das in diese Welt gekommen ist. Alle Theologie entsteht aus der Freundschaft mit Christus und der Liebe zu seinen Brüdern, seinen Schwestern, seiner Welt; dieser Welt, die dramatisch und großartig zugleich ist, voller Schmerz, aber auch von bewegender Schönheit.“
„Es gibt Dinge, die nur Frauen verstehen...“
Ausdrücklich würdigte der Papst das Engagement von Frauen im Bereich der Theologie. Dazu nahm er ein wenig Anlauf; er erinnerte an die Auffindung eines Gesetzesbuches in Jerusalem, die das zweite Buch der Könige im Alten Testament schildert. König Joschija schickt nach dieser Darstellung eine kleine Delegation mit dem Buch zur Prophetin Hulda, um von ihr Aufschluss über den Fund zu erhalten (vgl. 2 Kön 22). „Es gibt Dinge, die nur Frauen verstehen, und die Theologie braucht ihren Beitrag! Eine rein männliche Theologie ist eine halbherzige Theologie. Hier ist noch ein langer Weg zu gehen!“
Der Papst skizzierte noch einige weitere Wünsche an die Theologie: Sie solle zu einem neuen Denken beitragen, sagte er, solle nicht nur Rationalität walten lassen, sondern auch Gefühlen und Kreativität Raum geben. Dazu müsse sie Vereinfachungen vermeiden.
Gegen Vereinfachungen...
„In der Tat ist die Wirklichkeit komplex, die Herausforderungen sind vielfältig, die Geschichte ist von Schönheit gezeichnet und gleichzeitig vom Bösen verwundet, und wenn man mit der Dramatik dieser Komplexität nicht umgehen kann oder will, dann neigt man leicht zur Vereinfachung. Die Vereinfachung aber will die Wirklichkeit verstümmeln, gebiert sterile und einseitige Gedanken, erzeugt Polarisierungen und Fragmentierungen. Das tun zum Beispiel Ideologien: Sie verflachen alles zu einer einzigen Idee, die sie dann zwanghaft und instrumentell wiederholen.“
Ein „Gegenmittel zur Vereinfachung“ sind nach Ansicht des Papstes Interdisziplinarität und Transdisziplinarität, also die Zusammenarbeit mit anderen akademischen Fachrichtungen. „Es geht darum, die Form des theologischen Denkens mit derjenigen anderer Wissenschaften zum Gären zu bringen: Philosophie, Literatur, Kunst, Mathematik, Physik, Geschichte, Rechts-, Politik- und Wirtschaftswissenschaften. Das Wissen soll gären…“
... aber für allgemeine Zugänglichkeit
Franziskus brach auch eine Lanze für eine allgemeine, niederschwellige Zugänglichkeit zur Theologie. „Seit einigen Jahren gibt es in vielen Teilen der Welt ein Interesse bei Erwachsenen, ihre Bildung, auch die akademische, wieder aufzunehmen. Männer und Frauen, vor allem mittleren Alters, die vielleicht schon ein Studium abgeschlossen haben, möchten ihren Glauben vertiefen, wollen gedanklich eine Reise machen und schreiben sich oft an einer Universität ein. Dies ist ein wachsendes Phänomen, das das Interesse der Gesellschaft und der Kirche verdient.“
Die Theologie solle zum „Reiseführer“ werden und interessierten Menschen „die Tür öffnen“, bat der Papst. „Sorgen Sie dafür, dass diese Frauen und Männer in der Theologie ein offenes Haus finden, einen Ort, an dem sie sich wieder auf den Weg machen können, wo sie suchen, finden und wieder suchen können. Stellen Sie sich darauf ein!“
(vatican news – sk)
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